Kiels Speckgürtel boomt

„Zu den Gewinnern der vergangenen Jahre gehören Gemeinden wie Flintbek, Molfsee und Dänischenhagen“, sagt Jörg Bülow, Geschäftsführer des Schleswig-Holsteinischen Gemeindetags. Und auch Altenholz sei „relativ stabil“. Das schlägt sich auch im Bericht zur Bevölkerungsentwicklung in den Umlandgemeinden nieder, den das Statistikamt Nord für das Jahr 2011 vorgelegt hat. In Flintbek standen demzufolge 435 Neubürger 372 Fortzügen gegenüber, in Molfsee gab es 306 Neuzugänge und 255 Fortzüge, Heikendorf freute sich über 502 neue Bürger, 427 zogen weg. Doch was macht eine Gemeinde zum angesagten Wohnort? Um das herauszufinden, hat Flintbek im März 2013 eine Reihe von Workshops gestartet. Unter dem Motto „Flintbek 2030“ sind Bürger eingeladen, gemeinsam ein nachhaltiges Zukunftskonzept zu erarbeiten, das auf die Bedürfnisse der Gemeinde zugeschnitten ist. Ob Kinderbetreuung, Schule, seniorengerechtes Wohnen oder Ausweisung von Wohngebieten: Bürgermeister Olaf Plambeck erhofft sich ein „Wir-Gefühl“, das die Flintbeker fit für die Zukunft macht. „Menschen, die in Flintbek leben und arbeiten, sind die Experten für unsere Gemeinde.“ Und die soll nicht nur für Familien lebenswert sein. Gemeinsam mit dem Amt Molfsee bietet Flintbek einen Lotsendienst an, der auch alten und pflegebedürftigen Menschen mit kostenloser Beratung zur Seite steht. Gerade auf dem Land ist das ein Pfund, mit dem die Gemeinden wuchern können. Denn in Rodenbek, Rumohr oder Schierensee – allesamt Dörfer des Amtes Molfsee – sind bedürftige Menschen schnell abgeschnitten. Natur und dörfliche Strukturen einerseits, eine gute und schnelle Verkehrsanbindung nach Kiel und zur Autobahn andererseits: Das scheint ebenfalls zum Erfolgsrezept der boomenden Gemeinden rund um Kiel zu gehören. Davon zehren auch Kronshagen (887 Neubürger, 861 Fortzüge) und Schwentinental (755 Neubürger, 719 Fortzüge). Im Wettbewerb um Einwohner und Arbeitsplätze wollen sich die Umlandgemeinden und die Landeshauptstadt Kiel jedoch nicht gegenseitig das Wasser abgraben. Auch aus diesem Grund gibt es seit 2012 ein Stadt-Umland-Konzept, das unter dem Motto „Stadt und Land – Hand in Hand“ die gesamte Region stärken soll. Der Rahmenplan Kieler Förde lotet Entwicklungschancen in allen Lebensbereichen von Schwedeneck bis Schönberg aus. Gefördert wird das Projekt vom Ministerium für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr. Generell empfinde man das Umland jedoch nicht als Konkurrenz, heißt es beim Amt für Wohnen und Grundsicherung der Landeshauptstadt Kiel. Wanderten bis Ende der 90er-Jahre noch viele Familien ins Umland ab, wächst die Einwohnerzahl seit der Jahrtausendwende nach Angaben von Amtsleiter Manfred Wagner wieder konstant an. Dieser Einwohnerzuwachs sei sowohl auf Wanderungsgewinne zurückzuführen als auch darauf, dass die Stadt große Baugebiete wie Suchsdorf an der Au und Meimersdorf für den Einfamilienhausbau ausgewiesen habe. Nach der städtischen Wohnungsmarktprognose werde die Bevölkerungszahl bis zum Jahr 2025 auf rund 250000 Einwohner ansteigen. „Ziel ist auch, durch Nachverdichtung im Innenstadtbereich attraktive Angebote für ein urbanes Wohnen vorzuhalten“, sagte Wagner. Aufgrund der Vorteile einer Großstadt gebe es derzeit eher den Trend in die Stadt.

KN/SZ-Serie Wohnen in Schleswig-Holstein - Kiels Speckgürtel boomt