Landfrau aus Lindau zieht positive Bilanz der Frauenarbeit auf dem Lande

Eigentlich wollte sich Heike Kühl am Ende der 1980er-Jahre nur zur Weihnachtsfeier anmelden und trat deshalb dem Landfrauenverein in Gettorf bei. Dann ließ sie die aktive Truppe nicht mehr los. Die Veranstaltungen und die Fortbildungen fand sie klasse. Und sie nutzte die Chancen selbst. Bis heute ist sie Landfrau mit Leib und Seele. Den Vorsitz im Landfrauenverein Gettorf und Umgebung, den sie seit 2006 führt, gibt die 61-Jährige aus Großkönigförde in Lindau jetzt trotzdem gern ab. Vorstandsarbeit für Landfrauen macht sie seit 23 Jahren Ein bisschen abgelegen scheint Großkönigsförde auf den ersten Blick. Auf schmalen Straßen erreicht man den idyllischen Ortsteil am Nord-Ostsee-Kanal. Und der Bauernhof Kühl am Dithmarscher Weg, den Heike Kühl und ihr Ehemann nicht mehr bewirtschaften, auf dem sie aber leben, liegt erst recht romantisch. Lesen Sie auch Gut Augustenhof: Die erste Spargelernte hat begonnen Selbstversuch Spargelstechen in Osdorf: So stellt sich der Reporter an Die Ruhe täuscht. Die Lindauerinnen sind umtriebig. „Seit der Gründung unseres Landfrauenvereins 1965 kamen alle vier Vorsitzenden aus unserer Gemeinde“, klärt Kühl auf. Außerdem spielt sich ein guter Teil des Gemeindelebens im Großkönigsförder Lindenkrug ab. Es gibt eine eigene Freiwillige Feuerwehr. Und die Kanal-Verbreiterung beschert jetzt einen neuen Parkplatz am Gasthof, über den sich auch Touristen freuen, die mit am Kanal radeln und wandern wollen. Frauen auf dem Bauernhof waren emanzipierter als in der Stadt: „Hier will man nicht weg“, sagt Heike Kühl mit fester Stimme. Dabei war sie einst „ein Stadtkind“. Vor 40 Jahren zog sie der Liebe wegen zu ihrem künftigen Mann Torsten aufs Land. Klar, dass sie auch mitgearbeitet hat auf dem Hof. „Dass Frauen in der Landwirtschaft immer emanzipierter sein mussten als in der Stadt, wurde mir da erst klar“, setzt sie hinzu. „Schließlich ist es meist die Frau, die die Buchführung macht.“ Auch sie tat es. Mit ihrem Mann zog zudem drei Kinder groß. Heute haben Kühls vier Enkel. „Und unser Schwiegersohn wird den Hof später übernehmen“, ergänzt sie freudig. In Gettorf und Umgebung sind Landfrauen besonders engagiert: Als die gelernte Reiseverkehrskauffrau zum Landfrauenverein stieß, war sie gleich begeistert, dass er kein Kaffee-Kränzchen war. „Landfrauen machen sich stark für Fort- und Ausbildung von Frauen, die auf dem Lande – und keineswegs nur auf dem Bauernhof – leben“, fasst sie zusammen. Dazu gehörten nicht nur Kurse in Buchführung und ländlicher Hauswirtschaft, sondern auch Computerwissen oder kommunalpolitische Bildung sowie der gemeinsame Einsatz für Gleichberechtigung und gleiche Bezahlung. Der Landfrauen-Verein Gettorf und Umgebung stellt sich ganz neu auf. Am Mittwoch, 4, Mai, ist um 19 Uhr Jahresversammlung im Gettorfer Hotel Stadt Hamburg. Zunächst beginnt der Abend traditionell, nämlich mit einem Imbiss. Dafür zahlen die Teilnehmerinnen einen Beitrag von 12 Euro. Auch Gäste sind willkommen. Danach „wird alles anders“, wie die bisherige Vorsitzende Heike Kühl sagt. Die 61-Jährige kandidiert nicht mehr für den Vorstand. Nach den Jahresberichten für 2020/21 soll die Satzung geändert werden, damit der Vorstand künftig aus einem echten gleichberechtigten vierköpfigen Team besteht. Posten wie erste und zweite Vorsitzende sowie Kassenwartin und Schriftführerin sind damit aufgehoben. Gleichwohl werden Aufgaben verteilt. Vorgesehen sind als Team vier Frauen. Kandidatinnen haben sich dafür gefunden. Dazu werden noch zwei Beisitzerinnen gewählt. Derartige Bildungsangebote werden über den Kreis- sowie Landesverband vermittelt. Kühl ergriff 1999 die Chance und ließ sich zur Botschafterin für heimische Produkte fortbilden. Das bescherte ihr einen Job in der Käserei in Holtsee. 13 Jahre lang leitete sie mit Freude Führungen. 1999 landete sie außerdem „ziemlich unvermittelt“ als Beisitzerin im Landesvorstand der Landfrauen. Ab 2002 führte sie im Kreisverband die Kasse, bevor sie Vorsitzende auf Ortsebene wurde. „Ich habe mich gern runtergearbeitet“, sagt sie verschmitzt und ergänzt: „Die Basis ist meine Sache.“ Lesen Sie auch Eckernförde: Warum die Stadtfleischerei Johannsen aufhört Hier werden unter anderem Vorträge, Reisen mit Bildungscharakter, Tagesfahrten organisiert. Musical-Ausflüge, besondere Abende in der Kochschule, Wissen über gesundheitliche Vorsorge, ein Besuch der Feuerwache Gettorf mit Feuerlöschübung, Reifenwechsel – all das bieten und boten die Landfrauen Gettorf und Umgebung. „Das ist für alle Frauen im ländlichen Raum interessant“, resümiert Kühl. „Nur zehn Prozent unserer 200 Mitglieder kommen heute aus landwirtschaftlichen Betrieben. Wir wollen das Leben aller Frauen auf dem Land reicher machen.“ Ihr hat das viele Organisieren Freude gemacht. „Es ist auch toll, dass da der ganze Vorstand und die Vertrauensdamen mitziehen. Aber mir reicht es jetzt. Ich brauche endlich mehr Zeit für die Familie.“ Dass „ihre“ Frauen künftig ein gleichberechtigtes Vorstandsteam bilden wollen, findet sie prima.