Kassierer in Sehlendorf: „Man muss sich ein dickes Fell zulegen“

Frau Müller, wie viele Strandwächter haben Sie? Gerlinde Müller: Wir kommen mit zwei Hauptkassierern in der Vor- und Nachsaison aus. Aber nicht jetzt in der Sommerzeit. In Spitzenzeiten, wenn alle Schüler und Studenten als Aushilfe da sind, stehen sechs Kassierer zur Verfügung. Fünf sind gleichzeitig vor Ort. Wie lang war die längste Autoschlange, die Sie hier gesehen haben? Die längste reichte bis nach Sechendorf über das Sehlendorfer Kreuz hinweg. Dann haben wir dicht gemacht. Ich habe auch gehört, dass die Autos einmal bis nach Kaköhl standen. (Eine Strecke von drei Kilometern. Anmerk. d. Red.) Wie arbeiten Sie so eine Flut von Autos ab? Stück für Stück. Einfach nacheinander. Der erste Kassierer nimmt sich zwei Autos. Der nächste Kassierer die nächsten zwei. Wenn der Andrang von Badegästen zu Fuß groß ist, steht ein dritter Kassierer auf dem Fußweg. Manchmal muss einer von ihnen auch an den Schranken aushelfen. Schranke hoch, ein Auto durchfahren lassen. Wenn die Schranken vor dem Parkplatz unten sind, heißt das? Wenn die Schranken unten sind, ist der Parkplatz voll. Am Behelfsparkplatz oben steht dann ein Kollege und lenkt die Autos da rein. Es fahren trotzdem noch viele runter. Zu hören bekommen wir „Ich muss nur in die Tourist-Info“ oder „Ich muss nur etwas abgeben“. Erleben Sie auch ungeduldige Menschen? Selbstverständlich. Beispiel: Die Schranke ist runter. Es kommt jemand mit dem Auto. Dann heißt es: „Der Autofahrer ist doch gerade da rausgefahren. Lassen Sie mich doch bitte da rein.“ Die Schranken bleiben trotzdem unten. Auch noch die nächsten zwei Stunden. Es macht keinen Sinn, einen her einzulassen, der eine Viertelstunde auf den Parkplätzen herumeiert, um sich diese Lücke zu suchen. Das machen wir nicht. Die müssen wieder nach oben. Gibt es noch andere Tricks, direkt am Strand zu parken? Die Aussage hören wir auch: „Mein Vater ist gehbehindert. Ich muss jetzt hier parken.“ Aber es wird kein Behindertenausweis vorgezeigt. Dann sagen wir: Da ist eine Bank. Lassen Sie Ihren Vater bitte aussteigen und dort warten. Sie fahren nach oben und kommen wieder herunter. Wird es manchmal gefährlich? Wenn mit quietschenden und durchdrehenden Reifen weggefahren wird, weil die Gäste bockig und böse sind, dann muss man aufpassen, dass man die hochfliegenden Steine nicht abkriegt. Was war das schlimmste Erlebnis, was sie durchmachen mussten? Beleidigungen. Sie werden beleidigt? Ja, natürlich. „Blöde Kuh“ oder so. Aber keine Fäkalsprache. Die Menschen haben vielleicht eine halbe Stunde in der Schlange gestanden vom Sehlendorfer Kreuz bis nach unten, bis sie dann hören: Die Parkplätze sind voll. Er muss wieder nach oben. Wie hält man das aus? Man muss sich ein dickes Fell aneignen und hoffen, dass es bald regnet. (Lacht) Aber es ist ein Kunde und man muss versuchen, sich nicht reizen zu lassen. Wenn man selbst schwitzt und den Kopf voll hat, ist das nicht immer einfach. Haben Sie auch etwas Nettes erlebt? Ja, klar. Ein Eis oder eine Tasse Kaffee, die man ausgegeben bekommen hat. Um das noch einmal zu sagen: 98 Prozent der Leute, die an den Sehlendorfer Strand kommen, akzeptieren es, wenn die Plätze belegt sind, und sind freundlich. Haben Sie noch andere besondere Erlebnisse gehabt beim Kassieren? Ein sehr wohlbekannter Bürger aus Lütjenburg, der eine Anwohnerkarte für 25 Euro im Jahr bekommen kann. Die müssen immer den originalen Jahresaufkleber vorzeigen. Eines Tages kommt dieser Kunde, hat seine Karte in der Hand und seinen Daumen auf der Marke. Und dahinter noch eine zweite Karte. „Zeigen Sie mir bitte die zweite Karte richtig.“ Da war auch der aktuelle Jahresaufkleber 2021. „Nehmen Sie auch bitte einmal den Daumen weg.“ Da war der Aufkleber von vor zwei Jahren zu sehen. Und der Mann kommt oft an den Strand. Der hat das mit dem Daumen auf der Marke zwei Saisons lang gemacht, nur um die 25 Euro im Jahr zu sparen. Das war eine Unverschämtheit. Die Leute versuchen zu tricksen für 25 Euro. Dabei ist darin das Parken schon mit enthalten. Wir haben im Augenblick 30 Grad im Schatten. In der Sonne ist es noch heißer. Welche Tricks haben sie, um mit den hohen Temperaturen umzugehen? Wir wechseln zwischendurch. Reinkommen in die Tourist-Info. Eine halbe Stunde Pause. Ich habe heute Melonen und Eis gekauft. Es gibt eisgekühlte Melonen zum Schnabulieren zwischendurch. Das muss einfach sein. Was ich persönlich liebe, morgens um 7.30 bis 8.30 Uhr draußen zu stehen. Dann kann man den Schatten des Gebäudes der Tourist-Info ausnutzen. Wo machen Sie am liebsten Urlaub? Gran Canaria. Im letzten Jahr wegen Corona nicht, aber sonst regelmäßig.