Der Bundestag hat offenbar ein Problem mit den Postgeheimnis: Mitarbeiter von Abgeordneten mehrerer Fraktionen haben sich darüber beschwert, dass ihnen die Bundestagsverwaltung noch nicht die Lohnsteuerbescheinigungen für 2017 zugesandt hätte. Bei Nachfragen stellte sich jedoch heraus, dass die Post abgeschickt worden war. Die Unterlagen mit den persönlichen Daten sind bis heute verschwunden. Betroffen sind nach Informationen des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) auf jeden Fall die Fraktionen der Linken, der Grünen und der AfD.
Grüne und Linke bestätigen Verluste
Der ungewöhnliche Vorgang wurde vergangenen Woche hinter verschlossenen Türen im Ältestenrat beraten, bestätigte der 1.Parlamentarische Geschäftsführer der Linke-Fraktion, Jan Korte. „Nach unseren internen Rückmeldungen sind über vierzig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Abgeordnetenbüros der Linken betroffen. Wenn es zutrifft, dass diese Abrechnungen schon rausgegangen sind, und dass auch andere Fraktionen betroffen sind, dürfte kistenweise Post verloren gegangen sein, mit hochsensiblen, persönlichsten Daten“, so Korte. Bei den Grünen wurde ebenfalls auf Nachfrage bestätigt, dass Post an Mitarbeiter vermisst würde. Allerdings können man noch nichts zur Dimension sagen. Das ist auch die Aussage aus der AfD-Fraktion.
Die externe Post des Bundestags wird von einem privaten Dienstleister erledigt, dessen Leistungen sich an einem Rahmenvertrag mit den Beschaffungsamt des Bundesinnenministeriums orientieren. Intern seien schon länger Probleme mit dem Dienstleister bekannt, über den sich angeblich auch schon andere Bundesbehörden beschwert hätten, heißt es in der Bundestagsverwaltung. Die Rede ist von einer erhöhten Zahl unerklärlicher Rückläufer und Briefen, die bis zu 41 Tage unterwegs waren.
Schäuble soll Vorgang aufklären lassen
Korte hat jetzt – intern – in einem Brief Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) darum gebeten, die Vorfälle überprüfen und Qualitätssicherungsmaßnahmen bei der vergabe der Aufträge an externe Postdienstleister aufklären zu lassen. „Die Mitarbeiter müssen wissen, was mit den Abrechnungen geschehen ist.“ Der Linke-Politiker betont jedoch auch den Sicherheitsaspekt für die Abgeordneten selbst. „Der Versand von Bundestagspost betrifft auch die vertrauliche Kommunikation mit ihren Wahlkreisen.“
Von Thoralf Cleven/RND