SPD gegen Karin Prien: Rücktrittsforderung in weiter Ferne

Prien hatte kurz vor Mittag ihr Konzept für das restliche Schuljahr vorgestellt, und nachdem die SPD überraschend zurückhaltend agiert hatte, trat gegen Ende einer kurzen Debatte CDU-Fraktionschef Tobias Koch ans Pult. Wenn sich noch nicht einmal der bildungspolitische SPD-Sprecher Martin Habersaat die Rücktrittsforderung seiner Parteichefin zu eigen mache, sei dieser Punkt ja wohl endgültig vom Tisch. „Und das ist auch gut so. Solche Forderungen mitten in Krisenzeiten? Das geht gar nicht.“ Prien kündigte unter anderem an, dass Schüler für den ersten allgemeinbildenden und den mittleren Schulabschluss, ESA und MSA, ab 1. März gezielt auf die schriftlichen Prüfungsfächer vorbereitet werden sollen. „Das können wir, und das hat auch im letzten Jahr sehr gut funktioniert.“ Die Anzahl der schriftlichen Prüfungen werde reduziert, die Bearbeitungszeit verlängert, und auf Wunsch könnten die Schüler versuchen, ihr Ergebnis mit einer mündlichen Prüfung zu verbessern. „Sollten die Prüfungsergebnisse aller Schülerinnen und Schüler in einem Prüfungsfach deutlich nach unten vom Durchschnitt der letzten drei Vor-Pandemie-Jahre abweichen, kann die Schulaufsicht eine Anpassung der Noten vornehmen“, so Prien. Ähnlich sei es beim Abitur. Dort werde man sich mit der Kultusministerkonferenz verständigen, ob bei deutlich nach unten abweichenden Durchschnittsergebnissen die Zensuren angepasst werden. In der vergangenen Woche hatte der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, auch auf KN-online ein freiwilliges Wiederholungsjahr für lernschwache Schüler gefordert. Corona-Wiederholungsjahr zählt nicht mit: Die Ministerin wies auf mitunter hohe psychische Belastungen durch die Pandemie hin. „Das dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren. Für diese Schülerinnen und Schüler werden wir ein freiwilliges Wiederholen im Einzelfall und nach Beratung für alle Jahrgänge ermöglichen.“ Das Corona-Wiederholungsjahr werde nicht mitgezählt, habe also keine Auswirkungen auf die Höchstverweildauer in der Oberstufe. Seit Ende der Weihnachtsferien befinden sich Schleswig-Holsteins Schüler im Homeschooling. Lernen auf Distanz sei keine gleichwertige Alternative zum Präsenzunterricht, sagte die Ministerin. „Aber es klappt insgesamt gut.“ Das habe eine Kurzumfrage des Lehrerfortbildungsinstituts IQSH unter Schülern, Lehrern und Eltern gezeigt. „Guter Unterricht ist weniger davon abhängig, wie oft eine Videokonferenz stattgefunden hat, sondern mehr davon, ob Ziele geklärt und Lernfortschritte angeleitet wurden“ – kein Unterricht von der Stange, „sondern ein individuelles Eingehen auf jede Schülerin und jeden Schüler“. Lesen Sie auch: Prien kündigt flexible Prüfungsregeln für Schulen an Perspektivplan: Diese Lockerungen sieht der Stufenplan vor Aktuelle Zahlen und Grafiken: So entwickelt sich das Coronavirus Corona-Liveblog: So ist die aktuelle Lage in Schleswig-Holstein Weitere Informationen zum Coronavirus erhalten Sie auf unserer Themenseite. Schulen sollen sich auf Kernfächer konzentrieren: Das sah der Oppositionspolitiker Habersaat dann doch ganz anders. Er hatte die Ministerin erst kürzlich als Märchentante bezeichnet. Keine Probleme beim Distanzunterricht? „Das deckt sich nicht mit den vielen Rückmeldungen, die uns von überall im Land erreichen.“ Der SPD-Mann forderte besondere Angebote für Schüler, die allein mit dem Distanzunterricht nicht zurechtkommen. Prüfungen sollten nach hinten verschoben werden, um Lernzeit zu gewinnen. Der Stundenplan müsse zurückstecken, stattdessen sollten sich Schulen auf Hauptfächer, Kernkompetenzen und Prüfungen konzentrieren. „Schon die Lüftungsunterbrechungen haben die Unterrichtszeit verringert. Wir müssen ehrlich sein: Es geht fachlich weniger. Und es braucht in Zeiten wie diesen mehr Raum für Pädagogik.“ Für Eltern von Viertklässlern steht die Frage an, auf welche weiterführende Schule ihr Kind kommen soll. Statt Info-Abenden vor Ort können sie sich wegen der Pandemie derzeit nur virtuell ein Bild von den Schulen machen. Die Anmeldung soll aber persönlich erfolgen, damit die Schulen direkt Beratungsbedarf erkennen und Unterlagen prüfen können. Dafür sollen sie individuelle Termine an Eltern vergeben, so dass sich möglichst wenige Personen in der Schule begegnen. Um die Termine zu entzerren, hat das Bildungsministerium den Start für die Anmeldungen ein paar Tage vorgezogen. Bereits ab Donnerstag, 18. Februar, können Eltern ihre Kinder an weiterführenden Schulen anmelden. Vier Tage früher als geplant. Die Anmeldefrist läuft bis zum 3. März. Dies aber wies nicht nur die CDU, sondern auch die FDP zurück. Eine Abschleifung der Bildungsstandards komme nicht infrage, sagte Fraktionsvize Anita Klahn. Und Ines Strehlau (Grüne) stellte nüchtern fest, dass Corona „das System Schule“ zwinge, sich neu zu erfinden. „Deshalb läuft nicht alles optimal.“