Heiligabend mit Abstand: Macht Corona den Weihnachtsmann arbeitslos?

Agenturen, die sich auf die Vermietung von Weihnachtsmännern spezialisiert haben, verzeichnen empfindliche Buchungsrückgänge. Reihenweise werden Firmenfeiern und Weihnachtsmärkte abgeblasen, Kaufhäuser verzichten auf Back- und Bastelaktionen. Auch viele Familien scheuen in Corona-Zeiten den persönlichen Kontakt mit dem Herren, der schließlich zur Risikogruppe der Senioren gehört – zumindest dem Anschein nach. Wer will schon den Weihnachtsmann anstecken? Weihnachtsmann Claudius aus Kiel will trotzdem kommen: „Der Weihnachtsmann kommt!“ Es klingt fast trotzig, was Claudius sagt. Der freundliche Herr im roten Mantel-Outfit nennt seinen Nachnamen nicht. Das tut der echte Weihnachtmann schließlich auch nicht. Im bürgerlichen Leben ist Claudius Unternehmensberater. Als „lieber guter Weihnachtsmann“ mit entsprechendem Markenauftritt ist er seit über drei Jahrzehnten im Raum Kiel aktiv. Alle Firmenauftritte hat er abgesagt. Zu riskant. Es wird anders - aber genauso stimmungsvoll: Aber nun auch noch die vielen Kinder zu Hause im Stich lassen? Das konnte Claudius nicht übers Herz bringen. Deshalb hat er sich schon im März mit Erziehern und Kinderpsychologinnen aber auch mit Eltern beraten, ob und wie ein Weihnachtsmannbesuch unter Corona-Bedingungen erfolgen kann. Fazit: „Es geht. Anders als üblich, aber genauso stimmungsvoll.“ Geschenkübergabe auf der Terasse: Anders ist vieles. Dem Weihnachtsmann die Hand geben? Ihm etwas vorsingen? Das geht diesmal natürlich gar nicht. Auch die Übergabe der Geschenke in der festlich geschmückten Stube wird in aller Regel den strengen Hygieneanforderungen zum Opfer fallen. Claudius plant die Begegnung mit Eltern und Kindern sozusagen „halb drinnen, halb draußen“, etwa bei offener Terrassentür. Schlechte Karten also für die Bewohner von Etagenwohnungen ohne Balkon. Wichtige Frage: Wird der Weihnachtsmann Maske tragen? Das kommt drauf an. Wer Claudius bucht, wird einen Besucher mit dichtem Bart aber ohne Maske erleben. Für ihn steht fest: „Der Weihnachtsmann ist für die Kinder ein höheres Wesen, also darf er auch keinen Mund-Nase-Schutz tragen.“ Ganz davon abgesehen, dass manche Kinder den rustikalen Herren auch ohne Maske schon furchteinflößend genug finden. Für Claudius steht fest: „Das Thema Corona wird in den diesjährigen Auftritten von mir in keinster Weise erwähnt.“ Kommt der Weihnachtsmaske mit Maske oder ohne? Ganz anders die Sichtweise bei Blank & Biehl aus Hamburg, einer der größten Weihnachtsmann-Vermittlungen bundesweit: „Unsere Weihnachtsmänner kommen mit FFP2-Maske – die ist unter der Bartperücke praktisch unsichtbar“, sagt Geschäftsführer Jan Biehl. Aber sehen Kinderaugen nicht alles? Das räumt auch Biehl ein, doch er wüsste nicht, was so schlimm daran sein sollte, wenn der mystische Besucher Maske trägt: „Corona gehört nun mal zu unserem Leben.“ Der Weihnachtsmann sei doch für Kinder auch ein Vorbild: „Also sollte er auch Maske tragen.“ Lesen Sie auch: Lockdown-Regeln: Geht Schleswig-Holstein eigene Wege? Corona-Liveblog: So ist die aktuelle Lage in Schleswig-Holstein An diesen Schulen und Kitas gibt es Corona-Fälle Aktuelle Statistik: So viele Corona-Infizierte gibt es in Schleswig-Holstein Weitere Informationen zum Coronavirus erhalten Sie auf unserer Themenseite. Weihnachtsfeiern finden kaum statt: Wer trotz Pandemie einen roten Besucher ordern will, hat auf jeden Fall noch gute Chancen – auch bei Blank & Biel (weihnachtsmann-mieten.de). Das Unternehmen kann bundesweit mehr als 50 000 Darsteller aufbieten – vom Klassiker mit Mantel und Rauschebart bis zum Santa Claus in rot-weißem Business-Outfit. „Wir spüren schon, dass die Nachfrage schwach ist“, sagt Biehl. Während das Geschäft mit betrieblichen Weihnachtsfeiern praktisch gelaufen ist, hat der Agentur-Chef für private Feiern durchaus noch Hoffnung: „Da kommen die Bestellungen meist erst Ende November richtig in Fahrt.“ Für sein Unternehmen wäre das auch deshalb wichtig, weil ansonsten die Vermittlungen von Hostessen auf Messen oder Promotion-Teams für den Handel zum Kerngeschäft gehören – beide Bereiche sind derzeit nicht gerade Umsatzbringer. Weihnachtsmann Faatz sagt alle Auftritte ab: Jan-Patrick Faatz (40) aber hat dieses Weihnachtsfest abgehakt – zumindest in seiner Eigenschaft als freiberuflicher Weihnachtsmann. Ihm blute das Herz, sagt der Lehrer aus Schleswig mit Weihnachtsmann-Stammkunden auch in Kiel. „Mir wäre es aber zu riskant, erst in zehn Familien zu sein und anschließend meine Eltern zu besuchen.“