Wann greift die 15-Kilometer-Regel in Schleswig-Holstein bei hoher Inzidenz? (21.01.2020)

Bund und Länder haben sich darauf verständigt, dass in Gebieten mit hohen Corona-Infektionszahlen die Menschen in ihrer Bewegungsfreiheit auf einen Radius von 15 Kilometern vom Wohnort eingeschränkt werden sollen. Gelten soll die Regel für Kreise und kreisfreie Städte mit einer 7-Tages-Inzidenz von über 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Einschränkung des Bewegungsradius in Schleswig-Holstein im Überblick: Wird der Bewegungsradius eingeschränkt, sobald die Inzidenz in meinem Kreis höher als 200 ist? Nein. Entscheidend für die 15-Kilometer-Regel ist in Schleswig-Holstein, wie das regionale Ausbruchsgeschehen zu bewerten ist. Also ob das Virus im Kreis bzw. der kreisfreien Stadt zirkuliert oder ob die Infektionen auf einen Ort/eine Personengruppe (beispielsweise ein Altenheim) zurückzuführen sind. Maßgeblich für die Bewertung sind die Zahlen der Landesmeldestelle. Das Gesundheitsministerium und die Kommunen gehen in ihrer Bewertung nach einem Fragenkatalog vor: Handelt es sich aus Sicht des Gesundheitsamtes um eine erhöhte Viruszirkulation auf Bevölkerungsebene oder ist diese eingrenzbar? Lässt sich die Inzidenzerhöhung ausschließlich auf einen Indexfall oder eine Häufung in einer Einrichtung zurückführen und falls ja, wie begründet sich diese Einschätzung? Die Fragestellung sind dann an folgende Grundbedingungen auszurichten: Das Infektionsgeschehen ist beherrschbar, weil bezogen auf eine Einrichtung: Keine Maßnahmen erforderlich. Das Infektionsgeschehen ist eingrenzbar auf eine Region/Stadtteil/Häuserblock: Die zu veranlassenden Maßnahmen werden auf die betroffene Region/Stadtteil/Häuserblock begrenzt. Das Infektionsgeschehen ist nicht eingrenzbar: Der Maßnahmenkatalog des Erlasses gilt für den gesamten Kreis/Stadtgebiet der kreisfreien Stadt. Angenommen, das Infektionsgeschehen ist nicht eingrenzbar, womit muss ich rechnen? Wird in einem Corona-Hotspot die Einschränkung des Bewegungsradius verfügt, gelten in Schleswig-Holstein folgende Regeln: Wer in einem Kreis mit besonders vielen Neuinfektionen lebt und keinen „triftigen Grund“ hat, soll einen Radius von 15 Kilometern um seinen Wohnort (maßgeblich ist die Gemeindegrenze) herum nicht verlassen. Triftige Gründe sind nach Angaben des Gesundheitsministeriums: die Ausübung beruflicher, geschäftlicher oder dienstlicher Tätigkeiten, der Besuch von Bildungs- und Betreuungseinrichtungen sowie Angeboten zur Teilhabe am Arbeitsleben, die Teilnahme an Prüfungen und nicht aufschiebbare Behördengänge, die Inanspruchnahme medizinischer, pflegerischer und veterinärmedizinischer Versorgungsleistungen, der Besuch bei Angehörigen therapeutischer Berufe sowie Blutspenden, der Besuch bei Mitgliedern des engsten Familienkreises, die Wahrnehmung des Sorge- und Umgangsrechts, die Begleitung von unterstützungsbedürftigen Personen die Begleitung Sterbender sowie die Teilnahme an Beerdigungen im engsten Familien- und Freundeskreis, die Versorgung von Tieren, die außerhalb dieses Radius stehen oder eine Bewegung außerhalb dieses Radius zwingend benötigen, die Teilnahme an rituellen Veranstaltungen der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sowie an Versammlungen, die Teilnahme an Veranstaltungen, die der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, der Rechtspflege, der Beratung von Organen öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder der Besuch von Anstalten und Stiftungen oder der Daseinsfür- und -vorsorge zu dienen bestimmt sind; dies betrifft insbesondere Veranstaltungen und Sitzungen der Organe, Organteile und sonstigen Gremien der gesetzgebenden, vollziehenden und rechtsprechenden Gewalt sowie Einrichtungen des Selbstorganisationsrechtes des Volkes wie Gemeindewahlausschüsse, die Teilnahme an unaufschiebbaren Veranstaltungen von Parteien und Wählergruppen zur Aufstellung ihrer Bewerberinnen und Bewerber nach den jeweiligen Wahlgesetzen für unmittelbar bevorstehende Wahlen, aus ähnlich gewichtigen und unabweisbaren Gründen. Grundsätzlich gilt, dass Quarantänemaßnahmen einer verschärften Überwachung unterliegen müssen. Bei Inzidenz über 200: Für wie lange darf die 15-Kilometer-Regel in Schleswig-Holstein angewandt werden? Empfohlen wird aufgrund der Eingriffstiefe der damit verbundenen Maßnahmen, die Allgemeinverfügung für sieben Tage anzusetzen. Währenddessen soll die weitere Inzidenzentwicklung vor Ort beobachtet werden, um eine zeitnahe Entscheidung über eine Verlängerung um weitere sieben Tage zu treffen bzw. veränderte Maßnahmen o.ä. zu ergreifen. Lesen Sie auch: Lockdown, Homeoffice, Maskenpflicht: So geht es in Schleswig-Holstein weiter Ab wann gilt die Pflicht, medizinische Masken zu tragen? Die meisten Schleswig-Holsteiner stecken sich zu Hause an Aktuelle Zahlen und Grafiken: So entwickelt sich das Coronavirus Corona-Liveblog: So ist die aktuelle Lage in Schleswig-Holstein Weitere Informationen zum Coronavirus erhalten Sie auf unserer Themenseite. Wie groß ist der 15-Kilometer-Radius um Kiel, Neumünster, Rendsburg und Co.? In Schleswig-Holstein hat die Stadt Flensburg derzeit die höchste Inzidenz, sie liegt bei 193 (Stand 21.01.2021). Insofern ist aktuell noch mit keiner Einschränkung des Bewegungsradius zu rechnen. Was wäre aber, wenn in Schleswig-Holstein die Inzidenzwerte auf über 200 steigen? Wir haben auf Karten den 15-Kilometer-Radius für mehrere Städte eingezeichnet. So würde der Bewegungsradius in Schleswig-Holstein eingeschränkt: Sollte die Landeshauptstadt Kiel einen Inzidenzwert von über 200 bekommen, wären Preetz und Strande noch innerhalb des Sektors, nicht aber Bordesholm und Schönberg. Wer in Rendsburg wohnt, dürfte ohne Probleme nach Büdelsdorf - nicht aber nach Nortorf oder Eckernförde. Eckernförde r könnten bei einer Einschränkung des Bewegungsradius noch nach Waabs, Gettorf, Groß Wittensee, Sehestedt und Schwedeneck. Außerhalb der 15 Kilometer liegen Schleswig, Strande, Altenholz und Kiel. Sollte um Plön herum ein 15-Kilometer-Radius eingerichtet werden, könnten die Bürger noch nach Eutin, Malente und Preetz. Nach Kiel allerdings nicht - die Landeshauptstadt liegt außerhalb des Radius. Legt man einen 15-Kilometer-Radius um Neumünster, sind Bordesholm und Notorf noch erreichbar. Die Bewegungsfreiheit würde aber nicht bis nach Kiel und Plön reichen. Für Bad Segeberg ist folgendes Szenario denkbar: Wahlstedt, Todesfelde, Trappenkamp lägen im Bewegungsradius, Lübeck nicht mehr. Ebenso Bad Bramstedt und Kaltenkirchen. Wie hoch die Inzidenzwerte in den einzelnen Kreisen und kreisfreien Städten in Schleswig-Holstein aktuell sind, erfahren Sie hier - einmal täglich aktualisiert. Ist die Bewegungsfreiheit nicht durch das Grundgesetz geschützt? Im Kern ja. „Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im gesamten Bundesgebiet“, heißt es in Artikel 11. Doch es gibt Ausnahmen - wie bei Naturkatastrophen oder zur „Bekämpfung von Seuchengefahr“. Die rechtliche Basis, um die Bewegungsfreiheit im Notfall einzuschränken, liefert das im November erneut reformierte Infektionsschutzgesetz. Zu den hier erstmals formulierten Schutzmaßnahmen gegen die Pandemie zählen neben der Maskenpflicht und einem Abstandsgebot auch „Ausgangs- oder Kontaktbeschränkungen“. Besonders schwere Einschränkungen von Grundrechten - wie Ausgangsbeschränkungen - sind laut Bundesregierung nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Zum Beispiel dann, wenn andere Maßnahmen nicht geholfen haben. Ist die Einschränkung des Bewegungsradius die einzige Maßnahme, die ab einer Inzidenz von 200 greift? Im Erlass der Landesregierung sind noch weitere Maßnahmen aufgeführt. Sie sind jeweils in Gänze umzusetzen. Der Maßnahmenkatalog stellt keinen „Bausteinkasten“ dar, aus dem einige einzelne Punkte herausgegriffen werden können und andere nicht. Welche Maßnahmen greifen bei einer 7-Tage-Inzidenz über 200 pro 100.000 Einwohner in Schleswig-Holstein? Öffentlicher Raum: Verkaufsstellen des Einzelhandels und Wochenmärkten dürfen nur noch von einer Person pro Haushalt betreten werden. Eine Begleitung ist nur durch eine erforderliche Assistenz gestattet. Kinder bis zum vollendeten 14. Lebensjahr dürfen ihre Eltern begleiten, soweit eine anderweitige Betreuung nicht gesichert werden kann Abholung vor Ort: Nur nach vorheriger Vereinbarung eines Abholtermins. Wenn die Verdichtung von Angeboten z.B. in Einkaufsstraßen oder –zentren, zu Gedränge und Ansammlungen führt: Begrenzung der Besucherzahlen entsprechend eines Hygienekonzepts und Maßnahmen zur Zugangssteuerung, insbesondere durch eine angemessene Zahl an Kontrollkräften. Zugangsmanagement zu einzelnen Bereichen des öffentlichen Raums zur Begrenzung der Personenzahl. Zugangsregelungen zur Nutzung von privaten und öffentlichen Spielplätzen. Maßnahmen zur Begrenzung von Tagestourismus. Bestattungen sowie Trauerfeiern auf Friedhöfen und in Bestattungsunternehmen: Beschränkung der Teilnehmerzahl auf 15 Personen Schulen: Schulverwaltung und Schulträger sind verpflichtet, mit der zuständigen Schulaufsicht weitergehende schulorganisatorische Maßnahmen zu ergreifen, um das Risiko einer Ansteckung mit dem SARS-CoV-2-Virus im Schulbetrieb zu reduzieren. Das Betreten von Schulhöfen außerhalb des Schulbetriebs ist untersagt. Pflegeheime und andere Angebote der Daseinsvorsorge (z.B. Eingliederungshilfe) mit vielen Personen aus dem vulnerablen Personenkreis: Risikobewertung und ggf. Anpassung des Hygieneplans nach § 36 IfSG für die Einrichtung durch regionales Ausbruchsgeschehen. Das Betreten von stationären Einrichtungen der Pflege mit Ausnahme von Hospizen ist untersagt. Ausgenommen vom Betretungsverbot sind: jeweils eine registrierte Besuchsperson pro Bewohnerin oder Bewohnern, soweit nicht ein besonderer rechtfertigender Grund für eine zusätzliche Begleitperson zwingend erforderlich ist, Personen deren Aufenthalt aufgrund einer stationären Betreuung oder pflegerischer Versorgung erforderlich ist, Personen, die für die pflegerische, erzieherische, therapeutische oder medizinische Versorgung zwingend erforderlich sind oder im Rahmen ihrer Fort-und Weiterbildung hierbei assistieren oder die Behandlung unter Anleitung selber durchführen, sowie Personen, die für die Praxisanleitung, die Praxisbegleitung und die Durchführung von Prüfungen verantwortlich sind, Personen, die für die Aufrechterhaltung des Betriebes zwingend erforderlich sind, wie beispielsweise Verwaltungsmitarbeiter, Handwerker für unaufschiebbare bauliche Maßnahmen am Gebäude, sowie Reparaturen an Infrastruktureinrichtungen, Personen, die für den Betrieb von Verpflegungsangeboten zur Versorgung der Bewohner und des Personals erforderlich sind, Personen, die Waren an einem fest definierten Punkt in der Einrichtung übergeben, Personen, die unaufschiebbare Aufgaben der Rechtspflege oder Gefahrenabwehr wahrnehmen und Personen, die eine Einrichtung aufgrund eines dienstlichen Anlasses betreten müssen. Ausgenommen vom Betretungsverbot ist der Besuch von Schwerstkranken und Sterbenden.