Wirtschaft in Schleswig-Holstein: Tausende Jobs hängen am Export

Die Ausgangslage ist herausfordernd: Einerseits müssen die Industrieunternehmen im Norden ihr Geschäft stärker international ausrichten, wenn sie auf Wachstum nicht verzichten wollen. Andererseits nehmen die Risiken im Auslandsgeschäft erheblich zu. Annähernd jedes zweite Unternehmen in Hamburg und Schleswig-Holstein fürchtet durch zunehmende Handelskonflikte Schrammen für das eigene Geschäft. Gleichzeitig hat der Norden noch reichlich Luft nach oben, wenn es um die Eroberung von Exportmärkten geht. Aktuell, so eine Studie der Commerzbank, betreiben 47 Prozent der Firmen aus Hamburg und Schleswig-Holstein Geschäfte im Ausland – damit liegt die Region deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 52 Prozent. Die gute Nachricht: 13 Prozent der Unternehmen im Norden haben eine Internationalisierung auf dem Radar, im Bundesschnitt sind es gerade einmal sechs Prozent. Export: China gilt als verlässlicher als die USA: Deutlich wird in der Studie auch, wie groß der Flurschaden ist, den die Regierung Trump im Vertrauensverhältnis zu norddeutschen Unternehmen hinterlassen hat: Inzwischen bewertet die heimische Wirtschaft die Verlässlichkeit des Handelspartners China höher als die der Vereinigten Staaten. Nicht wenige Unternehmen fühlen sich alleingelassen in einer Welt mit immer mehr Risiken. „Die Firmen im Norden erwarten, dass sich die Politik intensiver für deutsche und europäische Interessen einsetzt“, sagt Joerg Meinz, Firmenkundenchef der Commerzbank-Niederlassung Schleswig-Holstein. Gefordert werde von nahezu allen befragten Unternehmen eine einheitliche europäische Haltung im Wirtschaftsstreit mit den USA. Wie bedeutend das Auslandsgeschäft für die Sicherung von Arbeitsplätzen ist, zeigt eine Zahl, die aus einer aktuellen Auswertung der Hypovereinsbank hervorgeht: Allein im Bezirk der Industrie- und Handelskammer Kiel stehen rund 27.000 Jobs in direktem Bezug zum Außenhandel – das entspricht jedem elften Arbeitsplatz, Tausende von Beschäftigten bei Zulieferunternehmen noch gar nicht mitgerechnet. Lesen Sie auch: Rüstungsindustrie mit mehr Personal Unternehmen müssen internationale Expansion vorantreiben: Allein das verarbeitende Gewerbe in der Region erwirtschaftet rund 3,5 Milliarden Euro im Exportgeschäft. „Das internationale Geschäft ist für den Wirtschaftsraum essenziell“, sagt Andreas Steuck, der das Firmenkundengeschäft der Hypovereinsbank in Schleswig-Holstein leitet. Da die Wirtschaft außerhalb Deutschlands stärker wächst als hierzulande, müssten die Unternehmen ihre internationale Expansion auf jeden Fall weiter vorantreiben. In diese Kerbe schlägt auch Werner Koopmann, Außenhandelsexperte der IHK Schleswig-Holstein. „Unsere Industrie ist international gut aufgestellt, doch viele Firmen schrecken vor Geschäften mit Nicht-EU-Staaten noch zurück.“ Diese Hürde könne in der Regel jedoch durch Beratung und Hilfe bei der Herstellung von Kontakten schnell überwunden werden. Dass China aus Sicht vieler Unternehmer im Norden inzwischen ein verlässlicherer Handelspartner ist als die USA, überrascht Koopmann nicht: „Noch ist Schleswig-Holstein von Handelssanktionen der USA nicht getroffen, doch immer neue Drohkulissen aus Washington wirken nach wie ein schlechtes Parfum.“ China sei mit einer Vielzahl strikter Regularien sicher kein einfacher Partner: „Aber er ist langfristig gut berechenbar.“ Zentral- und Osteuropa gewinnen für Schleswig-Holstein an Bedeutung: Trotz wachsender Unsicherheit auf vielen Auslandsmärkten: Die Internationalisierung, so Hypovereinsbank-Manager Steuck, biete der heimischen Wirtschaft die Chance, von den häufig höheren Wachstumsraten außerhalb Deutschlands zu profitieren. Diese Einschätzung stützen Daten des Internationalen Währungsfonds (IWF), denen zufolge sich der Anteil Deutschlands am weltweiten Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 5,6 Prozent im Jahr 1992 auf 2,8 Prozent 2024 halbieren wird. Steuck: „Um im globalen Wettbewerb zu bestehen, bauen daher auch viele mittelständische Unternehmen ihr internationales Geschäft weiter aus und investieren im Ausland.“ Mit Blick auf die wichtigsten Handelspartner für die schleswig-holsteinischen Unternehmen zeige sich, dass insbesondere Zentral- und Osteuropa zunehmend an Bedeutung gewinnen. Während die Exporte in die fünf wichtigsten Exportmärkte Schleswig-Holsteins zwischen 2013 und 2017 nahezu stagnierten, stiegen die Ausfuhren in die Tschechische Republik, nach Ungarn, Rumänien, Bulgarien und Serbien um durchschnittlich mehr als sieben Prozent pro Jahr. Weitere Nachrichten aus der Wirtschaft finden Sie hier.

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