Grippe-Impfung bald in Apotheken: Modellprojekt in Schleswig-Holstein

Bisher ist die Hausarztpraxis der klassische Ort, um sich alle Jahre wieder gegen Grippe impfen zu lassen. In Schleswig-Holstein dürfen künftig auch über 150 Apotheken die Grippeschutzimpfung anbieten. Zur Modellregion gehören die Städte Lübeck, Kiel, Flensburg, Schleswig, Rendsburg, Eckernförde und die Kreise Dithmarschen, Nordfriesland, Schleswig-Flensburg, Rendsburg-Eckernförde, Plön und Ostholstein. Ziel: mehr Impfungen: Ziel des Modellprojekts ist es, die Impfquote zu erhöhen. Nach Angaben der Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut seien nur 35 Prozent der Risikogruppe der über 60-Jährigen gegen Influenza geimpft. Grippeschutzimpfungen auch in Apotheken durchzuführen, macht das Masernschutzgesetz von März 2020 möglich. Damals hat wohl noch niemand daran gedacht, dass sich die Bürger künftig nicht nur regelmäßig gegen Grippe, sondern möglicherweise auch gegen das Coronavirus oder andere Viren impfen lassen sollten. Dennoch ist für einen Apotheker aus Kiel klar: "Die Impfzentren werden keine Dauereinrichtung werden. Wir müssen uns darauf vorbereiten, künftig regelmäßiges Impfen zu organisieren. Da macht es doch Sinn, die Apotheken einzubeziehen." Neues Standbein für Apotheken: Für das Modellprojekt hat sich die AOK Nordwest mit dem pharmazeutischen Großhändler GEHE, einem Tochterunternehmen von Alliance Healthcare Deutschland, zusammengetan. „Damit bieten wir als erste gesetzliche Krankenkasse in Schleswig-Holstein unseren Versicherten eine zusätzliche Möglichkeit, sich gegen die Virusgrippe Influenza impfen zu lassen“, sagt AOK-Vorstandsvorsitzender Tom Ackermann. Der Vorsitzende der GEHE-Geschäftsführung Andreas Thiede sieht darin nicht nur mehr Service, sondern auch eine Stärkung der Apotheken. „Die Impfungen stellen einmal mehr die Bedeutung der Vor-Ort-Apotheke für die Versorgung der Patienten unter Beweis.“ Gegenwind von KVSH: Das Modellvorhaben läuft über einen Zeitraum von drei vollständigen Grippesaisons und wird wissenschaftlich begleitet und ausgewertet. Gegenwind kommt von der Kassenärztlichen Vereinigung. Dort lehnt man eine Grippe-Impfung durch Apotheker ab. "Impfungen sind eine originär ärztliche Aufgabe", sagt die KVSH-Vorstandsvorsitzende Dr. Monika Schliffke. "Dies bestätigt sich auch jetzt wieder bei der Covid-Impfung." Arzt immer in der Nähe: Denn zur Impfung gehöre auch die Impfanamnese sowie der Ausschluss von akuten Erkrankungen und Kontraindikationen. Deshalb sei die Durchführung einer Impfung ausschließlich dann delegierbar, wenn ein Arzt in der Nähe sei. Schwerwiegende Komplikationen wie beispielsweise ein allergischer Schock seien auch bei Grippe-Impfungen nicht ausgeschlossen. Dann sei sofort eine ärztliche Notfallmaßnahme notwendig. All dies setzt eine entsprechende ärztliche Aus- und Weiterbildung voraus. Das hohe Qualitätsniveau bei Impfungen dürfe nicht auf Kosten des Patientenwohls gefährdet werden.