Zu hohe Tierschutz-Auflagen: Hundeausstellung "Neumünster wedelt" abgesagt

Nach zwei Jahren Corona-Pause sollte es endlich wieder losgehen für die Hundefreunde. „Neumünster wedelt“ fand seit mehr als 20 Jahren in den Holstenhallen Neumünster statt und war eine der größten Zuchtschauen im Norden. Der Landesverband für das Deutsche Hundewesen (VDH) als Veranstalter hat wenige Wochen vor der Messe die Reißleine gezogen. „Sie haben alle die Diskussionen um die geänderte Tierschutz-Hundeverordnung verfolgt, die in den letzten Wochen intensiv geführt wurde. Noch ist unklar, welche Rassen wirklich vom Qualzucht-Paragrafen betroffen sind“, teilt die Ausstellungsbeauftragte des VDH Nord, Doris Milkert, den bereits angemeldeten Ausstellern mit. „Angesichts der Lage und der Aussichten“ könne man als kleiner Landesverband das finanzielle Risiko, das mit einer internationalen Hundeausstellung verbunden ist, „nicht tragen“. Neues Tierschutzgesetz machte harte Vorgaben: Hintergrund der Entscheidung ist das neue Tierschutzgesetz vom 1. Januar. Es verbietet unter anderem, Hunde auszustellen, die aus so genannten „Qualzuchten“ stammen – etwa Tiere mit deformierten Nasen wie Möpse, Französische Bulldoggen oder die an Ohren oder Ruten beschnitten (kupiert) sind. Viele Punkte des Gesetzes sind umstritten und offenbar Auslegungssache. Statt der früher üblichen 2500 waren nur rund 700 Hunde zu „Neumünster wedelt“ angemeldet worden – nach Einschätzung von Fachleuten zum Teil aus Verunsicherung, aber zum Teil auch aus Protest gegen die Vorschriften. Die Stadt Neumünster bezog ihre Position zum Thema: Die Vorgaben, einzuhaltenden Regeln und angedrohten Strafen waren auf 26 Seiten zusammengefasst. Eine Antwort wurde innerhalb von sieben Tagen erwartet. So sei etwa jeder Hund auf dem Gelände zuvor tierärztlich zu untersuchen, auch Besucherhunde. Der Veranstalter sollte die Verantwortung für die Einhaltung aller Regeln übernehmen. Doch das war dem VDH Nord zu riskant, auch viele Aussteller zogen daraufhin ihre Anmeldung zurück. Andere Städte sind pragmatischer als Neumünster: In anderen Städten werde das neue Gesetz viel pragmatischer ausgelegt, heißt es nun vom VDH. So harte Regeln gäbe es nur in Neumünster. Die hiesige Veterinärbehörde hat schon lange den Ruf, härter durchzugreifen als andere Kreise und kreisfreie Städte. So machte die Behörde 2016 das Tierheim Neumünster gleich ganz zu und 2018 noch einmal. Die Pferdezuchtverbände der Holsteiner und Trakehner hatten 2021 größte Mühe, ihre Körveranstaltungen in den Holstenhallen umsetzen zu dürfen – und brauchten dafür die Vermittlung der Landesregierung. Manche Hengste waren nach neuen Tierschutzregeln zu jung, um vor Publikum präsentiert zu werden. In diesem Jahr soll der Trakehner Hengstmarkt voraussichtlich um ein paar Wochen verschoben werden, damit auch die spät geborenen Hengste des Jahrgangs 2020 im Sinne der Vorgaben alt genug sein werden. Der Holsteiner Verband legt seine traditionelle Hengstkörung vom Oktober in den Februar und mit einer anderen Veranstaltung zusammen. Die Stadt teilt auf Anfrage ihr Bedauern darüber mit, dass der VDH Nord die beliebte Messe „Neumünster wedelt“ abgesagt hat. Stadtsprecher Stephan Beitz bestätigt das Schreiben mit zahlreichen Vorgaben an den Veranstalter: „Dem Tierschutz wird vom Gesetz her ein immer höherer Stellenwert zugesprochen, und wir möchten ein Messestandort sein, bei dem der Tierschutz und die Einhaltung der geltenden Rechtsgrundlagen hochgehalten werden.“ Neumünster wolle gern weiter Gastgeber der überregionalen Hundeausstellung sein. „Daher haben wir die Veranstalter bereits vor und unabhängig von der Absage zu einem Gespräch eingeladen, um eine tragfähige Lösung für die Zukunft zu erzielen“, so Beitz. Der VDH hat nun trotz der Absage eine Menge zu tun. „Selbstverständlich erhalten Sie bereits gezahlte Meldegelder zurücküberwiesen. Da wir alle ehrenamtlich tätig sind, bitte ich jedoch um etwas Geduld“, teilte die Ausstellungsbeauftragte Doris Milkert den Ausstellern mit. Und: „Wir haben uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht! Bleiben Sie uns gewogen!“