In dem Prozess, der am Freitag vor dem Landgericht Kiel begann, geht es um Schadenersatz und Schmerzensgeld in Höhe von rund 500.000 Euro. Das UKSH weist die Vorwürfe zurück.
Patient wollte sich gegen Alterszittern operieren lassen
Es geht um die Behandlung im Jahr 2008. Damals hatte sich der Arzt Dr. Hans-Peter Gockel in der Neurochirurgie des UKSH eine Stimulationssonde ins Hirn implantieren lassen, um das Alterszittern in der rechten Hand loszuwerden. Bei der OP kam es zu Komplikationen. Anschließend wurde der 76-Jährige auf den Intensivstationen der Neurochirurgie und der Anästhesie behandelt. Als er nach einem Koma das UKSH schließlich verließ, war er blind, konnte sich nicht mehr bewegen und nicht mehr kommunizieren. Die siebeneinhalb Jahre bis zu seinem Tod musste er rund um die Uhr gepflegt werden.
Strafprozesse gegen zwei Ärzte wurden eingestellt
Für die Ehefrau Ute Gockel ist diese Pflegebedürftigkeit durch Behandlungsfehler im UKSH verursacht worden. Sie klagt deshalb seit Jahren: Die Strafprozesse gegen zwei Ärzte wurden eingestellt. Der jetzige Zivilprozess richtet sich gegen das UKSH und – als damaligen Klinikdirektor der Anästhesie – gegen den heutigen Vorstandschef Prof. Jens Scholz. Im UKSH kann man keine Fehler erkennen und fordert deshalb, die Klage abzuweisen. Zu den Vorwürfen selbst dürfe sich das Klinikum aber nicht äußern, da keine Entbindung von der Schweigepflicht seitens der Familie vorliege, erklärte UKSH-Sprecher Oliver Grieve.
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Beide Seiten zeichnen ein unterschiedliches Bild
Vor dem Landgericht zeichneten die Zeugen ein völlig konträres Bild von den Vorgängen insbesondere am 13. Februar 2008 auf der Intensivstation der Anästhesie. Nach Aussage der Tochter Anja Gockel hatte sich der Zustand des Vaters bei ihrem Eintreffen deutlich gegenüber dem Vortag verschlechtert. „Ich habe im Laufe des Vormittags mehrfach die Schwester gerufen und einen Arzt verlangt. Aber es ist kein Arzt gekommen.“ Für die Tochter, eine bekannte Designerin, befand sich der Vater in einer ernsten Lage, er habe nicht reagiert, am Ende gekrampft.
Gericht ordnet neurologisches Gutachten an
Eine Ärztin und ein Arzt der Intensivstation konnten sich hingegen nicht an eine Situation erinnern, die ein Eingreifen notwendig gemacht hätte. Nur ein Widerspruch von vielen beim Prozessauftakt. Fest steht: Kurz nach 13 Uhr wurde Hans-Peter Gockel damals auf die neurologische Intensivstation gebracht. Dort dokumentierte der Aufnahmearzt, dass der Patient krampfte und nicht ansprechbar war.
Das Gericht ordnete ein neurologisches Gutachten an. Erst danach soll die Verhandlung fortgesetzt werden.