Nach Protest: Flüchtlingshilfen Wankendorf, Preetz und Selent ausgezeichnet

Die deutsche Regierung nehme sehr großzügig Flüchtlinge auf – wissend um die eigene Geschichte vor 75 Jahren, erklärte Oliver Roland, Geschäftsführer der Ike und Berthold Roland-Stiftung, in seiner Laudatio am Donnerstag in Wankendorf. „Die Bundesregierung will helfen. Und dann? Dann lässt sie die Menschen, denen geholfen werden soll, weitgehend allein.“ Die Regierung konterkariere so nicht nur das eigene Versprechen. Sie füge damit auch Leid zu, indem sie Wege für die Flüchtlinge so bürokratisch mache, dass jeder Schritt in die richtige Richtung schwer werde. „Das macht Menschen wahnsinnig, noch ängstlicher, verzweifelter – Hilfesuchende wie Helfen-Wollende.“ Politische Defizite aufgezeigt: Die drei Flüchtlingshilfen würden in besonderer Weise Aufgaben des Staates übernehmen und seit Jahren Integration ermöglichen. Sie hätten sich zudem nicht von der Rahmenbedingungen entmutigen lassen und mit der Rückgabe der Ehrennadeln politische Defizite aufgezeigt. „Sie leisten mehr als Sie denken. Sie machen Menschen Hoffnung. Hoffnung auf eine bessere Welt“, befand der Theologe aus Mannheim. Der Förderpreis der Stiftung wurde für die ehrenamtlichen Initiativen in diesem Jahr extra von 1000 Euro auf 1500 Euro aufgestockt. Arbeitsmöglichkeit für Flüchtlinge gefordert: Im September 2018 hatten die Flüchtlingsinitiativen angekündigt, die Ehrennadeln an die Landesregierung zurück zu geben. Man wolle ein klares Zeichen gegen die immer restriktivere Asylpolitik setzen. Im November 2018 übergaben dann die 90 Ehrenamtler ihre Auszeichnungen an Innen-Staatssekretär Torsten Geerdts. Bei diesem und einem weiteren Treffen forderten die Flüchtlingshelfer die Landesregierung unter anderem auf, den Spurwechsel und damit eine Bleibeperspektive durch Arbeit insbesondere für gut integrierte Flüchtlinge zu schaffen und sich gegen Ankerzentren zu wenden. Heute müsse man feststellen, dass das Ankerzentrum in Neumünster komme - wenn auch unter dem beschönigenden Namen Ankunftszentrum, erklärten die Flüchtlingshelfer. Und vielen Menschen, die sie seit langem betreuten, sei nach wie vor eine Perspektive durch Arbeit und Anerkennung verwehrt. „Die Flüchtlinge, die wir betreuen, wollen arbeiten, endlich wieder auf eigenen Beinen stehen. Und es ist ja auch genug Arbeit da. Doch sie dürfen nicht. Stattdessen versinken sie in Langeweile und allzu oft in Depression“, kritisierte Marie-Luise Stiawa von der Flüchtlingshilfe Selent. Wunsch: Plattform für Flüchtlingshelfer: „Im Rückblick müssen wir die Äußerungen bei unseren Gesprächen mit der Landesregierung als Lippenbekenntnisse bewerten“, befand auch Jens Iwersen von der Flüchtlingshilfe Selent. So sei auch die Bitte, eine Plattform für Flüchtlingshelfer zu schaffen, ohne Folgen geblieben. Dabei hätte solch eine Plattform eine große Unterstützung bieten können: Nicht jede Flüchtlingsinitiative hätte sich selbst durch die komplizierten Asylgesetze arbeiten und auf frustrierenden Umwegen Zeit und Energie verschwenden müssen, wenn man auf einer Plattform sich rechtzeitig mit anderen Helfern hätte austauschen können. Dennoch sei die Rückgabe der Ehrennadeln richtig gewesen. „Wir sind politischer geworden. Wir mussten laut werden, weil es eben nicht reicht, mit den geflüchteten Damen Röcke zu nähen und den Herren mühsam das deutsche Alphabet beizubringen“, sagte Julia Koch aus Preetz. Flüchtlingshelfer machen weiter: Trotz Anfeindungen und auch Bedrohungen wollen die Flüchtlingshelfer weitermachen. „Wenn man Menschen gut fünf Jahre begleitet, dann entstehen Bindungen, manchmal sogar Freundschaften. Das ist Integration und das gibt man nicht einfach so auf“, sagte Jürgen Wendik aus Wankendorf. Die Auszeichnung durch die Roland-Stiftung, befand Tanja Schunert aus Wankendorf, sei dafür eine wichtige Ermutigung. Dort hat man das Geld bereits in einen besonderes Gemeinschaftserlebnis mit den Flüchtlingen im Tierpark Neumünster investiert.

Rückgabe der Ehrennadeln - Auszeichnung für Flüchtlingshelfer