Schleswig-Holstein: Professor als Anwalt der Tiere

Der Kieler Agrarexperte nimmt ab sofort Hinweise von Bürgern und insbesondere Bauern entgegen – auf Wunsch auch vertraulich. „Der Vertrauensmann soll uns helfen, Missstände früher wahrzunehmen“, sagte Habeck. Bei der Haltung von Nutztieren und in der Fleischproduktion komme es offenbar immer wieder zu gravierenden Regel- und Gesetzesverstößen. Als Beispiel nannte er die inzwischen abgestellten Mängel im Schlachthof Bad Bramstedt. Sie waren nur an Tageslicht gekommen, weil sich ein Insider an das Ministerium gewandt hatte. Mitwissern falle der Weg zu den Behörden oft schwer, sagte Habeck. Sie können sich jetzt an Schallenberger wenden. Der ehrenamtliche Vertrauensmann, der eine Aufwandsentschädigung von 150 Euro im Monat erhält, soll einerseits Ansprechpartner für besorgte Bürger sein, andererseits nach Vorbild des erfolgreichen Anti-Korruptionsbeauftragten mögliche Verstöße gegen Tierschutzrecht prüfen. Bei einem begründeten Verdacht soll Schallenberger die Spitze des Umweltministeriums alarmieren, die dann die Staatsanwaltschaft einschalten kann. „Wir wollen, dass sich beim Tierschutz etwas verbessert“, sagte Schallenberger. Der gelernte Veterinär, der aus dem Allgäu stammt und vor gut 20 Jahren als Professor ans CAU-Institut für Tierzucht und Tierhaltung wechselte, geht davon aus, dass er als Fachmann von der Agrarbranche akzeptiert wird. Ziel sei nicht, Landwirte in die Pfanne zu hauen. „Der Bauer ist nicht der Buhmann, sondern oft unschuldiges Opfer öffentlicher Vorwürfe.“ Einmal in Fahrt, legte Schallenberger kräftig nach und warnte vor einer Verteufelung der Massentierhaltung. „Zwanzig Kühen in einem alten Stall kann es schlechter gehen als 2000 in einer modernen Anlage.“ Entscheidend sei, dass dabei die Tierschutzstandards eingehalten würden. Habeck will die Vorgaben weiter verschärfen, sich bundesweit dafür einsetzen, dass Hühner ihre Schnäbel, Ferkel ihre Schwänze und Rinder ihre Hörner behalten dürfen. Erste Erfolge erwartet der Grüne in zwei bis drei Jahren. Noch länger dürfte ein Systemwechsel in der Landwirtschaft dauern, den Habeck anmahnte. Billige Lebensmittel dürften kein Zeichen von wachsendem Wohlstand mehr sein, forderte Habeck. „Es ist eine ethische Pflicht, Tierschutz und Tierwohl zu stärken.“ Umdenken muss aus Sicht Habecks auch der Bürger. Er habe kein realistisches Bild davon, wie Nutztiere vom Ferkel und Schwein bis zum Kalb oder Rind leben und sterben würden. „Die Öffentlichkeit wird über die real existierenden Haltungsbedingungen getäuscht.“ Als Beispiel nannte er eine alte Broschüre seines Ministeriums, in dem ein Ferkel sich unter einem Apfelbaum im Schlamm suhlt. „So ist es in Wirklichkeit nicht.“ Schallenberger sieht bei den Bürgern eine Mitschuld. „Der Verbraucher möchte eine schöne, heile Welt.“ Er wolle betrogen werden. Der Vertrag des Tierschutzbeauftragten ist auf ein Jahr befristet, kann im Erfolgsfall aber verlängert werden.

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