Nach Real-Verkauf: In Schleswig-Holstein stehen 1000 Jobs auf dem Spiel

Die Anspannung ist Matthias Baumgart anzuhören. Kein Wunder: Als Landesfachbereichsleiter Handel bei Verdi ist der Gewerkschafter auch zuständig für 14 Real-Märkte in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern und damit für rund 2000 Arbeitsplätze: „Natürlich haben die Beschäftigte Angst“, sagt Baumgart. Bundesweit 30 Real-Märkte sollen geschlossen werden : Angst, die ihnen niemand nehmen kann, denn die Ungewissheit könnte kaum größer sein. Über das, was mit den bundesweit 276 Märkten passieren soll, weiß auch Baumgart nur das, was durch die Medien geht: 30 Märkte sollen geschlossen, 50 Standorte für zunächst zwei Jahre unter dem Namen Real weitergeführt werden. Und nach dem allergrößten Teil der notleidenden Warenhauskette dürfen sich die Wettbewerber Edeka, Kaufland oder Rewe die Finger lecken. Für Baumgart ist der Verkauf der Noch-Metro-Tochter an einen russischen Investor ein „Sterben auf Raten“. Real ist das Sorgenkind von Metro: Seit langem schon hat der Mutterkonzern Metro die Geduld mit seinem Sorgenkind verloren. Die Trennung sei „unvermeidbar“, sagte Konzernchef Olaf Koch bei der Hauptversammlung am vergangenen Freitag. Allein 2019 habe Real 250 Millionen Euro an Barem verloren. Im vergangenen Geschäftsjahr sank der Umsatz der Warenhauskette nochmals um 100 Millionen auf 6,7 Milliarden Euro, der Verlust versechsfachte sich auf 649 Millionen Euro. Der Verkauf sei „eine schmerzhafte Entscheidung“, versicherte Koch. Doch Metro können „dieses Geschäft nicht mehr tragen“. Umsatz 2019: 6,7 Mrd. Euro Verlust 2019: 649 Mio. Euro Märkte bundesweit: 276 Beschäftigte bundesweit: 34.000 Märkte in Schleswig-Holstein: 7 Beschäftigte in Schleswig-Holstein: 1015 Lesen Sie auch: Landwirte wollen Regale leer kaufen Metro-Chef gibt Gewerkschaft Schuld: Eine Mitschuld an der Situation gibt er der Gewerkschaft Verdi, die Zugeständnisse bei den Tarifen hartnäckig verweigert habe. Ein Haustarifvertrag sei nicht durchsetzbar gewesen. Real habe aufgrund seiner Tariftreue für die 34.000 Mitarbeiter rund 30 Prozent höhere Personalkosten als die Wettbewerber tragen müssen, was einem Kostennachteil von jährlich 300 Millionen Euro entspreche. Die Gewerkschaft pocht dagegen darauf, dass der Branchentarif auch weiter für Real gelten müsse: Die Erosion der Tarifbindung im Handel könne nicht länger hingenommen werden. Lesen Sie auch: Ulrich Metschies kommentiert die Situation bei Real 2019 wurde Real in Neumünster geschlossen: Gewerkschafter Baumgart sieht Real auch als Opfer einer Unternehmenspolitik, die das Wohl der Anteilseigner stärker im Blick habe als das der Beschäftigten. In schmerzlicher Erinnerung ist ihm noch die Schließung des Real-Standortes Neumünster – rund 160 Arbeitsplätze blieben auf der Strecke. Kurz vor dem geplanten Verkauf hatte bereits der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Werner Klockhaus vor einem Kahlschlag gewarnt: „Wir rechnen mit etwa 10000 Arbeitslosen“, sagte Klockhaus der „Süddeutschen Zeitung“. Und: „Es wird ein Drama.“ SCP-Group ist neuer Eigentümer von Real: Ein Blick auf die Käufer nährt den Verdacht, dass nicht Joberhalt, sondern ehrgeizige Renditeziele vorgeben dürften, wohin die Reise geht. Denn künftiger Eigner von Real wird eine Investorengruppe unter dem Einfluss des russischen Oligarchen Wladimir Jewtuschenkow. Dessen milliardenschwere Familie kontrolliert die SCP Group, einen Finanzinvestor mit Sitz in Luxemburg. Jewtuschenkow hatte 2006 bereits versucht, bei der Deutschen Telekom einzusteigen, später auch beim Chipkonzern Infineon – beide Deals scheiterten. Der deutsche Part der neuen Eigner ist die Frankfurter Immobiliengesellschaft x+bricks. Obwohl das Unternehmen erst 2018 gegründet wurde, konnte es sich bis Ende 2019 deutschlandweit bereits Immobilien – vorwiegend im Bereich Lebensmittelhandel – im Wert von 400 Millionen Euro zusammenkaufen. Geld ist kein Problem: Finanziert wird x+bricks von der SCP Group. Noch ist der Deal nicht ganz perfekt: Komplett in trockenen Tüchern ist der Real-Deal allerdings noch nicht: Kartellamt und SCP-Aufsichtsrat müssen das Geschäft noch absegnen. So überrascht es kaum, dass SCP die Frage der Kieler Nachrichten nach der Zukunft von Märkten und Arbeitsplätzen an sich abprallen lässt: „Solange der Erwerb nicht abgeschlossen ist, ist es zu früh, über Details des Konzeptes zu spekulieren.“ Weitere Nachrichten aus der Wirtschaft finden Sie hier.

Verkauf der sieben Märkte - Real: Bangen um 1000 Jobs in Schleswig-Holstein