Mehrheit für Notkredit über 4,5 Milliarden Euro im Kieler Landtag

Dabei klang es doch so staatsmännisch, als Fraktionschef Ralf Stegner der Presse am Morgen den SPD-Gegenentwurf zu dem präsentiert, was die Finanzministerin tags zuvor auf den Tisch gelegt hatte. Am Kostenrahmen insgesamt solle sich nichts ändern, versichert Stegner, doch werde man als größte Oppositionspartei natürlich eigene Akzente setzen und „Präzisierungen“ vornehmen – „maßvoll und moderat, aber in der Sache beinhart“. Insgesamt gehe es um Verschiebungen und Umschichtungen im Volumen von elf Prozent des Gesamtpakets. Das wäre dann SPD-Handschrift im Wert von rund 500 Millionen Euro. 200 Millionen zusätzlich für die Kommunen: Rund 200 Millionen zusätzlich für die Kommunen wollen die Sozialdemokraten, mehr Geld für Wohnungsbau und Krankenhäuser, mehr Landesmittel für Schulträger, um die Schulbussituation zu entschärfen. Als Daniel Günther von diesem Plan hört, habe er diesen als „sehr positiv wahrgenommen“, sagt der Ministerpräsident am Nachmittag. Ministerpräsident Günther wird kiebig: Doch Günther legt nach: Jetzt habe der Oppositionsführer der Landesregierung einen schriftlichen Vorschlag nachgereicht, der „einen etwas anderen Fokus“ habe als das, was am Morgen verkündet worden sei. Demnach geht die SPD mit Forderungen in der Preisklasse von 700 Millionen Euro in die Verhandlungen. Mehr noch: Die Sozialdemokraten, so Günther, würden auch politische Forderungen erheben, die „mit Corona nichts zu tun haben“. Und da wird der MP richtig kiebig: „Uns geht es im Moment nicht darum, Koalitionsverhandlungen zu führen oder die SPD in die Landesregierung aufzunehmen.“ Das dürften interessante Verhandlungen werden. Rätselraten über Günthers Rechnung: In der SPD kann man sich nicht erklären, wie Günther auf die Summe von 700 Millionen kommt. Und was weitere Forderungen angeht, will man sich nicht in die Karten schauen lassen. Allerdings hatte Stegner bereits am Vormittag angedeutet, man werde nicht alle Bedingungen vor der Presse ausbreiten. Verhandlungsmasse ist immer gut. Einig ist sich die SPD mit Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) immerhin darin, dass man nicht gegen die Folgen der Pandemie ansparen will. „Damit würden wir die Grundlagen zerstören, um aus dieser Krise herauszukommen“, sagt Stegner. Insgesamt müssten die Corona-Notkredite jedoch „deutlich kommunalfreundlicher“ eingesetzt werden. Als weitere Forderungen im Gepäck haben die Sozialdemokraten einen Beteiligungsfonds für den Mittelstand, gesonderte Hilfen für die Veranstaltungsbranche sowie eine Landes-Förderung von Transfergesellschaften, um die Folgen des Job-Abbaus besser abfedern zu können. Heinold wirbt für Zwei-Drittel-Mehrheit: Mit dem Rekordkredit befasste sich gestern Vormittag auch der Landtag. Heinold warb für die Zwei-Drittel-Mehrheit, stellte aber klar, dass es in den Verhandlungen „nicht um große politische Pakete“ gehen könne und auch „nicht um ein Koalitionsprogramm“. Jamaika werde gemeinsam mit SPD und SSW prüfen, welche Bausteine man herausnehmen könne, um andere aufzunehmen. Fundamentalkritik kam von der AfD. Die Rechtspopulisten bleiben bei den Verhandlungen außen vor. Fraktionschef Jörg Nobis warf Heinold Harakiri vor. Das Land steuere geradewegs in eine finanzpolitische Katastrophe: „Am Ende Ihrer Amtszeit werden Sie die unangefochtene Schuldenkönigin sein.“ Lesen Sie einen Kommentar zum Thema: Zum schwindelig werden Weitere Nachrichten aus Schleswig-Holstein finden Sie hier.