Verbraucher fühlen sich bei Vertragsabschlüssen und Anbieterwechseln immer häufiger verunsichert und über den Tisch gezogen. Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein hat im vergangenen Jahr 90700 Kontakte zu Menschen gezählt, die Hilfe suchten, berichtete gestern Vorstand Stefan Bock. Insgesamt 24200 Beratungen nahmen die Experten vor, davon knapp die Hälfte in den Stellen in Kiel, Lübeck, Norderstedt, Heide und Flensburg.
Ungewollte Telefonwerbung und damit verbundene fragwürdig abgeschlossene Verträge sind demnach ein großes Problem. Die Bundesnetzagentur verzeichnete einen deutlichen Anstieg an Beschwerden: Im Jahr 2017 beklagten sich dort 57426 Personen über unerlaubte Werbeanrufe, im Vorjahr waren es fast halb so viele gewesen. Laut Umfrage der Marktwächter Digitale Welt hat bereits jeder Vierte unbewusst einen Vertrag abgeschlossen. Die Verbraucherzentrale fordert, dass telefonisch geschlossene Verträge schriftlich bestätigt werden müssen.
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Nicht überraschend: Über 80 Prozent empfinden solche Anrufe ebenso wie Haustürgeschäfte als belästigend. Die Befragung ergab, dass insbesondere Telekommunikationsunternehmen unaufgefordert Verbraucher kontaktieren. Hier gebe es einen „hohen Vertriebsdruck“, so Marktwächter-Teamleiter Tom Janeck. Dahinter liegen Glücks- und Gewinnspielfirmen sowie Energieversorger.
Energieanbieter werben mit günstigen Preisen
Der schnelle, unbürokratische Vertragswechsel führe im Energiebereich dazu, dass vielen Kunden neue Verträge untergeschoben würden, sagt Julia Buchweitz. Am Telefon werde mit günstigen Preisen geworben. „Verbraucher sagen dann oft, dass sie Interesse an Informationen hätten.
Plötzlich haben sie stattdessen später ein Willkommensschreiben von einem neuen Anbieter in der Post“, so die Expertin. Grundsätzlich sei ein Anbieterwechsel zwar sinnvoll – zum Beispiel nach Preiserhöhungen – dabei sei aber beim Vergleich zu beachten, dass Preise oft durch einen Bonus kleingerechnet würden. Dieser werde allerdings oft erst auf konkrete Nachfrage gewährt oder die Anbieter versuchten die Zahlung mit Tricks zu umgehen.
Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein finanziell gut aufgestellt
Nachdem die Verbraucherzentrale vor einigen Jahren über mangelnde finanzielle Mittel geklagt hatte, sei sie nun „finanziell ganz gut aufgestellt“, so Bock. 2018 erhielt sie von der Landesregierung einen Zuschuss von rund einer Million Euro. Hinzu kamen Einnahmen aus dem Beratungsgeschäft. Beim Jahresumsatz sprach Bock von 3,5 Millionen Euro.
In diesem Jahr beträgt die Förderung vom Land nun 1,2 Millionen Euro. „Mit der Aufstockung leistet das Land seinen Beitrag, um die Arbeit der Verbraucherzentrale und damit die Beratungsangebote auch in Zukunft abzusichern“, sagte gestern Verbraucherschutzministerin Sabine Sütterlin-Waack.