LTW22SH: Günther schlägt Nord-CDU Jamaika vor

Drei Tage nach seinem fulminanten Wahlsieg hat Ministerpräsident Daniel Günther seine Parteifreunde auf eine Fortführung der Jamaika-Koalition eingeschworen. Am Mittwochabend kam in der Kieler Lille-Brauerei ein sogenannter kleiner CDU-Parteitag zusammen. Das Gremium besteht regulär aus 94 Delegierten; eingeladen waren diesmal auch die 34 Direktkandidatinnen und -kandidaten, die im neuen Landtag eine Fraktion bilden. Ab Dienstag verhandelt die CDU mit Grünen und der FDP: Ein erster Zeitplan steht bereits fest: Am kommenden Dienstag will Günther an der Seite von Bildungsministerin Karin Prien, Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack und Fraktionschef Tobias Koch zunächst mit den Grünen und dann mit der FDP die weiteren Möglichkeiten sondieren. Rechnerisch bräuchte die CDU für eine Mehrheit nur eine weitere Fraktion als Partnerin. Das könnte theoretisch sogar der SSW mit seinen vier Abgeordneten sein. Ein solches Bündnis hat Günther jedoch vorerst ausgeschlossen. Günther: „Wir knacken sogar das Kieler Ostufer“: Stehende Ovationen, rhythmischer Applaus: Die Delegierten feierten ihren Wahlsieg noch immer frenetisch. Besser: ihren Wahlsieger. „32 von 35 Wahlkreisen haben wir direkt gewonnen“, sagte Günther, zwei weitere Kandidaten seien über die Landesliste eingezogen: „Wir sind klarer Wahlsieger, darauf können wir stolz sein. Mit unserer Art und unserer Ausrichtung einer Politik der Mitte ist es uns das erste Mal wieder gelungen, in vielen Städten wieder Stimmen zu gewinnen.“ Na klar, an erster Stelle nannte Günther seine Heimatstadt Eckernförde. Doch auch die Ergebnisse in Kiel seien bemerkenswert. „Das macht Mut für die Kommunalwahl. Wir knacken sogar das Kieler Ostufer!“ Die Freude, dass die AfD aus dem Landtag flog, ist groß: Mancher Parteifreund habe in der Vergangenheit daran gezweifelt, ob dieser, sein moderner Kurs der Mitte richtig sei. „Stimmt, immer wieder“, murmelte ein prominentes Parteimitglied aus Kiel. Günther setzte noch einen drauf: „Wir sind das erste Land, an dem die politischen Ränder aus dem Parlament gedrängt wurden.“ Die AfD war an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Zugleich betonte der Parteichef, dass die Union auch auf klassische Kernthemen gesetzt habe, zum Beispiel in der Bildungspolitik und mit ihrem klaren Fokus auf Sicherheit. „Das alles zeigt, dass man in einem Drei-Parteien-Bündnis klare CDU-Positionen umsetzen kann.“ Jamaika – das ist für Günther auch die Erfüllung eines Versprechens: Dann kam Günther zu seinem Kernanliegen. „Eigentlich geht es jetzt erst richtig los“ sagte er. „Ich glaube, dass die gute Zusammenarbeit mit Grünen und FDP einer der Gründe waren, warum die Leute so zufrieden waren. Jamaika ist die Wunschkoalition der Bevölkerung.“ Er wisse, dass es viele Argumente dagegen gebe, wenn doch andere Mehrheiten möglich wären und die CDU für sich mehr Posten herausschlagen könnte, sagte Günther. „Aber es geht darum, dass wir unser Wahlversprechen umsetzen“, rief Günther: „Kurs halten. Das ist das Einzige, was uns im Moment leiten sollte.“ Was für den Parteichef nicht verhandelbar ist: Der Parteichef betonte, dass für ihn der Ausgleich von Ökonomie und Ökologie ebenso wenig verhandelbar seien wie die Klimaziele. Zugleich schlägt er an diesem Abend eigene inhaltliche Pflöcke ein. Der CDU gehe es um eine lebensfähige Landwirtschaft. „Daran wird sich bemessen, in welcher Form wir die nächste Regierung weiterführen, sagte er Richtung Grüne. Planungsrecht müsse beschleunigt werden. „Das muss total im Koalitionsvertrag festgelegt werden. Und die A 20 braucht absolute Vorfahrt.“ Die geplante Aussprache entfiel: Niemand der Delegierten hat etwas einzuwenden. Die Union hatte am vergangenen Sonntag 43,4 Prozent gewonnen und war mit Abstand stärkste Kraft geworden. Günther vereinbarte für Dienstag kommender Woche erste Sondierungsgespräche mit Grünen und FDP. Die Option einer Neuauflage des Regierungsbündnisses ließ er ausdrücklich offen. Lesen Sie auch Wolfgang Kubicki (FDP): „Günthers Idee von Jamaika ist doch charmant“ Nach Wahldesaster: SPD-Chefin Serpil Midyatli steht unter Druck Günther schwört seine CDU-Fraktionskollegen schon auf Jamaika ein FDP-Vize-Bundesparteichef Wolfgang Kubicki hatte Günthers Idee einer Jamaika-Neuauflage im Interview mit den Kieler Nachrichten als „charmant“ bezeichnet. Es spreche allerdings auch einiges für Schwarz-Gelb, „weil wir über die Frage des Wohlstands entscheiden und wie leistungsfähig unsere Gesellschaft ist“. Das gehe nur mit einer funktionierenden Wirtschaft und einer funktionierenden Ansiedlungspolitik. Die Grünen wollen offen in die Gespräche gehen. „Wir werden den Klimaschutz und die soziale Gerechtigkeit in den Mittelpunk stellen“, sagte Spitzenkandidatin Aminata Touré. „Für diese Themen wurden wir nicht zuletzt von vielen jungen Menschen gewählt.“