380kV-Ostküstenleitung: Staatssekretär Tobias Goldschmidt dämpft Hoffnungen in Henstedt-Ulzburg

Die geplante 380kV-Leitung durch Henstedt-Ulzburg ist den Kommunalpolitikern schon lange ein Dorn im Auge – die Landesregierung in Kiel allerdings setzt weiter auf die vom Übertragungsnetzbetreiber Tennet eingereichten Trasse der Ostküstenleitung. „Ich sehe nichts, was die Planung verzögern wird“, erklärte Tobias Goldschmidt, Staatssekretär im Kieler Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung (Melund), am Montagabend im Planungsausschuss der Gemeinde Henstedt-Ulzburg. Tobias Goldschmidt (Bündnis 90/Die Grünen) war zu Gast im Ausschuss, ebenso Vertreter des Unternehmens Tennet. Sie mussten sich den wieder einmal kritischen Fragen der Kommunalpolitiker stellen. Die Henstedt-Ulzburger fordern, dass die 380kV-Leitung an die geplante Autobahn 20 von Bad Segeberg nach Bad Bramstedt gelegt wird und nicht durch Henstedt-Ulzburg führt. „Wir weigern uns, ,Stromcity’ zu werden“, erklärte Michael Meschede (CDU). Auch die Ankündigung von Tennet, das vorgesehene Erdkabel im Bereich der Pinnauwiesen mit einem neuen Verfahren schonender in die Erde zu legen und damit das Biotop zu schützen, besänftigt die Politiker nicht. Meschede sieht in dieser Änderung keinen Erfolg, das Verfahren, wie das Erdkabel verlegt werde, „ist nicht maßgeblich“, meinte der Christdemokrat. Er und seine Fraktion lehnen generell die Stromleitung durch den Ort ab – egal ob über oder unter der Erde. Staatssekretär Goldschmidt hingegen begrüßt das neue Bohrverfahren. „Andere Kommunen kämpfen für ein Erdkabel. Das hat Henstedt-Ulzburg auch mal gemacht“, erinnerte Goldschmidt. Die bestehende Planung werde derzeit überarbeitet und im Juni erneut ausgelegt. So sieht es das laufende Planfeststellungsverfahren vor. Nach Auskunft des Ministeriums-Vertreters werde dann die Aufsichtsbehörde die von Tennet eingereichten Pläne prüfen und entweder das Okay geben oder nicht. „Das ist jetzt die Situation“, sagte Goldschmidt. Der Kommune bleibe immer noch der Klageweg, „und dann ist das so“, erklärte Goldschmidt. Er sehe aber keine Anhaltspunkte dafür, dass der Antrag von Tennet falsch oder nicht genehmigungsfähig sei und machte so – ohne es auszusprechen – seine Einstellung zur Trasse der Ostküstenleitung klar. Die Ostküstenleitung sollte 2021 fertig sein: Staatssekretär Goldschmidt erinnerte an die Notwendigkeit der Energiewende, die seit dem Krieg in der Ukraine und der Diskussion um die Abhängigkeit von Energielieferungen aus Russland neuen Schwung bekommen habe. Es dürfe nicht mehr zehn Jahre dauern, bis eine Planung abgeschlossen sei und es in den konkreten Bau der Anlagen komme. Verfahren sollten, das sei auch die Ansage aus Berlin, deutlich beschleunigt werden. Tennet hatte bei der ersten Vorstellung der Ostküstenleitung vor Jahren noch das Ziel der Umsetzung bis zum Jahr 2021 vorgegeben. „Die Leitung müsste jetzt schon unter Strom stehen“, mahnte Goldschmidt. Aber nicht mal das Planungsverfahren sei bisher abgeschlossen. Jens Iversen (BFB) forderte klares Statement des Staatssekretärs: Jens Iversen (Wählergemeinschaft BFB) setzte sich wie üblich laut und deutlich für eine Verlegung der Ostküstenleitung ab Bad Segeberg in Richtung Bad Bramstedt ein, dort, wo möglicherweise die Autobahn 20 entlang führen wird. „Wir glauben, dass es die wirtschaftlichere und technisch bessere und vom Verfahren her schnellere Trasse ist“, stellte Iversen klar und versuchte, Goldschmidt aus der Reserve zu locken. Was denn seine persönliche Meinung zur A20 sei, fragte Iversen mehrfach nach. „Werden Sie sich in einer neuen Regierung dafür einsetzen, dass die A20 weiter gebaut wird?“ Tobias Goldschmidt machte deutlich, „dass Sie den Staatssekretär eingeladen haben, nicht den Parteipolitiker“ – und schwieg dazu. Tim Klages, Tennet-Projektleiter für die Ostküstenleitung, musste gegen das Misstrauen der Henstedt-Ulzburger Politiker argumentieren. Er erläuterte, wie die geplanten Zufahrten unter anderem zum dann zehn Hektar großen neuen Umspannwerk im Bereich Beckershof an der Autobahn 7 aussehen werden, welche Verhandlungen mit Grundeigentümern derzeit laufen und dass für den Trassenabschnitt im Bereich Kisdorf alles so bleibe wie geplant. „Das hört sich alles einfach an, die Realität ist aber eine andere“, behauptete Tile Abel (BFB) und berichtete, dass Tennet im Zuge einer anderen Stromtrasse Schäden nicht beglichen habe. „Glauben Sie, dass man Sie noch auf einen Acker lässt?“, fragte der Landwirt, der am Beckershof lebt und arbeitet. Klages gab zu, dass sich Schäden nicht verhindern lassen würden. Tennet sei aber verpflichtet, diese auszugleichen oder instandzusetzen. Staatssekretär Tobias Goldschmidt erinnerte die Zuhörer daran, dass die gesicherte Energieversorgung von öffentlichem Interesse sei. Am Ende könnte, so der Vertreter des Kieler Ministeriums, die Enteignung stehen. Stephan Holowaty, Vorsitzender des Planungsausschusses, fragte Goldschmidt und Klages zunächst, welchen Ausgleich Henstedt-Ulzburg denn erhalten könnte, wenn die Ostküstenleitung samt Umspannwerk komme, um dann festzustellen: „Wir erkennen für uns keinen Vorteil.“ Ex-Gemeindevertreter Kurt Göttsch kritisiert Landtagsabgeordnete: Ein Kenner der Henstedt-Ulzburger Politik und des Themas Ostküstenleitung meldet sich über KN-Online zu Wort: Kurt Göttsch, ehemaliger Gemeindevertreter zunächst der WHU und dann der neu gegründeten Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, geht mit beiden Henstedt-Ulzburger Landtagsabgeordneten Ole-Christopher Plambeck (CDU) und Stephan Holowaty (FDP) hart ins Gericht. Beide hätten sich seiner Meinung nach in Kiel nicht dafür eingesetzt, dass die Ostküstenleitung an die A20 verlegt werde. Oder „wann haben die Landtagsfraktionen der CDU und der FDP beschlossen, dass die 380 kV-Leitung an die A20 verlegt werden soll?“. Stattdessen ein großes Umspannwerk in Bad Bramstedt? An Plambeck richtet Kurt Göttsch die Frage, ob dessen Wähler in Bad Bramstedt darüber informiert seien, dass bei einer Trassenverlegung an die A20 ein Umspannwerk für die 380kV-Leitung möglicherweise in ihr Stadtgebiet gebaut werden könnte. Göttsch fordert die Henstedt-Ulzburger Politiker außerdem auf, das neue Bohrverfahren der Tennet in den Pinnauwiesen als Erfolg anzunehmen. Die Trasse durch Henstedt-Ulzburg ist seiner Meinung nach nicht mehr zu verhindern. Göttsch verfolgte die Sitzung per Livestream und verweist auf eine Aussage von Staatssekretär Goldschmidt. Demnach stehe die Landesregierung hinter dem vorgesehenen Trassenverlauf.