Nach Coronafällen: Schlachthöfe im Visier der Landespolitik

In Bad Bramstedt war im Schlachthof die Zahl der Infektionen in die Höhe geschnellt. Inzwischen konnte der Betrieb dort wieder aufgenommen werden. Von den 124 bis Mitte Mai positiv getesteten Mitarbeitern des Betriebs im Kreis Segeberg sind bislang nahezu alle 119 wieder genesen, wie das Gesundheitsministerium berichtet. Insgesamt 146 Mitarbeiter aus Schlachthöfen seien bislang positiv getestet worden, weil es im Kreis Segeberg sechs weitere Fälle gab, 13 im Kreis Schleswig-Flensburg und drei in Nordfriesland. Das Gesundheitsministerium pocht darauf, dass man auf die Fleischindustrie bereits einen besonderen Fokus gelegt habe – und verweist auf eine Schwerpunkt-Kampagne inklusive Kontrollen in den Schlachthöfen seit 2018. Eine Folge daraus sei der Vorstoß von Sozialminister Heiner Garg (FDP) auf der Arbeits- und Sozialministerkonferenz 2019 gewesen, um Regelungslücken zu schließen. Aber erst jetzt habe die Bundesregierung das Thema aufgegriffen. Lesen Sie auch: Schlachthof - Darum können die Unterkünfte nicht kontrolliert werden Grundsätzlich begrüßt Garg die Initiative von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). „Damit das Arbeitsschutzprogramm diesen Namen aber auch verdient, muss der Arbeitsminister jetzt schnell liefern, sprich dieses auch umsetzen. Dabei unterstützen wir ihn gerne.“ Nachbessern müsse Heil aber bei den Mindeststandards der Unterbringung. Kennen Sie schon die Post aus dem Newsroom? Den kostenfreien Newsletter der Kieler Nachrichten versenden wir Mo-Fr ab 17 Uhr. Hier können Sie sich für unser Mailing anmelden. Sie interessieren sich für Holstein Kiel? Dann melden Sie sich hier für den Newsletter " Holstein Kiel - Die Woche " kostenfrei an. Versand: jeden Freitag, 11.30 Uhr. Erst durch Pandemie deutlich geworden: Mitte Juni will der Landtag über die prekäre Situation von Arbeitnehmern im Schlachtgewerbe debattieren. Gestern stellte die SPD dazu gleich drei Anträge vor. „Eigentlich hat das alles mit Corona nichts zu tun, sondern mit Arbeitsverhältnissen, die wir so krass in anderen Industriezweigen vor 100 Jahren hatten“, sagte Fraktionschef Ralf Stegner. „Es ist traurig, dass es eine Pandemie braucht, um jetzt, wo das gesellschaftliche Bewusstsein vorhanden ist, für Verbesserungen ein Fenster zu öffnen.“ Die SPD drängt unter anderem auf eine Verschärfung des Bauordnungsrechts: Kern der Änderung müsse ein „effektives Vorgehen gegen Zweckentfremdung, Verwahrlosung oder menschenunwürdige Überbelegung insbesondere von Wohnraum für Arbeitskräfte“ sein, heißt es. Mit dieser gesetzlichen Grundlage könne den Behörden eine effektive Aufsicht und Kontrolle von Unterkünften und Wohnungen erlaubt werden – unabhängig von der Ausgestaltung der Eigentums- und Mietverträge. Lesen Sie auch: Schlachthof-Chef wehrt sich gegen die Vorwürfe Lesen Sie auch: Kommentar von C. Hiersemenzel: Endlich wird hingesehen Weitreichende Kontrollen: Darüber hinaus solle Schleswig-Holstein Heils Eckpunkte zum „Arbeitsschutzprogramm für die Fleischindustrie“ unterstützen. Ab 1. Januar 2021 würden demnach Werkverträge in der Fleischindustrie nicht mehr zugelassen werden. Die freiwillige Selbstverpflichtung der Fleischindustrie zur Einhaltung sozialer Standards sei nicht mal im Ansatz umgesetzt worden, kritisierte die SPD-Abgeordnete Kirsten Eickhoff-Weber. „Daher muss der Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen in der Fleischindustrie gesetzlich weiter unterbunden werden.“ Bis das Gesetz greife, solle Schleswig-Holstein an den großen Standorten industrieller Schlachthöfe feste Vor-Ort-Arbeitsinspektionen einrichten, um regelmäßig und vor allem ganztags zu kontrollieren. Darüber hinaus müsse sich die Landesregierung für eine Ausweitung der Mitbestimmungsrechte von Arbeitnehmern einsetzen – auch und vor allem dann, wenn diese aus dem europäischen Ausland kommen. Nach Information unserer Zeitung plant die Jamaika-Koalition ebenfalls einen Aufschlag. Dass Betriebsräte nicht für Werkarbeitnehmer zuständig sind, sei nicht länger hinzunehmen. Es könne auch nicht sein, dass Arbeitgeber den Arbeitsschutz umgehen, indem sie privatrechtlich Wohnungen anmieten, die keinerlei deutschen Sozialstandards entsprechen. Lesen Sie auch: Corona-Liveblog: So ist die aktuelle Lage in Schleswig-Holstein Corona in Schleswig-Holstein: So viele Genesene und Erkrankte gibt es aktuell Von und nach Sylt: Dänemark erlaubt Transit für Urlauber Hass gegen Ferienhaus-Besitzer: "Wir dachten, uns will hier keiner mehr" Wer zahlt die stornierte Klassenfahrt? Kita-Elternvertreter befürchten Corona-Spätfolgen für Kinder Corona-Frage des Tages: Wann kann die Wandergruppe wieder starten? Kiel meldet: Keine Corona-Erkrankten mehr Nach Corona-Pause in Tanzschulen: Mit Abstand aufs Parkett Nordbau in Neumünster findet statt - aber abgespeckt Pauschalreise wegen Corona abgesagt: Ehepaar aus Kiel streitet gegen TUI Küstenurlaub: Was ist möglich – und was nicht? Reedereien planen Kreuzfahrten ab Sommer Schleswig-Holstein: Was am Strand erlaubt ist Weitere Informationen zum Coronavirus erhalten Sie auf unserer Themenseite.

Nach Corona-Fällen - Schlachthöfe im Visier der Landespolitik