Jedes Jahr geben die Deutschen fünf bis zehn Prozent mehr Geld für biologisch produzierte Lebensmittel aus. Doch nicht jedes Produkt, auf dem Bio steht, erfüllt auch die hohen gesetzlichen Anforderungen. Verbrauchertäuschung mit dem Bio-Label „ist durchaus ein Problem“, sagt Bernhard Wax, zuständig für Biokontrollen im Verbraucherschutzministerium in Kiel. Zehn bis 15 Betriebe zeige das Ministerium pro Jahr wegen Verbrauchertäuschung an. „Aber es gibt eine große Dunkelziffer.“
Ans Licht kämen derzeit nur die Fälle, auf die das Ministerium durch externe Hinweise gestoßen werde, etwa durch Kontrollstellen oder Kunden. Für eigene Prüfungen fehle das Personal, so Wax. Aus Erfahrung wisse er aber, dass ein Check lohnt: „Wer sich die Mühe macht und auf Plausibilität prüft, findet immer Fälle von unerlaubter Bioauslobung. Vor allem im Online-Handel und in der Gastronomie.“
Kontrollen sind in der Verarbeitung und im Handel schwieriger
Auch Prof. Hans-Jürgen Block, Geschäftsführer der einzigen in Schleswig-Holstein zugelassenen Öko-Kontrollstelle kennt das Problem. Sein Unternehmen LC Landwirtschafts-Consulting aus Rendsburg zertifiziert Betriebe für das staatliche Bio-Siegel sowie für Bioland, Naturland und Demeter.
Verbrauchertäuschung sei vor allem im Bereich der Verarbeitung und des Handels ein Thema, „weil die Kontrollen dort schwieriger werden“. Es sei gut möglich, „dass im Lager eines Großhändlers konventionelle Ware zur Bioware wird“ oder „dass der Gastronom den billigen Pangasius einkauft und teuer als Bio-Seezunge verkauft“.
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Heimische Bio-Erzeuger werden gut überwacht
Auch bei importierter Ware könne man sich nicht sicher sein, ob die Standards eingehalten werden. Die heimischen Erzeuger seien hingegen gut überwacht. Bei dem von seinem Unternehmen kontrollierten Bio-Bauern habe es noch keine Betrugsfälle gegeben. „Aber es kommt vor, dass zertifizierte Betriebe nachbessern müssen, weil sie die Richtlinien nicht erfüllen.“
Mehrere Fälle von Bio-Schummel haben vor Monaten die Verbraucherzentralen Hamburg und Brandenburg aufgedeckt. Von 20 Caterern, die Kindertagesstätten angeblich mit Bio-Essen belieferten, warben 13 Anbieter mit falschen Versprechen, sechs waren nicht als Bio-Anbieter zertifiziert.
Die Verbraucherzentrale Brandenburg stellte in einem Check fest, dass von 120 Online-Händlern mit Bio-Ware im Sortiment 41 gegen die Kennzeichnungspflicht verstießen. Bernhard Wax erklärt das so: „Die Zertifizierung ist nicht ganz billig. Durch die Täuschung verschafft sich jemand einen Wettbewerbsvorteil oder erwirtschaftet einen Mehrwert.“ Einige Betriebe wüssten aber auch gar nicht, dass sie gegen geltendes Recht verstoßen.