Azubis nehmen auf der Kinderstation des UKSH das Zepter in die Hand

Sie versorgen die jungen Patienten, arbeiten im Drei-Schicht-Betrieb, schreiben Dienstpläne und begleiten Visiten. Doch keine Sorge. Jeder Schritt wird genauestens von den Profis überwacht. Bisher läuft alles bestens. Viel Lob für den Nachwuchs: „Sie machen das großartig“, sagt Julia Klüssendorf. Die Kinderkrankenschwester arbeitet seit dem Jahr 2000 am UKSH, jetzt auf der Allgemeinpädriatrischen Station C.214. In diesen zwei Wochen trägt sie ein jeansblaues T-Shirt mit dem Aufdruck „Schattenprofi“. Sie und ihre Kollegen begleiten in einer Eins-zu-Eins-Betreuung jeden Schritt des Nachwuchses. 19 Zimmer und 28 Betten hat die Abteilung. Derzeit sind 18 Betten belegt. Manche Patienten haben ein Bein gebrochen, einen Blinddarmdurchbruch, leiden unter Diabetes oder Epilepsie. Alte Strukturen brechen auf: Kein Patient ist gleich, jeder Tag ist anders, täglich gibt es neue Herausforderungen. Doch das scheint für die Projektteilnehmer bisher kein Problem zu sein. Julia Klüssendorf auf jeden Fall ist absolut angetan. „Es ist sehr erfrischend“, sagt die 46-Jährige. Vieles werde neu hinterfragt. Alte Strukturen würden aufgebrochen. Trotz der oft langen Berufserfahrung würden sie und ihre Kollegen immer wieder Neues von den Auszubildenden lernen. Sei es auch nur, wie schnell Informationen in der Gruppe fließen. Whatsapp sei Dank. Kein Chaos dank guter Vorplanung: Dass es bisher kein Chaos gibt, liegt auch an der guten Vorbereitung. „Wir haben unsere Rollen im Vorfeld schon geklärt“, sagen die beiden Pflegeschülerinnen Constanze Ernd (25) und May Böge (22). So gibt es eine Teamleitung, eine Stationsleitung, jemanden, der für die Dienstpläne zuständig ist, eine Hygienebeauftragte und sogar eine Medienbeauftragte. Diese Rolle hat May Böge übernommen, die Flyer und Plakate für die Eltern der Patienten und die Presse erstellt hat. Zur Vorbereitung gab es im Vorweg zudem noch an vier Tagen Workshops. "Die Angst ist schnell verflogen": Wo bisher Schwierigkeiten lagen? „Auf einer Station gibt es viel zu bedenken“, sagt May Böge. „Da muss man gut strukturiert sein und einen guten Plan haben.“ Teamkollege Jonas Werth (22) findet es herausfordernd, eine professionelle Distanz zu wahren. Auch sei der Umgang mit Kindern für den fast zwei Meter großen jungen Mann, der später in der Intensivmedizin arbeiten möchte, anfangs ungewöhnlich gewesen. „Aber die Angst ist schnell verflogen“, sagt er. „Wenn man sieht, wie die Kinder die Krankheiten überwinden und so schnell wieder fit werden, ist das ein wunderbares Gefühl.“ Für Aufheiterungen seien übrigens alle Patienten dankbar. Witze reißen oder Grimassen schneiden kämen immer gut an. Constanze Ernd fügt grinsend hinzu: „Jedes Kind ist eben für Quatsch empfänglich.“ Und May Böge sagt: „Das Lächeln der Kinder gibt einem so viel. Es ist ein sehr erfüllender Beruf.“ „Ich bin viel selbstständiger geworden“: Die bisherige Zeit hat auf jeden Fall dafür gesorgt, dass die Gruppe als Team zusammengewachsen ist. 360 Pflegeschüler gibt es derzeit am UKSH in Kiel. Der aktuelle Kurs, der die Stationsleitung übernommen hat, besteht aus 15 Krankenpflegern und fünf Kinderkrankenpflegern im dritten Ausbildungsjahr. Alle sehen das Projekt als „große Chance“. „Ich bin viel selbstständiger geworden“, sagt Azubi Jonas Werth. „Zudem weiß ich jetzt, wie viel ich in den vergangenen zwei Jahren meiner Ausbildung bereits gelernt habe.“ Das Projekt bringt alle nach vorn: Rundum zufrieden ist auch Andreas Schimanski, der stellvertretende Leiter der Pflegeschulen am Campus Kiel: „Das Projekt zeigt, wie man eine Ausbildung modern und interessant gestalten und die Schüler gut auf das Berufsbild vorbereiten kann“, erklärt der 59-Jährige. Seit drei Jahren gehöre das Format „Lernende leiten eine Station“ fest zum Ausbildungsinhalt. Aber auch in den Jahren davor gab es das schon. „Da hing es aber eher vom Engagement des jeweiligen Kursleiters ab“, sagt Schimanski. Einmal, so erzählt er, habe sich ein Patient furchtbar über das Projekt beschwert. Er habe wohl Angst gehabt, dass Auszubildende noch keine Station leiten könnten. „Später hat er uns dann ein langes Entschuldigungsschreiben geschickt. Er sei noch nie so liebevoll und umfassend betreut worden.“ Rückenwind durch positives Feedback : Die aktuellen Feedback-Bögen, die von den Eltern der jungen Patienten ausgefüllt werden, sprechen eine ähnliche Sprache. „Alle sind voll des Lobes“, freuen sich Constanze Ernd, May Böge und Jonas Werth. Bei so viel positiven Rückmeldungen bringt es vermutlich noch mehr Spaß, frischen Wind in die Kinderstation zu bringen. Weitere Nachrichten aus Schleswig-Holstein lesen Sie hier