Metall- und Elektroindustrie: 4000 Arbeitsplätze sind in Schleswig-Holstein bedroht

Das wird eine bewegte Woche für die Metallunternehmen in Schleswig-Holstein und für ihre Beschäftigten. Überschattet von massiven Konjunktursorgen, Auftrags- und Ertragseinbrüchen startet heute die dritte Tarifrunde für die Metall- und Elektroindustrie an der Küste. Während die Gewerkschaft mit Aktionen in den Betrieben den Druck auf die Arbeitgeber verstärkt, veröffentlichte deren Verband Nordmetall seine erste Konjunkturumfrage im Jahr 2021. Ihr Tenor: Die Aussichten sind schlecht, Verteilungsspielraum ist quasi nicht vorhanden. „Die Krisen-Talsohle seit dem Lockdown im Frühjahr 2020 ist längst noch nicht durchschritten, unsere Unternehmen rechnen nicht vor Mitte 2022 mit der Rückkehr zum Vorkrisenniveau“, bilanziert Nordmetall-Vizepräsident Robert Focke, die Lage in der norddeutschen Metall- und Elektroindustrie. Besonders im Schiff- und Flugzeugbau drohe angesichts weggebrochener Aufträge ein spürbarer Arbeitsplatzverlust, auch die Autohersteller und -zulieferer stünden weiter unter Druck. Kurzarbeit bewahrt vor Entlassungen: 4000 Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein bedroht: Aktuell bewahrt Kurzarbeit fast jeden zweiten Betrieb vor Entlassungen. Diese Beschäftigungsbrücke, so Focke, werde noch mindestens bis zum Herbst 2021 benötigt. Gleichwohl sieht sich der Umfrage zufolge im Schnitt jedes fünfte Unternehmen gezwungen, die Zahl seiner Mitarbeiter zu verringern. Rund 4000 Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein seien in den kommenden Monaten konkret bedroht. Dass die Gewerkschaft IG Metall in dieser Lage eine Forderung im Gesamtvolumen von rund vier Prozent auf den Tisch gelegt hat, stößt bei den Arbeitgebern auf Kopfschütteln. Schon jetzt, erklärt Focke, seien die Arbeitskosten für drei von vier Mitgliedsfirmen „der größte Standortnachteil im internationalen Wettbewerb“. Wenn die Tarifparteien einen weiteren Abbau von Arbeitsplätzen im Norden verhindern wollten, dürften sie den Betrieben keine zusätzlichen Kosten aufbürden, sondern müssten ihnen mehr Flexibilität im Personaleinsatz und in der Arbeitszeitgestaltung ermöglichen. IG Metall kämpft für in Schleswig-Holstein für Beschäftigungssicherung und Zukunft: Klar, dass die Gewerkschaft sich von solchen Aussagen nicht beeindrucken lässt. „Auch und vor allem in schwierigen Zeiten kämpfen wir für Beschäftigungssicherung und Zukunft“, sagt Stephanie Schmoliner, Erste Bevollmächtigte der IG Metall Kiel-Neumünster. Da man bislang „noch kein anständiges und die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen wertschätzendes Angebot“ bekommen habe, unterstreiche man die Forderung mit einer Aktionswoche, die heute beim Kieler Autozulieferer GKN beginnen sollte. Lesen Sie auch: Kommentar von Ulrich Metschies zum Thema: Bitte keine Streiks! Schlecht für Kunden: Lange Wartezeit und massive Preissteigerung bei Handwerkern Die Vier-Prozent-Forderung der Gewerkschaft umfasst bei einer Laufzeit von zwölf Monaten neben der Erhöhung von Entgelten und Ausbildungsvergütungen Maßnahmen zur Beschäftigungsscherung, etwa in Form einer Vier-Tage-Woche. Schmoliner: „Mit Zukunftstarifverträgen sollen auch passgenaue betriebliche Lösungen gefunden werden, die Zusagen für Investitionen, Standorte, Beschäftigung und Qualifizierung enthalten.“ Weitere Themen: die Verbesserung der Ausbildungsqualität und eine unbefristete Übernahme von Azubis und dual Studierenden. Betriebe in Schleswig-Holstein erwarten, dass sich die Auftragslage noch weiter verdüstert: Das dürften noch spannende Verhandlungen werden. Am 1. März endet die Friedenspflicht. Warnstreiks wären in der jetzigen Situation das Letzte, was die Betriebe gebrauchen können. Rund 38 Prozent der Unternehmen im Norden bezeichnen ihre Geschäftslage als unbefriedigend oder schlecht – in Schleswig-Holstein sind es 40 Prozent. Mit Abstand am härtesten trifft es den Schiffbau, dessen Betriebe die Geschäftslage nun zu 69 Prozent als unbefriedigend oder schlecht bezeichnen (Oktober: 50 Prozent), gefolgt von den Herstellern von Metallerzeugnissen (54 Prozent) und dem Luft- und Raumfahrzeugbau (50 Prozent). Unter Auftragsmangel leiden den Angaben zufolge 45 Prozent der Metall- und Elektrounternehmen im Norden. Mittlere bis sehr starke Produktionseinschränkungen erleiden 55 Prozent aller Betriebe im Norden, mit einem Spitzenwert von 68 Prozent in Niedersachsen und 52 Prozent in Schleswig-Holstein. Mehr als jeder dritte Betrieb in Schleswig-Holstein erwartet, dass sich die Auftragslage noch weiter verdüstert. Und jedes vierte Unternehmen plant in den kommenden drei Monaten einen Personalabbau. An der Umfrage nahmen 174 Firmen mit rund 94000 Beschäftigen aus Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und dem nordwestlichen Niedersachsen teil. Aus Schleswig-Holstein waren es 62 Betriebe mit 24000 Beschäftigten.