Bürgerbüro Neumünster: Immer noch elf Wochen Warten auf Termine

Die Stadt Neumünster bekommt das Problem einfach nicht in den Griff: Noch immer müssen dei Menschen oft monatelang warten, um einen Termin im Bürgerbüro zu bekommen. Wer es einfach mal versucht und sich morgens am Rathaus anstellt, kann Glück haben und eine freie Lücke erwischen – oder Pech und stundenlang vergeblich warten. Wer beispielsweise am Mittwochvormittag, 11. April, versuchte, auf der Internetseite der Stadt einen Termin zu bekommen, um einen Reisepass oder einen Behinderten-Parkausweis zu beantragen oder sich innerhalb von Neumünster umzumelden, bekam ein Angebot für den 1. August – also in zwölf Wochen. Personal wurde im Bürgerbüro Neumünster bereits aufgestockt: Seit Jahren besteht dieses Problem im Bürgerbüro. Seit September 2020 geht im Regelfall alles nur auf Termin. Der frühere Oberbürgermeister Olaf Tauras (CDU) und sein Nachfolger Tobias Bergmann (SPD) versuchten immer wieder, an Stellschrauben zu drehen, aber nichts davon hat bislang nachhaltig gegriffen. Im März 2021 wurde das Personal aufgestockt, als die Wartezeit auf Termine drei Wochen betrug. Ein Seniorenschalter wurde eingerichtet und wieder abgeschafft. Seit März kann man sich wieder wie früher an vier Tagen in der Woche morgens im Bürgerbüro im Alten Rathaus anstellen und auf eine freie Lücke im Kalender der Sachbearbeiter hoffen. Joost: „Es wirkt auf mich, als müssten die Mitarbeiter vor ihren Bürgern geschützt werden“: Seit Mitte April 2022 bietet die Stadt an, seine fertigen neuen Ausweispapiere auch ohne Termin in der Information unter den Rathaus-Arkaden abzuholen – immer mittwochs von 8 bis 11 Uhr. Die Stadt warnt aber gleichzeitig vor: „Da es hier nur begrenzte Kapazitäten gibt, kann nicht garantiert werden, dass bei starkem Zulauf alle Bürger bedient werden können. Es ist mit längeren Wartezeiten zu rechnen. Die Abholung per Online-Terminierung bleibt der Regelfall.“ Jürgen Joost, Ratsherr der Liberal-Konservativen Reformer (LKR), ist genervt von diesen Zuständen und verlangt in der Ratssitzung am 21. Juni Auskunft von der Verwaltung per Großer Anfrage. „Anlass sind mehrere direkte Beschwerden von Bürgern, die an mich herangetragen worden sind. Aber auch die Diskussion in sozialen Netzwerken zeigt mir große Unzufriedenheit“, so Joost. Die Distanz zwischen Bürgern und Verwaltung und die Unzulänglichkeiten im Bürgerservice, die schon vorher bestanden habe, sei seit Corona deutlich gewachsen. „Dieser Zustand kann niemanden zufriedenstellen – bei allem Verständnis für eine durch Corona bedingte Vorsicht.“ Joost stellt der Verwaltung Fragen: Wann werden das Bürgerbüro sowie weitere städtische Dienststellen mit direktem Kontakt zum Bürger wieder – wie vor der Corona-Pandemie – ohne Voranmeldung aufzusuchen sein? Wie lange soll der Zutritt noch über eine externe Sicherheitsfirma geregelt werden? Und welche Pläne bestehen in der Verwaltung, um die Kontaktbeschränkungen zwischen Bürgern und Verwaltung wieder zu beseitigen und digitale Angebote weiterzuentwickeln? Lesen Sie auch Selbstversuch: Ein neuer Personalausweis im Bürgerbüro Kiel Der Steuerzahler habe die Erwartung an die von ihm finanzierte Verwaltung, dass die ihm als bürgerfreundlicher Dienstleister begegne. Joost: „Ein unzulänglicher, behäbiger und unerträglich langsamer Apparat, der die Zeit seiner Bürger vergeudet, wird zu Recht nicht akzeptiert.“ Der Ratsherr ist auch mit dem externen Sicherheitsdienst im Bürgerbüro unzufrieden, dies sei eine Barriere zwischen Bürgern und Verwaltung. „Spätestens seit dem Auslaufen fast der meisten Corona-Einschränkungen wirkt das mehr als deplatziert. Es wirkt auf mich, als müssten die Mitarbeiter vor ihren Bürgern geschützt werden.“ Joost findet auch, dass der neue OB Tobias Bergmann das Problem endlich lösen müsse. Dieser hatte es zur Chefsache erklärt. Joost: „Tobias Bergmann hat die Baustelle nicht geschaffen, sondern sein Vorgänger. Seit seinem Amtsantritt ist es jedoch auch zu seiner Baustelle geworden.“