Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) teilte in Berlin mit, dass Maaßen unter anderem für die Bereiche Bundespolizei, Cybersicherheit und öffentliche Sicherheit zuständig sein werde. Die Fachaufsicht über das Bundesamt für Verfassungsschutz soll er der Absprache mit der SPD gemäß nicht innehaben.
Der Bereich muss dadurch anders organisiert werden. Seehofer zufolge soll das in Absprache mit den Staatssekretären geschehen. Über die Nachfolge an der Spitze des Verfassungsschutzes ist indes noch nicht entschieden. Seehofer sagte, er habe noch keinen Namen im Kopf und wolle aufgrund der Bedeutung der Behörde die Entscheidung nicht „überhastet“ treffen. Solange ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin nicht benannt ist, solle Maaßen weiter Verfassungsschutzchef bleiben, erklärte Seehofer.
Einer der derzeit acht Staatssekretäre im Bundesinnenministerium soll mit dem Wechsel Maaßens ausscheiden. Gunther Adler, der für den Bereich Bauen zuständig ist, werde in den einstweiligen Ruhestand versetzt, sagte Seehofer. Der Bereich soll von Staatssekretär Hans-Georg Engelke mit übernommen werden.
Seehofer „gefährdet die politische Kultur in diesem Land“
Der niedersächsische SPD-Innenminister Boris Pistorius kritisierte die Entscheidung Adler in den vorzeitigen Ruhestand zu schicken, massiv. „Das ist eine Provokation ersten Ranges. Mir reicht’s langsam“, sagte Pistorius der Düsseldorfer “Rheinische Post“. „Herr Adler ist ein renommierter und angesehener Beamter und soll nun offenbar das Opfer für Herrn Maaßen sein. Das sollte die SPD-Spitze verhindern.“ Er frage sich, welches staatspolitisches Verständnis Herr Seehofer noch habe, sagte der SPD-Politiker. „Er gefährdet die politische Kultur in diesem Land. Das ist unerträglich.“
„Entscheidungen sind an Zynismus und Dilettantismus nicht zu überbieten“
Die Grünen reagierten verbittert auf die Personalentscheidungen rund um die Ablösung von Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen. „Die Entscheidungen der Bundesregierung in der Causa Maaßen sind an Zynismus und Dilettantismus nicht zu überbieten“, sagte die Sprecherin für Innenpolitik, Irene Mihalic, der Deutschen Presse-Agentur.
„Der moralisch und an seinen Aufgaben gescheiterte Behördenleiter fällt zur Belohnung nach oben, völlig unbeteiligte Personen wie Staatssekretär Adler müssen gehen und die Stelle des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz bleibt vakant“, beklagte Mihalic. „Der Innenminister betreibt die Postenverteilung wie ein Glückspieler. Diese Amtsführung ist eines Verfassungsministers unwürdig“, erklärte Mihalic.
Lindner: „Das ist ein zu hoher Preis für Koalitionsfrieden“
Auch FDP-Chef Christian Lindner kritisierte den Wechsel des bisherigen Verfassungsschutzpräsidenten als „Scheinlösung“. Die Konsequenz sei „reales Chaos“ im Innen- und Bauministerium, erklärte Lindner am Mittwoch über Twitter. „Bei der öffentlichen Sicherheit gehen die Zuständigkeiten durcheinander, der Staatssekretär für Bauen muss gehen. Das ist ein zu hoher Preis für Koalitionsfrieden.“ Die Personalie hatte die große Koalition an den Rand des Scheiterns gebracht.
Der FDP-Innenpolitiker Benjamin Strasser erklärte, es werde immer abstruser. „Weil man Herrn Maaßen bei der Führung einer Sicherheitsbehörde nicht mehr traut, bekommt er nun im Bundesinnenministerium die Zuständigkeit für die gesamte Sicherheit“, teilte er mit. „Man nimmt ihm aber vorsichtshalber die Fachaufsicht für den Verfassungsschutz. Ein solches Kompetenzwirrwarr versteht kein Mensch. Diese Bundesregierung aus CDU, SPD und CSU taumelt von einer in die andere Krise. Sie ist mittlerweile ein Sicherheitsrisiko für unser Land.“
Lesen Sie hier den Liveblog zu den Entwicklungen in der Causa Maaßen
Die Spitzen der großen Koalition hatten sich am Dienstag nach langem Ringen auf eine Versetzung Maaßens geeinigt. Er soll von der Spitze des Bundesamts für Verfassungsschutz als Staatssekretär ins Bundesinnenministerium wechseln. Dies bedeutet eine Beförderung, nachdem Maaßen wegen seiner Äußerungen in der „Bild“-Zeitung schwere Fehler vorgeworfen wurden.
Maaßen hatte die Authentizität eines Videos der Ereignisse in Chemnitz angezweifelt, von „gezielten Falschinformationen“ gesprochen und damit eine Debatte um die Deutung der Demonstrationen in Chemnitz ausgelöst, bei denen es rechtsextreme Ausschreitungen gab, der Hitlergruß gezeigt und ein jüdisches Restaurant angegriffen wurde. Seine Beförderung stößt bei großen Teilen der im Bundestag vertretenen Parteien auf Empörung. Die FDP hat nach Angaben des Parlaments für die kommende Woche eine Aktuelle Stunde zu der umstrittenen Entscheidung beantragt.
Überblick: So reagiert die Politik auf die Entscheidung im Fall Maaßen
Überblick: Das sagt die internationale Presse zum Fall Maaßen
Kommentar: Die Maaßen Entscheidung – so durchschaubar wie dürftig
Bericht: Aufstieg statt Abstieg – Maaßen wird Staatssekretär im Innenministerium
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Chronologie: Die gefallenen Chefs des Verfassungsschutzes
Feature: Steinmeiers bemerkenswerte Aussage zum Fall Maaßen
Kommentar: Hans-Georg Maaßen ist kein Opfer
Von RND/epd/ngo