Boostedt 2030: Einwohner nennen Interessen auf Rundgang zur Ortsentwicklung

„Ich fühle mich hier grundsätzlich wohl“, sagt Karen Grönning über ihren Wohnort. Sie lobt die schnelle Anbindung Boostedts zur A7 und die AKN, Einkaufsmöglichkeiten und Ärzte findet sie im Ort. Aber sie sieht auch Probleme: Kita- und Krippenplätze sind rar. Wenn ihr achtjähriger Sohn zum Sport geht, muss er die gefährliche Bahnhofstraße passieren. An diesem Tag hat sie Gelegenheit, all ihre Themen vorzubringen. Gemeinsam mit rund 70 anderen Einwohnern macht Karen Grönning einen Ortsrundgang. Die zweieinhalbstündige Tour mit anschließendem Workshop gehört zu den Schritten, an deren Ende das Planungsbüro Cima aus Lübeck einen Ortsentwicklungsplan vorlegen will; Arbeitstitel: „Boostedt 2030“. „Schön, dass man so einen Tag macht“, findet Grönning. Selbst hat sie sich noch nicht beteiligt, obwohl sie sich als Geografin mit Plänen auskennt. „Wenn man Änderungen haben will, muss man den Fuß vor die Tür setzen“, das ist ihr klar. Boostedt 2030-Rundgang mit reger Beteiligung: Die Beteiligung ist rege. An jedem Punkt des Rundgangs werden Vorschläge gesammelt, entspinnen sich Diskussionen. Was soll mit der Feuerwache passieren, wenn die Brandschützer ihren geplanten Neubau bezogen haben? Eine Café-Terrasse auf dem Flachdach? Co-Working-Space für Heimarbeiter? Mitmach-Werkstätten? „Wir müssen auch Wohnraum schaffen“, mahnt Gemeindevertreter Martin Zimmer (CDU). „Das müsste bezahlbarer Wohnraum sein“, wird ihm geantwortet. Ein anderer Diskutant findet eine Mischung von Einfamilienhäusern und Gebäuden für mehrere Mietparteien „uncharismatisch“. Lesen Sie auch Premiere: Neumünster und Boostedt teilen sich Gewerbesteuern Gemeinschaftsschule Boostedt um ein Bildungszentrum für alle erweitert Grillanlage und Hütte in Grimms Park wieder aufbauen und die Wege herrichten; sichere Radwege in Richtung Latendorf/Heidmühlen bauen; ein Mehrgenerationenpark hinter der Amtsverwaltung – an Ideen mangelt es nicht. Auf der interaktiven Karte des Planungsbüros (Im Internet: https://www.boostedt2030.de/) haben die Boostedter inzwischen 166 Anregungen hinterlassen und viele davon auch schon diskutiert. Interaktive Boostedt-Karte mit fast 170 Vorschlägen: Ein älterer Boostedter geht „für unsere Enkel“ mit. Ihn stören einige Schandflecke in der Gemeinde: „Das Betonwerk sieht aus wie Hulle“, und „die wilde Autowerkstatt in der Bahnhofstraße“ soll entfernt werden. Dass es im Detail schwierig wird, zeigt sich schon beim Start der Tour am Bahnhof. Der ist eingerüstet und bietet keinen schönen Anblick, ein Junge fordert: „Der sollte weg“. Aber er befindet sich in Privatbesitz wie viele andere Grundstücke, die Missfallen auslösen. Mehr Fahrradstellplätze und wieder Gastronomie im Bahnhof lauten einige Anregungen für diese Ecke. An der Von-dem-Borne-Straße schlägt eine Teilnehmerin vor, dort eine Berufsschule für Erzieherinnen einzurichten samt praktischer Ausbildungsstätte. Am Hof Lübbe wünscht sich ein Boostedter ein Mobilitätskonzept für seine Gemeinde. Bürgermeister König: „Es liegt an uns selber.“: Die Lübecker Planer erkunden immer wieder mit Abstimmungen Stimmungsbilder. Co-Working-Space? Sieben Teilnehmer bekunden Interesse. Flächendeckend Tempo 30 außer in der Durchgangsstraße? Dafür können sich viele erwärmen, aber einige votieren auch dagegen. Ein Argument der Gegner: Die Anwohner selbst rasen am meisten. Im Ortsentwicklungskonzept legt eine Gemeinde fest, wie sie ihre Zukunft gestalten will. Dieser Blick über das Tagesgeschäft hinaus soll den Kommunalpolitikern eine Orientierung für ihre Entscheidungen geben. Gleichzeitig beeinflussen sich die Vorstellungen verschiedener Verwaltungsebenen – Gemeinde, Kreis, Land, Bund – im so genannten „Gegenstromprinzip“ gegenseitig: Die Gemeinde muss berücksichtigen, was die anderen vorhaben und umgekehrt. Viele Fördermittel werden nur vergeben, wenn eine Gemeinde ein entsprechendes Konzept vorweisen kann. Bürgermeister Hartmut König (CDU) freut sich über die vielen Ideen und Wünsche. Aber er nimmt die Boostedter auch in die Pflicht: „Es liegt an uns selber.“ König erinnert daran, dass der Markt vor einigen Jahren mangels Kunden eingestellt wurde. „Warum hält sich in Boostedt kein Café?“