Nach tödlichen Schüssen in Lübeck: Das sagt der zweite Einbrecher

Sie waren sich sicher, dass niemand da ist. Durch die Kellertür verschaffen sie sich Zugang zu der scheinbar verlassenen Villa in der Nähe des Lübecker Stadtparks – offenbar auf der Suche nach einem Abenteuer. Über eine breite Wendeltreppe gelangen sie in den zweiten Stock. „Wir waren nicht leise, sondern haben uns normal unterhalten“, sagt einer der beiden Männer, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. „Auf einmal habe ich gesehen, dass in einem Zimmer ein Fernseher im Standby-Modus läuft. Mir war sofort klar: Da muss einer sein!“ „Auf einmal dreht sich der Mann um und schreit los“: Und da war auch einer. „Ich habe kurz darauf eine schwarze Silhouette eines Mannes gesehen, der mit dem Rücken zu mir und mit dem Gesicht zur Wand in der Ecke des Raumes stand“, sagt er. „Dann habe ich meinem Kollegen leise gesagt: ,Raus hier, da steht einer’. In diesem Moment dreht sich der Mann auf einmal um, schreit laut – und wir sind losgelaufen.“ In Panik haben die beiden Männer das Weite gesucht. „Mein Kollege war ein Stück vor mir, wir sind die Treppen heruntergepoltert. Da standen überall Sachen herum, die umgefallen sind. Ich bin auf der Treppe noch hingefallen, konnte aber wieder aufstehen und weiterlaufen“, sagt er. Wer sie verfolgt hat, wussten die Männer in diesem Moment nicht. „Ich habe nicht verstanden, was der Mann hinter uns geschrien hat. Ich habe in meiner Panik nur Gegröle wahrgenommen – aber das hat Eindruck gemacht. Ich dachte, dass sich vielleicht ein Obdachloser in der Villa eingenistet hat.“ Im Keller hat er seinen Kumpel auf der Flucht überholt – und dann nie wieder gesehen: Die Beiden haben es offenbar noch aus der Villa geschafft, bevor der Mann sie erwischen konnte. „Im Keller habe ich meinen Kollegen überholt, ich war schneller. Dann sind wir raus. Wir haben das Haus noch etwa zeitgleich verlassen. Ich habe mich nicht umgedreht, sondern bin einfach losgeflitzt“, sagt er. Kurz darauf wird sein 38-jähriger Kumpel von drei Schüssen in den Rücken getroffen, schleppt sich noch ein paar Meter in Richtung Adolfstraße und bricht zusammen. Doch davon hat der flüchtende Eindringling in seiner Panik nichts mitbekommen – dass sein Freund getötet wurde, hat er offenbar erst später erfahren. „Ich habe keinen Knall oder Schüsse gehört, auch keine Hilferufe oder so. Nichts, gar nichts. Das muss mit einem Schalldämpfer passiert sein“, vermutet er. „Wenn ich etwas gehört hätte, dann hätte ich ja die Polizei gerufen. Ich bin völlig perplex. Dass so etwas passiert, hätte ich mir im Traum nicht vorstellen können. Für mich ist das alles nicht leicht.“ Von Holger Kröger und Hannes Lintschnig