Gorch Fock: Vorfreude auf das sanierte Segelschulschiff ist groß

Wie feiert die Besatzung Weihnachten mit dem Schiff? Nils Brandt: Durch Corona haben wir zwei Wachgruppen mit jeweils sechs bis sieben Besatzungsmitgliedern. Eine Gruppe ist immer beim Schiff in Berne, die andere auf unserem Wohnboot „Knurrhahn" in Elsfleth. Der Rest der Besatzung feiert zuhause. Gibt es einen Tannenbaum auf der „Gorch Fock"? Nein, auf der „Gorch Fock“ ist noch kein Tannenbaum. Auf unserem Wohnboot sind aber dafür zwei Tannenbäume. Einer auf dem Oberdeck, der andere unten im Treppenhaus. Etwas Weihnachtsstimmung kommt da schon auf. Ein Ende der Werftzeit ist ja nun in Sicht. Ist da bereits so etwas wie Aufbruchstimmung bei der Besatzung zu spüren? Ja, absolut. Seitdem im Juni die Masten gestellt wurden und das Schiff wieder als „Gorch Fock" erkennbar wurde, ist es eine ganz andere Stimmung in der Besatzung. Und mit der Planung für 2021 ist die Besatzung auch wieder sehr motiviert. Vorige Woche kam auch der Albatros als Galionsfigur an Bord. Das Ende ist jetzt absehbar. Das bedeutet, die Vorfreude bei ihrer Crew ist sehr groß? Die Freude ist riesig. Wir sind in der Werftzeit quasi dreimal dem Untergang sehr nah gewesen. Von da her ist es jetzt natürlich für alle eine Riesenfreude, dass Schiff wieder als das zu erkennen, was es mal war. Masten drauf, Kartenhaus steht, der Rumpf ist weiß, der Wasserpass ist blau, und das Teakdeck ist fertig verlegt. Wir sehen jetzt schon wieder das, was wir von unserer „Gorch Fock" kannten. Wann wird das Schiff die Werft wieder verlassen? Der 31. Mai ist der späteste Termin. Darauf aufbauend habe ich den Plan für 2021 gemacht. Er sieht vor, dass wir am 6. Juni wieder in Kiel einlaufen werden. Danach geht es auch noch nach Neustadt zum Einsatzausbildungszentrum zur Schiffssicherungsausbildung. Diese Abschnitte müssen auch alle durchlaufen werden. Lesen Sie auch: Lürssen kann die Gorch Fock erst im Mai 2021 liefern Wie geht es 2021 weiter? Wir wollen Ende Mai die Werft verlassen und die Einzelausbildung mit der Besatzung und dem Schiff beginnen, zum Schluss folgt die Seeklar-Besichtigung durch den Kommandeur der Marineschule. Und am 19. Juli wollen wir dann die erste Ausbildungsreise von Kiel aus machen. Sie wird durch nordeuropäische Gewässer gehen. Dabei werden dann die Offizieranwärter an Bord sein sein, die erst im Oktober 2020 an der Marineschule Mürwik angefangen haben. Damit wäre die „Gorch Fock" bei der Kieler Woche zu sehen. Wenn es denn eine Kieler Woche im Juni gibt, wollen wir gern wieder teilnehmen. Auch gern als Flaggschiff bei der Windjammerparade. Priorität haben aber die Ausbildung meiner Besatzung und die Vorbereitung auf die Einschiffung der Offizieranwärter. Lesen Sie auch: Marine geht davon aus, dass Gorch Fock "pünktlich" kommt Hat Corona die Arbeiten an der „Gorch Fock" beeinflusst? Die Werft hat ein sehr gutes Hygienekonzept erstellt. Sie ist sofort bei Beginn der Pandemie in einen Zweischichtbetrieb gegangen. Bisher haben wir deshalb keine negativen Auswirkungen der Pandemie im Instandsetzungsverlauf für unser Schiff gehabt. Das ist eine gute Managementleistung, die dort vor Ort von der Werft umgesetzt wurde. Alle Arbeitsbereiche wurden so aufgeteilt, dass da nicht größere Gruppen von Arbeitern in einem Bereich zusammen eingesetzt wurden. Das haben die wirklich sehr gut im Griff. Wie viele Crewmitglieder haben mit Ihnen die Werftzeit von 2015 bis heute gemeinsam durchgemacht? Das sind nur noch wenige. Wenn ich alle zusammenzähle, dann kommen wir so auf etwa 40 Soldaten. Das entspricht etwa einem Viertel der Besatzung. Bei den Offizieren sind nur der Erste Offizier und ich als Alteisen übrig. Die neuen, jungen Segeloffiziere konnten wir auf der „Alexander von der Humboldt II" sehr gut auf die Aufgabe vorbereiten. Wie weit ist die Stammbesatzung mit der Seefahrt im Training geblieben? Sehr gut. Die „Alexander von Humboldt II“ hat sich für diese Aufgabe sehr gut bewährt. Sie hat dafür gesorgt, dass meine Stammbesatzung ihre Erfahrung behält. Das gilt auch für Ausbildung der neuen Soldaten der Stammbesatzung, die bislang noch nicht so viel Segelerfahrung hatten. Es ist sehr gut, was wir dort an Bord machen konnten. Diese Ausbildung der jungen Segeloffiziere spart sehr viel Zeit für die Inbetriebnahme der „Gorch Fock“. Lesen Sie auch: Offiziersausbildung auf der Alexander von Humboldt II beginnt Alexander von Humbolt II zu Besuch in Kiel Im Juni 2014 haben Sie das Schiff übernommen. Werden Sie der Kommandant mit der längsten Dienstzeit in der 62-jährigen Geschichte der „Gorch Fock" sein? In der Geschichte des Schiffes ist bislang Immo von Schnurbein der Kommandant mit der längsten Dienstzeit an Bord. Ich bin jetzt sechs Jahre und fünf Monate Kommandant, deshalb werde ich ihn 2021 überholen. Allerdings hätte diese Zeit viel lieber in Seetagen als in Werfttagen gemessen. In der Nachbetrachtung bin ich aber froh, dass ich meinen Anteil an dem Erhalt und der Weiterentwicklung des Schiffes gehabt habe. Ich bin unverändert davon überzeugt, dass diese Form der Grundausbildung der beste Weg für junge Marinesoldaten ist.