Schönberger Todesfall bleibt ein Rätsel

Sven D. wird auch dieses Silvester zu Hause verbringen, mit der siebenjährigen Tochter und den zwei Jahre alten Zwillingen. „Die Schwiegereltern werden kommen, dann sind wir nicht allein.“ Eine Kerze und Blumen will die Familie an der Straße niederlegen, „da, wo es passiert ist“. Mit dem Opa will die Siebenjährige ein wenig nach draußen gehen - aber nur, solange es hell ist, erzählt der Vater. Die schlimme Nacht vor einem Jahr, sie lässt sich nicht verdrängen. Kurz nach Mitternacht sackte Nin D. zusammen: Silvester 2018: Vater und Mutter gehen mit der großen Tochter vor die Tür, um das Feuerwerk zu sehen. Kurz nach Mitternacht sackt Nina D. plötzlich zusammen - wenige Schritte von ihrem Haus entfernt. Zunächst spricht die Polizei von einer schweren Verletzung am Kopf durch einen Gegenstand. Noch am Neujahrstag stirbt die Mutter. Drei Tage später war klar: Die dreifache Mutter starb durch einen Schuss: „Die Tragik dieses Falls ist immens“, sagt ein Jahr später Nina Otto, Sprecherin der Polizei Kiel. „Deshalb wäre es für alle besser, wenn er aufgeklärt wird.“ Doch danach sieht es nicht aus - trotz intensiver Bemühungen. Noch am Neujahrstag 2019 startet die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren, am 2. Januar beginnt die Spurensicherung vor Ort - zunächst gibt es Informationen, illegales Feuerwerk könne die Todesursache sein. Doch am 3. Januar ergibt die rechtsmedizinische Untersuchung des Leichnams: Die 39-Jährige ist durch einen Schuss gestorben. Die Fachleute fanden Projektilteile in ihrem Kopf. Schönberg ist geschockt, der Fall bewegt die Menschen aber auch landesweit. "KN hilft" sammelte 60.000 Euro für die Familie: Sofort fährt die Polizei ihr erweitertes Ermittlungsaufgebot auf: Ein 3D-Scanner des Landeskriminalamts Hamburg soll den Tatort abbilden, etliche Beamte durchforsten die Nachbarschaft, befragen Nachbarn und mögliche Zeugen. Doch zur Aufklärung führt keine der Spuren. In Abstimmung mit der Gemeinde startet der Verein „KN hilft“ eine Spendenaktion, um die Familie zu unterstützen. Fast 60.000 Euro kommen am Ende für Sven D. und seine Kinder zusammen. Der Bürgermeister glaubt an einen Unfall: Noch Anfang Januar wird klar: Es war ein Schuss. Die Staatsanwaltschaft ermittelt zunächst wegen vorsätzlicher Tötung, spricht 3000 Euro Belohnung für sachdienliche Hinweise aus. Schönbergs Bürgermeister Peter Kokocinski appelliert an den mutmaßlichen Schützen, sich zu stellen. Er glaubt an einen Unfall. Viele Hinweise gehen ein, auch die Dächer werden nach Projektilen abgesucht. Die Ermittler bitten öffentlich um Videos. Dabei geht die Staatsanwaltschaft nicht mehr von Vorsatz aus. Stattdessen versuchen die Ermittler einen emotionalen Weg: Mit einem Plakat, das die Hinterbliebenen auf einer Zeichnung abbildet, sollen Zeugen zu Hinweisen motiviert werden. Außerdem richtet die Mordkommission eine spezielle Ermittlungsgruppe „Schönberg“ ein. Bis Ende März fertigt das Bundeskriminalamt in Wiesbaden ein Schussgutachten an: Es zeigt, dass aus der Nachbarschaft geschossen wurde. Doch von wem? Die Ermittlungsgruppe arbeitet akribisch alles Greifbare ab. Im Sommer wird sie aufgelöst. Auch jetzt gehen noch Hinweise bei der Polizei ein: „Es gehen auch jetzt noch immer wieder weitere Hinweise ein“, sagt Nina Otto. Und: „Wir nehmen alles auf, was wir kriegen können.“ Die Mordkommission ermittle weiter, unterstützt von ehemaligen Mitgliedern der Ermittlungsgruppe. Otto hofft, dass es zum Jahreswechsel noch einmal Erinnerungen von möglichen Zeugen oder Hinweisgebern gibt. „Selbst wenn sich jemand bisher nicht zu uns getraut hat, ist es noch nicht zu spät.“ Der Witwer glaubt nicht mehr an eine Aufklärung: Der Witwer glaubt unterdessen nicht mehr daran, dass der Tod seiner Frau noch aufgeklärt werden kann. „Die Polizei hat ja alles versucht“, sagt er. Spekulieren über den Schützen, der ein Nachbar sein könnte, will er nicht mehr. Das helfe ja nicht weiter, sagt Sven D. „Ich habe das abgehakt. Ob ich weiß, wer es war, oder ob ich es nicht weiß: Meine Frau kommt davon nicht zurück.“ Trotz alledem: Die Kinder sollen in Schönberg aufwachsen Das Reihenhaus will er in jedem Fall behalten, trotz des tragischen Geschehens. „Ich will nicht weglaufen, das habe ich mir vorgenommen, und das hätte auch meine Frau nicht gewollt.“ Sven D. denkt da auch ganz praktisch: „Die Kinder sollen hier groß werden, so können sie das Grab auf dem Friedhof besuchen.“ Von Niklas Wieczorek und Christian Longardt Mehr Nachrichten aus Schleswig-Holstein lesen Sie hier.

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