Silvesterfeuerwerk: Streit um Verbot lässt die Böller-Branche bangen

Aktuell wartet die Produktion eines gesamten Jahres auf die Auslieferung an den Handel. „Wir sind voll bis unter das Dach, rund 130.000 Paletten mit dem gesamten Sortiment stehen bereit“, sagt Andreas Kritzler, Sprecher des deutschen Marktführers Weco mit Sitz in Eitorf bei Köln. Sollte es zum Verbot kommen, ohne dass der Staat die Branche für ihre Verluste entschädigt, löste das – so Kritzler – eine Insolvenzwelle aus, die auch Weco mitrisse: „Die gesamte Ware ist vorfinanziert. Wenn nun ohne Entschädigung der Ertrag ausbleibt, ist das einfach nicht zu verkraften.“ Weco fürchtet die Pleite: Mit größter Sorge blicken deshalb auch die rund 40 Weco-Beschäftigten in Kiel auf die Entscheidungen des nächsten Bund-Länder-Gipfels am Mittwoch. Auch sie haben ein ganzes Jahr gearbeitet, um den Bedarf knallfreudiger Silvesterfreunde zu befriedigen – vom großen Set an Raketen über die bunte Überraschungsbox bis zur Batterie mit Leuchteffekten. Seit 1968 produziert das Unternehmen Pyrotechnik am Standort Uhlenhorster Weg in Kiel-Pries Pyrotechnik, inzwischen auf einem Areal von 80.000 Quadratmetern. Sprecher Kritzler lässt keinen Zweifel: „Kommt es zu einem entschädigungslosen Verbot des Silvesterfeuerwerkes, wäre das mit Sicherheit auch das Aus für den Standort Kiel.“ Werksverkauf ist bereits abgesagt: Dass dieses Jahr anders laufen würde als normal, zeichnet sich schon länger ab. Im Oktober bereits hatte Weco in Kiel mit Hinweis auf den Infektionsschutz den traditionellen Werksverkauf abgesagt. Das Ereignis hatte unter Fans der Pyrotechnik in den vergangenen Jahren Kultstatus erworben. Nun hofft die Branche inständig, dass der Kelch eines Böllerverbotes noch einmal an ihr vorübergeht. Dass es in diesem Jahr praktisch keine Großfeuerwerke gab, weil die entsprechenden Veranstaltungen dazu reihenweise abgesagt wurden, ist für die Unternehmen zwar ärgerlich, wäre jedoch wirtschaftlich verkraftbar – anders als ein Böllerverbot zum Jahreswechsel. Mit dem Silvesterfeuerwerk fährt die Branche mehr als 90 Prozent ihres Jahresumsatzes ein. Lesen Sie auch: Kieler Firma fürchtet Verbot Brandbrief an die Bundesregierung: Um das Schlimmste doch noch abzuwenden, hat der Verband der pyrotechnischen Industrie (VPI) einen Brandbrief an die Bundesregierung geschickt. Nach Meinung von VPI-Chef Thomas Schreiber ist das Argument, man müsse die Krankenhäuser entlasten, nicht nur irreführend, sondern von Teilen der öko-getriebenen Verbots-Befürworter auch vorgeschoben – insbesondere von der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Die macht sich seit Jahren bereits für ein Knallverbot stark und verweist dabei auf 5000 Tonnen Feinstaub, die während der Silvesternacht in die Luft geblasen würden. Mit Blick auf Corona hat die Organisation ihren Kampf für ein Verbot noch einmal intensiviert. Nach dem Vorbild der Niederlande solle die Knallerei untersagt werden, um die ohnehin strapazierten Klinik-Kapazitäten nicht unnötig durch Feuerwerksverletzte zu beanspruchen. Verband fürchtet mehr illegale Böller: Der VPI bestreitet zwar nicht, dass es durch den unsachgemäßen Umgang mit Feuerwerkskörpern zu Verletzungen kommt – sieht dafür jedoch vor allem den Einsatz illegaler Pyrotechnik als Ursache. Ein Verkaufsverbot werde den Absatz dieser gefährlichen Knallkörper noch in die Höhe treiben. Bei einem Aus für die Silvesterknallerei, so der Verband, bräuchte die pyrotechnische Branche finanzielle Unterstützungsleistungen in Höhe eines dreistelligen Millionenbetrags. Auch in der Logistikbranche und im Handel, so Schreiber, wären Hilfen notwendig. Lesen Sie auch: U. Metschies: Böllerverbot schadet Alle Pyroshows sind weggebrochen: Nicht nur die Großen der Branche fürchten um ihre Existenz. Auch selbständige Pyrotechniker blicken mit Sorge in die Zukunft. „In diesem gesamten Jahr hatte ich bislang ein einziges Feuerwerk“, sagt Daniel Zeise, Inhaber der Firma Danze Feuerwerk mit Sitz in Itzehoe. Wäre er beruflich nicht auch als Energieanlagentechniker in der Windbranche unterwegs, hätte er nach eigenen Angaben längst Privat-Insolvenz anmelden müssen. In normalen Zeiten bietet sein Unternehmen mit bis zu drei freiberuflichen Feuerwerksexperten professionelle Pyro-Shows für Unternehmens- und Privatkunden an, die etwas Großes zu feiern haben. Doch auch der Verkauf von Knallkörpern zu Silvester im Itzehoer Ladengeschäft trägt einen wichtigen Teil zum Umsatz bei. Für ein Böllerverbot hätte er nicht ein Fünkchen Verständnis: „Das macht überhaupt keinen Sinn.“ Die Umwelt-Diskussion hat in der Pyrotechnik-Branche bereits große Bremsspuren hinterlassen. So hatten die Feuerwerksanbieter für das vergangene Jahr noch einen bundesweiten Rekordumsatz von 133 Millionen Euro angepeilt – das tatsächliche Ergebnis war jedoch ein Minus von fünf Prozent.