Bauschutt aus AKW Brunsbüttel kommt nach Lübeck und Ostholstein

Die Landesregierung will AKW-Bauschutt aus dem Rückbau des Atomkraftwerks Brunsbüttel in Deponien in Lübeck-Niemark und Johannistal in Gremersdorf (Kreis Ostholstein) lagern. Das hat Umweltminister Albrecht in Kiel mitgeteilt. Sein Haus habe eine entsprechende Entscheidung getroffen, informierte Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) und bestätigte damit nachträglich einen Bericht der Kieler Nachrichten von September 2020. Die Standorte Harrislee und Großenaspe sind vorerst ebenso aus dem Rennen wie die Deponie Wiershop bei Geesthacht. Dort hatten sich die Akteure allerdings auch mit den Anwohnern bereits darauf verständigt, Abfälle aus dem nahegelegenen Kernkraftwerk Krümmel zu nehmen. Eine solche Einigung gab es bei den nunmehr gewählten zwei Standorten nicht. Geplant ist stattdessen eine ministerielle Anordnung. AKW-Schutt: EU-Recht verpflichtet Schleswig-Holstein, Bauabfälle zu deponieren: „Ich bedauere, dass es bislang nicht überall gelungen ist, eine freiwillige Lösung zu finden“, sagte Albrecht. Die Deponierung im eigenen Land sei aber keine bloße Option, die dem Ministerium freigestellt wäre. Nicht zuletzt aufgrund des EU-Rechts sei das Land Schleswig-Holstein verpflichtet, herkömmliche Bauabfälle aus Atomkraftwerken im Zuge ihres Rückbaus zu deponieren. „Als Land haben wir konstruktiv daran mitgewirkt, Lösungen zwischen den Kraftwerksbetreibern und der Entsorgungswirtschaft zu finden. Wenn es zwischen beiden Seiten zu keinen freiwilligen Vereinbarungen kommt, müssen wir das rechtliche Instrument von Zuweisungen nutzen.“ Insgesamt werde die Menge des strahlungsfreien AKW-Mülls aus Schleswig-Holsteins ehemals drei AKW Krümmel, Brokdorf und Brunsbüttel auf 50000 Tonnen geschätzt. An den beiden genannten Standorten in Lübeck und Ostholstein sollen vom AKW Brunsbüttel zunächst überwiegend Isolierwolle und asbesthaltige Abfälle abgelagert werden, wie sie auch bei Baumaßnahmen an anderen Industrieanlagen anfallen: Bis Ende 2022 seien es bis zu 18000 Tonnen. „Für die Deponien gehört der Umgang mit solchen Abfällen zum Tagesgeschäft“, sagte Albrecht und betonte, dass der Müll bis zu viermal auf Radioaktivität geprüft werde, bevor er das AKW-Gelände verlassen dürfe. Die Reststrahlung betrage maximal zehn Mikrosievert. „Um es polemisch zu sagen: Würden wir Trinkwasser statt dieser Abfälle hingießen, könnte dort am Ende mehr Strahlung entstehen als bei diesen Abfällen.“ Er bitte alle Bürger, „diese Tatsache zu akzeptieren“. AKW-Schutt in Deponien: Werden keine Rechtsmittel eingelegt, startet der erste Transport im April: Die Deponiebetreiber hätten jetzt vier Wochen Zeit für Stellungnahmen. Nach Einschätzung des Ministers ist es „nicht ganz unwahrscheinlich“, dass die Verantwortlichen vor Ort Rechtsmittel einlegen. Sollte das nicht der Fall sein, könnten bereits im April erste Transporte zu beiden Deponien starten. Die Stadt Lübeck reagierte überrascht. Die Bürgerschaft hatte im November 2020 beschlossen, das Material nicht aufzunehmen und eine Bürgerbefragung auf den Weg zu bringen. Umweltsenator Ludger Hinsen (CDU) bestätigte, dass dem Rathaus der Entwurf eines Zuweisungsbescheids vorliege. „Den werden wir jetzt mithilfe einer externen Rechtsanwaltskanzlei überprüfen und dazu kritisch Stellung nehmen.“ Dabei werde der Bürgerschaftsbeschluss maßgeblich sein. Unmut löste die Zuweisung auch in Gremersdorf aus. „Wir sind über die Zuweisung des Schutts nicht glücklich“, sagte Bürgermeister Henning Pries (CDU). Auch wenn vom Material keine Gesundheitsgefahr ausgehe, sorge er sich um den möglichen Schaden durch irrationale Ängste. Harrislee atmet auf: Kein Deponie-Schutt landet dort: In Harrislee atmete man dagegen auf. Die Bürger und dänischen Nachbarn seien „viel zu wenig ins laufende Verfahren eingebunden“ gewesen, monierte die CDU-Bundestagsabgeordnete Petra Nicolaisen aus Schleswig-Flensburg. Christian Dirschauer, SSW-Landtagsabgeordneter, warnte allerdings: „Die Diskussion ist noch nicht vom Tisch. Das ist ein Etappensieg, aber kein Ruhekissen.“ Für die Phase ab 2023, die gegebenenfalls auch den Abbau des AKW Brokdorf umfasst, hat das Umweltministerium erneut eine Prüfung angekündigt, welche geeigneten Deponien dann zur Verfügung stehen.