Prozess in Lübeck: Vater wollte Sohn wegen Corona-Depression töten

Mit einem Geständnis des angeklagten Vaters hat in Lübeck der Prozess um die versuchte Tötung eines 14 Monate alten Jungen begonnen. „Es tut mir unendlich leid und ich bin froh, dass mein Sohn nach gegenwärtigem Stand keine bleibenden Schäden davongetragen hat“, sagte der 37-jährige Mann am Dienstag in Lübeck zum Prozessauftakt. Er soll das Kleinkind bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt haben. Der Junge überlebte mit schweren Verletzungen. Die Anklage wirft dem Familienvater versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung vor. Für den Prozess hat das Gericht 18 Zeugen und 2 Sachverständige geladen. Ein Urteil wird für Februar erwartet. "Sicherung durchgebrannt": „Seit Beginn des Lockdowns hatte ich Schlafstörungen und Depressionen, ich wurde immer dünnhäutiger“, sagte der Vater. Am Tattag sei das Kind sehr quengelig gewesen und habe nicht aufgehört zu schreien. „Da muss bei mir eine Sicherung durchgebrannt sein“, gesteht er unter Tränen. Er habe mit beiden Händen seinen Sohn gepackt und ihn gewürgt. Er habe auch versucht, ihm das Genick zu brechen. „Ich wollte sicher gehen, dass er wirklich tot ist“, antwortet der Mann auf die Frage des Vorsitzenden, warum er das getan habe. Vater zur Tatzeit in Elternzeit: Zur Tatzeit war der Angeklagte seit wenigen Wochen in Elternzeit. Doch durch die Corona-Pandemie sei ihm die Sache irgendwie über den Kopf gewachsen, räumte er vor Gericht ein. „Durch den Lockdown war mein komplettes Sozialleben auf einen Schlag zusammengebrochen. Ich hatte plötzlich niemanden mehr, mit dem ich tagsüber reden konnte“, sagte er. „Aus Wut darüber habe ich auch schon mal meinen Sohn angeschrien, obwohl der ja gar nichts dafür konnte“ sagte der Angeklagte. „Aber geschlagen habe ich ihn nie.“ Nach der Tat setzte sich der 37-Jährige in sein Auto und fuhr auf die Autobahn 1 Richtung Fehmarn. Bei Neustadt in Holstein habe er dann bewusst einen Unfall verursacht, um sich das Leben zu nehmen. Sich selbst beschreibt der Angeklagte als introvertiert und familienzentriert. Seine Frau halte trotz allem zu ihm, besuche ihn regelmäßig im Gefängnis. „Dafür bin ich ihr sehr dankbar“, sagt er. Der Prozess soll am 7. Januar fortgesetzt werden. Von RND/dpa