Institut für Weltwirtschaft Kiel: Wie China seine Schuldner knebelt

Der jetzt veröffentlichen Untersuchung zufolge enthalten die Kontrakte ungewöhnliche Geheimhaltungsbestimmungen sowie Klauseln, die zulasten anderer internationaler Geldgeber gehen. 100 chinesische Kreditverträge untersucht: „Belt and Road Initiative“ heißt das Programm, mit dem China inzwischen zum größten öffentlichen Gläubiger für Entwicklungsländer aufgestiegen ist: „Die finanzierenden Staatsbanken treten als sehr versierte Kreditgeber auf, die ihre Verhandlungsmacht gekonnt zu ihrem Vorteil ausnutzen“, sagt Christoph Trebesch, Forschungsdirektor am IfW und Mitautor der Studie „How China Lends“ („Wie China Geld verleiht“). Die Autorinnen und Autoren untersuchen darin 100 chinesische Kreditverträge mit 24 Ländern. Die Forscherinnen und Forscher entdeckten die Dokumente auf Regierungswebseiten der Schuldnerländer. Der von der US-Forschungseinrichtung AidData zusammengestellte Vertragsdatensatz ist den Angaben zufolge die bislang größte Quelle für Schuldverträge zwischen staatlichen chinesischen Kreditgebern und Entwicklungsländern. „Die Diskussion um Chinas Auslandskredite hat sich bislang in einem Fakten-Vakuum abgespielt“, sagt Anna Gelpern, Professorin für Recht an der Georgetown University. Ungewöhnliche Vertragsinhalte entdeckt: Die Forscherinnen und Forscher verglichen die chinesischen Kreditverträge mit 142 öffentlich zugänglichen Verträgen anderer großer Gläubigerländer und fanden mehrere ungewöhnliche Merkmale. So enthalten chinesische Verträge weitreichende Vertraulichkeitsklauseln, die Kreditnehmer daran hindern, die Bedingungen oder manchmal sogar die Existenz der Kredite offenzulegen. Zudem gibt es Bestimmungen, die chinesischen Staatsbanken Vorrang vor anderen Gläubigern geben. Fast ein Drittel der Verträge verlangte von den Kreditnehmern, Barguthaben auf Bank- oder Treuhandkonten zu halten, die chinesische Banken im Falle eines Zahlungsausfalls beschlagnahmen können. Und nicht zuletzt geben die Verträge China auch großen Spielraum, Kredite zu kündigen, wenn es mit der Politik eines Kreditnehmers nicht einverstanden ist. Corona macht Situation für Kreditnehmer nicht leichter: „Chinas Praktiken erschweren es Ländern, die sich etwa aufgrund der Pandemie in einer finanziellen Notlage befinden, ihre Schuldensituation in den Griff zu bekommen“, sagt Trebesch. Die Autorinnen und Autoren fordern, dass Staatsschulden grundsätzlich mit Blick auf ihre Höhe und ihre Kreditkonditionen transparent und öffentlich sein müssen, damit Bürgerinnen und Bürger ihre Regierungen dafür zur Rechenschaft ziehen können.