Warum Außenseiter Norbert Röttgen doch Chancen hat

46 Christdemokraten aus dem nördlichsten Landesverband stimmen am Sonnabend, 16. Januar, über den Bundesvorsitz ab. Der prominenteste ist Ministerpräsident Daniel Günther. Insgesamt treten 1001 Delegierte aus dem Bundesgebiet zum virtuellen Parteitag zusammen. Sie wählen einen Nachfolger von Annegret Kramp-Karrenbauer, und damit möglicherweise den späteren Kanzlerkandidaten der Union. Röttgen, Laschet, Merz - für wen stimmen die CDU-Delegierten aus Schleswig-Holstein? Neben Norbert Röttgen (55) bewerben sich der ehemalige Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz (65) und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (59) um den Vorsitz. Letzterer tritt mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (40) an, der im Fall eines Siegs Co-Vorsitzender werden soll. Unter den Nord-Delegierten hatte das Tandem Laschet und Spahn bislang die Nase vorn. Doch das Blatt könnte sich wenden. Wer in den Landesverband hineinhört, kann eine Tendenz dazu erkennen, dass Norbert Röttgen an Zustimmung gewinnt. Und das selbst bei denen, die bislang einen anderen Favoriten hatten. Der Kieler Landtagsabgeordnete Tobias von der Heide (36) ist so ein Fall. "Im Herbst war ich noch Unterstützer von Armin Laschet", sagte er jetzt. Kieler CDU-Chef Tobias von der Heide gefällt Röttgens modernes Auftreten: Von der Heide sei es wichtig, dass die CDU "den Kurs der Mitte von Angela Merkel fortsetzt", deshalb kommen für ihn nur Laschet und Röttgen infrage, während Merz Wirtschaftsminister sein könnte. Norbert Röttgen habe in den vergangenen Monaten ein gutes Team um sich versammelt, zudem habe er ein modernes Auftreten, findet der Kieler Kreisverbandschef von der Heide. "Er muss sich nicht immer so ernst nehmen." Röttgen habe die Themen Digitalisierung und sozialen Zusammenhalt mehr auf der Agenda als Armin Laschet. Auch bei den Kieler CDU-Mitgliedern sei Röttgen zuletzt gut angekommen. Denn alle drei Kandidaten hatten sich bei dem Kreisverband im Dezember online einer Fragerunde gestellt. Bei einem unverbindlichen Meinungsbild im Anschluss stimmten laut von der Heide die Hälfte der Teilnehmer für Röttgen, 30 Prozent für Merz und 20 Prozent für Laschet. Melanie Bernstein und Johann Wadephul vertrauen auf Röttgen: Es waren zwar insgesamt nur 20 Stimmen, die aber eine klare Tendenz zeigten. Zudem seien einige Wechsler darunter gewesen, die vorher einen anderen Kandidaten favorisierten. Starken Rückhalt hat Röttgen auch unter den Delegierten aus dem Kreis Segeberg. Die Bundestagsabgeordnete Melanie Bernstein aus Wahlstedt etwa hatte vor zwei Jahren noch Jens Spahn und im zweiten Wahlgang Friedrich Merz ihre Stimme gegeben. Nun will sie Röttgen wählen. Das sei aber kein Sinneswandel, betonte sie. "Damals stand er ja nicht zur Wahl." Die 44-Jährige habe bei ihrer Arbeit in der Bundestagsfraktion festgestellt, dass der Kandidat andere Wege gehe, Politik zu vermitteln. So sei er in der Lage, schwindendes Interesse und Vertrauen in der Bevölkerung wieder herzustellen. "Norbert Röttgen kann Partei und Wählerschaft integrieren", stimmte der Molfseer Bundestagsabgeordnete Johann Wadephul (57) zu, der Röttgen schon lange unterstützt. Auch Armin Laschet hat seine Unterstützer in Schleswig-Holstein - oft wegen Jens Spahn: "Er steht für Zukunftsthemen wie Digitalisierung und Klimawandel", so der Kreisverbandschef Rendsburg-Eckernförde. "Für ihn zeigt der Trend klar nach oben, auch in Schleswig-Holstein." Manche seiner Kollegen hätten sich zugunsten Röttgens umentschieden. "Ursprünglich sollte der Parteitag im April stattfinden - damals hätte ich möglicherweise auch Armin Laschet gewählt", so Wadephul. Bei anderen Delegierten fällt Röttgen hingegen durch. Hans-Jörn Arp (68), Mitglied des Landtags aus Wacken, hält keinen der drei Kandidaten für ideal. "Ich habe abgewogen und entscheide mich für Armin Laschet. Der hat Regierungserfahrung und macht das gut mit der FDP in Nordrhein-Westfalen. Außerdem bin ich froh, wenn auf diese Weise Jens Spahn mit dabei ist." Daniel Günther: Laschet und Spahn wissen, wie man Wahlen für die CDU gewinnt: Röttgen sei hingegen wie "ein König ohne Land. Wir brauchen jemanden, der ein wichtiges Amt hat". Zudem sei die Diskussion um Norbert Röttgen falsch, weil Vorsitz und Kanzlerschaft in der Union zusammengehörten. Arp traut dem bisherigen Außenseiter das offenbar nicht zu. Lesen Sie auch: CDU-Vorsitz - Stegner hofft auf Merz Ministerpräsident Daniel Günther (47) ist bei seiner Meinung geblieben, die er bereits seit Monaten vertritt. "Ich unterstütze das Team Laschet/Spahn. Armin Laschet hat als Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen unter Beweis gestellt, dass er erfolgreich regieren kann", so Günther. "Jens Spahn und er wissen zudem, wie man Wahlen für die CDU gewinnt. Die Frage der Kanzlerkandidatur wird zu einem späteren Zeitpunkt entschieden", sagte der Regierungschef. In der jüngsten bundesweiten Umfrage unter CDU-Anhängern holte Norbert Röttgen zuletzt auf und zog mit 25 Prozent Zustimmung mit Armin Laschet gleich. Friedrich Merz lag jedoch weiter vorn (29 Prozent).

CDU wählt Vorsitzenden - Außenseiter Röttgen mit neuen Chancen in SH