Astrazeneca nur noch ab 60: Entscheidung löst Run auf Impftermine aus

Ein 61-jähriger Kieler versuchte es ebenso wie eine 63-jährige Frau aus Eckernförde und viele andere: Sie wollten sich im Anmeldeportal Impftermine mit dem Vakzin von Astrazeneca sichern. Das war aber noch nicht möglich. Denn die Ü60-Jährigen sind dort gar nicht als Impfberechtigt gelistet. Der Grund: Allein das Alter reicht zurzeit nicht für eine Impfberechtigung aus. Nur wenn ein bestimmter Beruf oder eine spezielle Vorerkrankung hinzukommt, gibt es für Personen von 60 bis 69 Jahren aktuell überhaupt eine Impfberechtigung. Allen anderen verweigert das Onlineportal die Terminvergabe. Zudem ist auch noch nicht klar, ob der Impfstoff von Astrazeneca künftig überhaupt noch in den Impfzentren oder in den Hausarztpraxen verimpft wird. Astrazeneca nennt Impfstoff um: Vaxzevria: Deshalb konnten auch die Hausärzte gestern noch keine Impftermine für diesen Impfstoff vergeben. Währenddessen hat Astrazeneca mal eben seinen Impfstoff umbenannt – in Vaxzevria. Zwar starten die Hausärzte nach Ostern mit den Covid-19-Impfungen. Genutzt wird in den ersten zwei Wochen aber ausschließlich der Impfstoff von Biontech für bestimmte Impfberechtigte. Dafür konnten jede Praxis bei den Apothekern zwischen 18 und 50 Impfdosen pro Woche ordern. „Ob wir die aber auch erhalten, wissen wir noch nicht“, erklärte der Hausarzt aus Leck am Mittwochmittag. Vorerst nur Biontech in Hausarztpraxen: Dabei drängt die Zeit. Ostern steht vor der Tür und vorher müssen die Praxen die Patienten verständigen, ob und wann genau sie geimpft werden können. Allein für die kommende Woche würde das bedeuten: Am Mittwoch kommt der Impfstoff von Biontech und muss dann in zwei Tagen verimpft werden.Bis zu nächsten Woche würde sich das aufgetaute Vakzin nicht halten. Impfungen mit Astrazeneca in Schleswig-Holstein nur noch ab 60 Jahre Osterappell von Daniel Günther: Bitte treffen Sie sich draußen Viel Frust über die Impftermine und den Zufallsgenerator Aktuelle Zahlen und Grafiken: So entwickelt sich das Coronavirus Corona-Liveblog: So ist die aktuelle Lage in Schleswig-Holstein Weitere Informationen zum Coronavirus erhalten Sie auf unserer Themenseite. Mit dem Impfstoff sollen zuerst die immobilen Patienten Zuhause versorgt werden. „Das betrifft aber überraschend wenige Patienten“, sagt Maurer. „Wir haben die Patienten abtelefoniert und nur noch 10,15 ohne Impfung gefunden. Alle anderen hatten es doch irgendwie ins Impfzentrum geschafft.“ Also werden seine Kollegen und er in den nächsten zwei Wochen vor allem Menschen mit schweren oder chronischen Krankheiten impfen. Verunsicherung bei Astrazeneca: „Wenn wir danach Vaxzevria bekommen, ändert sich alles“, ist sich Maurer sicher. „Bei dem Biotech-Impfstoff werden viele Patienten den Arm hinhalten und sagen: Rein damit Herr Doktor‘. Aber bei dem Impfstoff von Astrazeneca erwarte ich viele Nachfragen und ausgiebige Diskussionen.“ Lesen Sie auch: Tödliche Thrombosen nach Impfung mit Astrazeneca auch in Deutschland Das sieht auch Stephan Miklik, Facharzt für Allgemeinmedizin in Kiel, so. „Der Diskussionsbedarf bei dem Impfstoff von Astrazeneca wird groß sein. Die Verunsicherung ist durch die jüngste Entwicklung ja nicht kleiner geworden.“ Risikobewertung bei Ärzten: Thomas Maurer sieht aber nicht nur einen deutlich höheren Zeitaufwand durch den Informationsbedarf der Patienten. „Der Bundesgesundheitsminister hat uns Hausärzten so ganz nebenbei auch die individuelle Risikobewertung zugeschoben.“ Dabei stört ihn vor allem der Zeitpunkt. „Natürlich kann der Hausarzt besser als die Ärzte im Impfzentrum beurteilen, ob sein Patient für einen Impfstoff geeignet ist. Aber die Wichtigkeit der ärztlichen Beratung sollte bitte nicht erst anerkannt werden, wenn Astrazeneca in den Brunnen gefallen ist.“ Mehr Entscheidungsfreiheit notwendig: Ohnehin sei der Priorisierungsaufwand enorm. Maurer fordert deshalb mehr Freiräume innerhalb der Priorisierungsgruppen ein. „Ich kann nicht noch jedes Mal begründen, warum ich einen Diabetiker vor dem Asthmatiker und den Rheumatiker erst nach dem Coronakranken impfe.“ Jetzt sei nicht die Zeit für ausführlichen Schriftverkehr, es gehe darum, die Schleswig-Holsteiner schnell geschützt zu bekommen. Eine Ärztin aus dem Raum Neumünster sieht noch ein weiteres Problem: „Wenn ich entscheiden soll, welcher Impfstoff am besten für meinen Patienten ist, muss ich auch Zugang zu den verschiedenen Impfstoffen haben. Das ist aber überhaupt nicht in Sicht.“ Die Folge sei, dass sie den ein oder anderen Patienten auf unbekannte Zeit vertrösten werden müsse. „Das kostet Zeit und wird den Frust der Bürger weiter steigern.“