Wirtschaft 2020 in Schleswig-Holstein: "Dann kam die Schockstarre"

Die Auswirkungen der Corona-Krise haben sich 2020 quer durch alle Branchen tief ins Geschäft gegraben – ob in der Industrie, vom Schiffbau bis zur Medizintechnik, in vielen kleinen- und mittelständischen Unternehmen im Land, in den Dienstleistungen mit Gastronomie und Hotellerie oder eben auch im Einzelhandel. „Wir waren Anfang des Jahres noch ganz zuversichtlich“, berichtet Knud Hansen von Intersport Knudsen, der auch Vizepräsident der IHK zu Kiel ist, in seiner persönlichen Rückschau auf das Jahr. „Doch dann kam mit dem Lockdown eine Schockstarre. Vom einen auf den anderen Tag fiel der Umsatz aus. Das ging einen ganzen Monat, bis zum 18. April.“ Es folgten Debatten über die Fläche, auf der die Geschäfte wieder öffnen durften – zunächst nur auf 800 Quadratmetern. Für Hansen erscheint das auch heute noch unverständlich. Man könne die Zahl der Kunden in einem Mode- oder Sportmarkt nicht mit einem Drogeriemarkt vergleichen, dort werde die Ware doch viel enger angeboten, während sie in seinem Sportgeschäft attraktiver präsentiert werde. „Ich gönne jedem seinen Umsatz, aber die Verhältnismäßigkeit muss doch gewahrt bleiben“, sagt Hansen. Entscheidend seien die Hygienekonzepte, die im Einzelhandel aufgestellt wurden. Einkaufen wurde in der Corona-Krise zur Notwendigkeit: Dass gleichzeitig weite Teile der öffentlichen Verwaltung geschlossen wurden, kritisiert Hansen deutlich. „Aber es gab nun einmal keine Blaupause für den ersten Lockdown. Die Politik hat konsequent entschieden, auch wenn im Nachhinein nicht alle Entscheidungen richtig waren.“ Trotz der Öffnung im Sommer ging die Entwicklung vor allem in eine Richtung: Für mehr und mehr Menschen wurde das Einkaufen vom Vergnügen zur Notwendigkeit. Daran konnte auch das Online-Shopping und die „Click & Collect“-Programme nur wenig ändern. „Das ist eine Möglichkeit, auch im Lockdown weiter zu verkaufen. Aber das Verhältnis liegt bei Click & Collect ungefähr bei fünf zu 1000 gegenüber dem Verkauf im Geschäft.“ Deshalb sei dieses Geschäft eher ein Strohhalm und ein Signal an die Mitarbeiter. Zweite Welle sorgte für Frust im Handel: Von August bis Oktober gab es noch ein leichtes Umsatzplus im Einzelhandel und auch die Lieferketten funktionierten wieder. „Wenn es so wie im Herbst weiter gelaufen wäre, dann könnte ich sagen, wir haben die Krise einigermaßen durchgestanden.“ Mit der zweiten Infektionswelle lief es aber nicht so weiter. „Das ist wirklich sehr frustrierend mit der zweiten Welle“, sagt Hansen. Dabei sei im März schon absehbar gewesen, dass es zu dieser zweiten Welle komme. „Das war fahrlässig. Man hätte alle Veranstaltungen, bei denen es Superspreader-Events kommen könnte, absagen können. Die Infektionen kamen durch private Kontakte.“ Bei Intersport Knudsen seien rund 100 Mitarbeiter tätig, die zigtausende Kontakte zu Kunden haben. Trotzdem gab es nur zwei Fälle von Corona-Infektionen, die auch noch aus dem privaten Umfeld kamen. Aus dem Einzelhandel käme die zweite Welle deshalb nicht. „Dagegen sind die Schulbusse überfüllt. Die privaten Busunternehmen, die ihre Fahrzeuge nicht einsetzen können, hätten sehr gut den öffentlichen Nahverkehr verstärken können“, sagt Knudsen. Lesen Sie auch: Anmeldung, Impfdosen, Reihenfolge: Das müssen Sie über die Impfungen wissen Diese Corona-Regeln gelten für Silvester in Schleswig-Holstein Diese Geschäfte bleiben im Lockdown in Schleswig-Holstein geöffnet Corona-Liveblog: So ist die aktuelle Lage in Schleswig-Holstein Weitere Informationen zum Coronavirus erhalten Sie auf unserer Themenseite. Knudsen rechnet nicht mit baldigem Ende des Lockdowns: Wie lange es dauert, bis sich die Lage wieder bessert, kann der Kaufmann nicht sagen. „Ich rechne jedenfalls nicht damit, dass der Handel am 10. Januar wieder öffnen kann.“ Mit dem Dezember fehle im gesamten stationären Handel die umsatzstärkste Zeit in diesem Jahr. „Die Hilfsmaßnahmen des Staates sind ja sinnvoll, aber sie müssen auch fließen. Außerdem muss es neben den Krediten auch nicht-rückzahlbare Zuschüsse geben.“ Schließlich sei die Investitionsfähigkeit vieler Unternehmen auf Jahre zerstört, weil die Rücklagen aufgebraucht wurden. Dann werde sich die Frage nach der Zukunft der Innenstädte stellen, ist auch Hansen überzeugt. „Die Politik muss eine gute Mischung innerhalb der Städte möglich machen.“