Die 65-Jährige engagiert sich seit Jahren in der Kommunalpolitik, hält Vorträge bei Seniorenveranstaltungen und sammelt Kleidung, Spielsachen oder Lebensmittel für Hilfstransporte, etwa für Kinder in Rumänien, Ukraine oder Weißrussland.
Und sie hilft Flüchtlingen – als es am 11. Oktober 2014 fast zur Katastrophe kommt: Unbekannte werfen zwei brennende Molotowcocktails gegen die Fassade der Flüchtlingsunterkunft in Groß Lüsewitz, einem etwa drei Kilometer von Kirchhainers Wohnort Sanitz entfernten Dorf im Landkreis Rostock.
Ein feiger Anschlag – „ein Anschlag auf das Leben der Flüchtlinge“, sagt Barbara Kirchhainer. Als einer der Bewohner sie unmittelbar nach dem Angriff anruft, fährt sie los und trifft noch vor der Polizei am Haus ein, um die aufgebrachten Menschen zu beruhigen. Die Brandsätze haben ein Fenster nur knapp verfehlt, die Flammen dunkle Flecken hinterlassen.
Und Angst. Der oder die Täter sind bis heute nicht gefasst.
Begonnen hatte ihr Engagement für die Flüchtlinge etwa ein Jahr zuvor. Groß Lüsewitz sollte damals die Asylbewerber aufnehmen. Bei einer Einwohnerversammlung sagte Barbara Kirchhainer: Man solle doch die Menschen willkommen heißen – Menschen, die ihre Heimat in Not verlassen und mit ihren Kindern in eine ungewisse Zukunft fliehen mussten.
Da rief jemand: „Die kannst du alle mit zu dir nachhause nehmen!“
Barbara Kirchhainer ließ sich nicht beirren. Nein. Die schroffe Abfuhr spornte sie an. Auf Versammlungen in der Region versucht sie seither, den Menschen die Ängste vor dem vermeintlich Fremden zu nehmen und wirbt um Verständnis für Flüchtlinge: „Erinnert ihr euch an 1945?“, fragt sie dann in die Runde. „Erinnert ihr euch daran, wie ihr selbst fliehen, eure Heimat verlassen musstet?“ Viele ältere Menschen nicken.
Inzwischen hat sich ein Netzwerk gebildet: Kirchenmitglieder und andere Ehrenamtler sammeln Spenden, etwa Handtücher oder Bettwäsche. Oder Schulsachen für die Kinder. Aber das Materielle ist nur das eine. „Ohne die deutsche Sprache kommt ihr nicht weit“, erklärt die Mecklenburgerin den Flüchtlingen aus Armenien, Eritrea, Afghanistan, Albanien oder Tschetschenien. Neun Familien leben in der Groß Lüsewitzer Unterkunft. Zweimal pro Woche bringen ihnen Barbara Kirchhainer und ihr Mitstreiter Gerd Gurol Deutsch bei. Es sind Rechtsanwälte und Krankenpflegerinnen, Christen und Muslime, die bei ihr das ABC lernen, Landkarten zu lesen, oder wie man im Supermarkt einkauft.
Mit den Sanitzer Schulen gibt es die Absprache, dass die Kinder bereits zwei Wochen nach ihrer Ankunft die Schulbank drücken dürfen. Die Kleinen lernen wahnsinnig schnell, sagt die studierte Hochschullehrerin. Und: „Die Menschen können wunderbar integriert werden – wenn wir sie lassen.“ Von Axel Meyer
Hören Sie hier den NDR-Info-Beitrag zu Barbara Kirchhainer von Jürgen Opel, NDR Rostock: