Öffentlicher Dienst in Schleswig-Holstein: Wo droht Streik im September?

Im Städtischen Krankenhaus Kiel und bei den Stadtwerken Kiel werden zahlreiche Mitarbeiter am Dienstag in den Warnstreik treten. Am Donnerstag dann ruft Verdi die Beschäftigten der Stadt Kiel zum Ausstand auf. Der Schwerpunkt der Aktionen wird am selben Tag aber in Schleswig liegen. Auch Hamburg wird von Streiks betroffen sein. Die Gewerkschaft setzt ihre Ankündigung um, beim Stocken der Gespräche mit den Arbeitgebern zu streiken. Die kommunalen Arbeitgeber nehmen das ernst - blicken den Ausständen aber mit einer gewissen Gelwassenheit entgegen. Die konkreten Streikpläne für Schleswig-Holstein: Die Gewerkschaft Verdi startet in Schleswig-Holstein ihre erste Warnstreikwoche in Kiel: Im Städtischen Krankenhaus Kiel beginnt am Dienstag, 22. September 2020, um 5.30 Uhr der Streik. Am Haupteingang will die Gewerkschaft in der Chemnitzstraße ihr Streiklokal aufbauen. Aber nicht nur dort soll die Mitarbeiter in den Ausstand treten: Auch bei den Stadtwerken Kiel werden die Beschäftigten, die Auszubildenden und die Praktikanten laut Verdi streiken. Der Streikbeginn ist um 8 Uhr. Als sichtbare Protestaktion soll eine Menschenkette ab 9.30 Uhr von den Stadtwerken zum Städtischen Krankenhaus Kiel aufgestellt werden. Streiks im ÖPNV nicht ausgeschlossen: Der zweite große Aktionstag in Kiel soll am Donnerstag, 24. September 2020, folgen, wenn die Beschäftigten der Stadt Kiel aufgerufen sind, die Arbeit niederzulegen. Sie sollen sich ab 9.30 Uhr am Gewerkschaftshaus in der Kieler Legienstraße versammeln, um an einem Demonstrationszug um Rathaus teilzunehmen, der um 11 Uhr beginnt. Die zentrale Kundgebung soll am Donnerstag aber in Schleswig stattfinden, zu der auch der Verdi-Bundesvorsitzende Frank Werneke erwartet wird. Dort sind die Mitarbeiter der Helios-Klinik, der Stadtwerke und des städtischen Schwimmbades sowie die zivilen Beschäftigten der Bundeswehr zum Streik aufgerufen, wie Verdi Nord-Sprecher Frank Schischefsky erklärt. Weiter soll es in Norddeutschland Streiks im öffentlichen Nahverkehr geben, Planungen dafür laufen in Hamburg und Bremen beispielsweise. Mit Stand Montag seien in Schleswig-Holstein aber keine Arbeitsniederlegungen im Nahverkehr geplant, erklärt Schischefsky, dies könne man aber auch nicht ausschließen. Die Arbeitgeberseite verweist dagegen darauf, dass man in Schleswig-Holstein sich erst im vergangenen Jahr auf einen neuen Tarif geeinigt habe, nun gelte im ÖPNV im Norden die Friedenspflicht. Tarifstreit im öffentlichen Dienst: Arbeitgeber ohne konkretes Angebot: Die Gewerkschaften wollen für die bundesweit rund 2,3 Millionen Tarifbeschäftigten 4,8 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 150 Euro mehr pro Monat. Während der Arbeitnehmerseite eine Laufzeit des Tarifvertrags von zwölf Monaten vorschwebt, soll der Vertrag nach Ansicht der Arbeitgeber bis in das Jahr 2023 gelten. Ein konkretes Angebot hatten die Arbeitgeber bei der zweiten Verhandlungsrunde am Wochenende in Potsdam nicht vorgelegt, weil aus ihrer Sicht erst die Verhandlungsrunden zu Krankenhäusern und Sparkassen abgeschlossen sein müssen. Hygienemaßnahmen gelten beim Streik: „Wir wollen in einer ersten Warnstreikrunde in dieser Woche deutlich machen, dass wir auch unter den schwierigen Rahmenbedingungen der Corona-Pandemie, die Forderungen der Beschäftigten im öffentlichen Dienst klar darstellen können und werden“, erklärte Manuel Gellenthin, der Bezirksgeschäftsführer von Verdi in Kiel-Plön. Er betont: "Wir werden natürlich die Veranstaltungen so durchführen, dass alle Hygienemaßnahmen eingehalten werden." Für die zentrale Kundgebung in Schleswig laufen die Vorbereitungen gerade. Frank Schischefsky berichtet von einem ausführlichen Hygienekonzept, so sollen auf der Fläche 300 Kreise auf dem Boden mit Abstand markiert werden, auf denen sich die Teilnehmer postieren werden. Außerdem müssten sich alle vorher anmelden. In den Krankenhäusern habe man eine Notdienstvereinbarung angeboten. "Wir werden aber in Notfällen niemanden, unabhängig von der Vereinbarung, allein lassen", so der Sprecher. Streik sei "spannende Herausforderung": Bezirkssekretär Gellenthin meint, dass diesmal im Zuge der Corona-Pandemie alles anders sei: Es könne auch sein, dass nicht nur vor Ort, sondern auch im Home-Office gestreikt werde. Das sei neu, aber eine "spannende Herausforderung", so Gellenthin weiter. "Wir nehmen den Streik schon sehr ernst, das erzwingt eine neue Spannungssituation", sagt Wilfried Kley, der Geschäftsführer des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Schleswig-Holstein. Ob angesichts der Corona-Situation die Gewerkschaft diesmal sehr viele Sympathien in der Bevölkerung für ihre Streiks ernten werde, das müsse sich zeigen. Kley merkt an, dass Streiks für Verdi auch ein Instrument der Mitgliederwerbung seien. Sonderregelung für Sparkassen: "Die Positionen liegen natürlich auseinander, aber wir haben bei der jüngsten Verhandlungsrunde keineswegs Zeit verschwendet", sagt Kley. Die Arbeitgeberseite werde vier Tage vor Beginn der nächsten Verhandlungsrunde ein ausführliches Paket vorlegen, dann habe die Arbeitnehmerseite genügend Zeit, dieses zu beurteilen. Die Lage sei eben kompliziert, auch, weil über Krankenhäuser und Sparkassen gesondert verhandelt werde. Die Sparkassen litten unter der anhaltenden Niedrigzinsphase und der Corona-Krise wie alle Banken, hier habe die Arbeitgeberseite auf gesonderte Verhandlungen gedrängt. "Da müssen wir mit Sonderregelungen für Entlastung sorgen", sagt Kley. Beide Seiten werden Zugeständnisse machen müssen: Bei den Krankenhäusern fordere dagegen die Gewerkschaft eine überproportionale Berücksichtigung im Zuge der Corona-Krise. Kley: "Natürlich haben die Beschäftigten sehr gute Arbeit geleistet. Aber es gibt dort eben die Mitarbeiter, die direkt mit Covid-19-Patienten zu tun hatten und die, die unterdurchschnittlich zu tun hatten." Zudem sei die Krankenhausfinanzierung für das kommende Jahr noch recht unsicher. Der Vertreter der kommunalen Arbeitgeber mahnt, dass man berücksichtigen müsse, was im Zuge der Corona-Krise in der Wirtschaft passiere, wo es Entlassungen gebe und vor welchen Schwierigkeiten Selbstständige stünden. Die Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst seien immerhin sicher. Kley: "Beide Seiten müssen sich am Ende von etwas verabschieden. Aber entweder wir schaffen in der dritten Runde eine Einigung – oder es muss eben eine Schlichtung geben." Am Freitag und Sonnabend hatten bereits die Beschäftigten der Post gestreikt, die in einer anderen Auseinandersetzung mit der Deutschen Post um ihren Tarifvertrag ringen. Hier waren die Kundgebungen mit Masken und Abstand durchgeführt worden. Mehr aktuelle Nachrichten aus der Wirtschaft lesen Sie hier.