Bevor die Behälter bersten

"Es ist fachlich absolut geboten und sinnvoll, jetzt Düngemittel wie Gülle bei gefrorenem Boden im Sinne der Kreislaufwirtschaft auszubringen“, sagt Stephan Gersteuer. Der Generalsekretär des Bauernverbandes Schleswig-Holstein nennt Gründe: kaum Ammoniak-Emissionen, optimale Pflanzenverfügbarkeit in den kommenden zwölf Wochen, gute Befahrbarkeit. Seit September, sagt Gersteuer, hätten Landwirte die matschigen Felder nicht mehr befahren können – „das muss jetzt passieren, jetzt ist der richtige Zeitpunkt“. Doch ist das so richtig? Die neuen Bestimmungen der Düngeverordnung sehen im Grundsatz vor, dass der Boden beim Ausbringen von Düngemitteln wie Gülle, Gärrückständen oder Mineraldüngern nicht gefroren, überschwemmt, wassergesättigt oder schneebedeckt sein darf. Ob ein Landwirt nun dagegen verstößt, hängt aber von den Feinheiten der Verordnung ab. So gilt ein Boden als schneebedeckt, „wenn die Oberfläche des Bodens unter dem Schnee nicht mehr zu erkennen ist“, teilt das Landwirtschaftsministerium mit. Wenn aber der Schnee auf der Fläche, die gedüngt werden soll, „nur stellenweise gesprenkelt“ liegt, gelte der Boden als nicht schneebedeckt. „Insofern ist immer der Einzelfall zu betrachten“, sagt Sprecherin Jana Ohlhoff. Und es gibt weitere Ausnahmen: Erlaubt ist das Güllen auf gefrorenem Boden zum Beispiel, wenn anderenfalls die Gefahr von Bodenverdichtungen und Strukturschäden durch das Befahren der Fläche besteht oder keine Gefahr besteht, dass die aufgebrachte Gülle in Gewässer oder andere Flächen abfließt. Erlaubt ist dies ebenfalls auf Böden mit Pflanzendecke oder Grünland. Und wenn der Boden im Laufe des Tages mindestens einen Zentimeter auftaut und damit aufnahmefähig wird, dürfen Landwirte bei gefrorenem Boden ebenfalls auf die Felder. Dies müsse durch eine Bodenfrost-Prognose des Deutschen Wetterdienstes tagesaktuell nachgewiesen werden, so das Ministerium. Dass sich nicht jeder Landwirt an die Regeln halte, räumt Gersteuer ein: „Nicht alle machen alles richtig, das darf natürlich nicht sein.“ Angezeigte Verstöße würden das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume sowie die Umweltpolizei „grundsätzlich überprüfen, rechtliche Konsequenzen ergeben sich aus dem Strafgesetzbuch“, teilte das Ministerium mit. Auch Kürzungen von Betriebsprämien könnten die Folge sein.

Gülle im Winter - Bevor die Behälter bersten