Die türkische Gemeinde in Bad Bramstedt gehört dem Landesverband Hamburg/Schleswig-Holstein des Religionsverbandes DITIB an. Agdan, die auf einer von 99 Mitgliedern besuchten Versammlung der Bad Bramstedter Gemeinde zur neuen Vorsitzenden gewählt wurde, ist nun die erste Frau unter den 36 Gemeindevorsitzenden. Gleichberechtigung unter Muslimen – ein schwieriges Kapitel. Frauen und Männer beten getrennt, auch in der Bad Bramstedter Moschee im Butendoor. „Ich begegne durchaus noch Ressentiments“, sagt Dilek Agdan.
In die Gemeinden kommt Bewegung
Doch solche Leute seien auf dem Rückzug. „Es kommt Bewegung in die Gemeinden. Ich ermuntere jede Frau, zu kandidieren“, sagt Agdan. Doch bis das in den Köpfen angekommen ist, wird es dauern. Von 860 DITIP-Gemeinden in Deutschland werden nur fünf von Frauen geleitet.
Keine Politik im Gemeindehaus
Der Verband DITIP war in den letzten Jahren in die Negativschlagzeilen geraten. Er gilt als verlängerter Arm von Staatspräsident Recyp Erdoğan, der über seine Imame politischen Einfluss auf die Türken in Deutschland nimmt und einen rückwärtsgewandten Islam predigen lässt. Dilek Agdan und ihr Stellvertreter Bülent Oral bestreiten das. DITIP fördere die Frauen. Die Satzung schreibe vor, dass in jeder Gemeinde der Vorsitzende oder der Stellvertreter eine Frau sein müsse, so Oral. „Und Politik ist bei uns ausdrücklich verboten“, sagt der Stellvertreter und zeigt auf ein Schild, das mehrfach im Gemeindehaus aushängt.
Imam kommt für fünf Jahre
Daran halte sich auch der Iman Zeynel Kaya, der in einer kleinen Wohnung im Moscheegebäude lebt. Er ein sehr weltoffener Geistlicher. „Er betet mit Mädchen und Jungen gemeinsam und hält Predigten vor Frauen, was sonst nicht üblich ist“, berichtet Agdan. Der von der Türkei bezahlte Imam ist immer nur fünf Jahre in Deutschland. „Aber es besteht Hoffnung, dass wir irgendwann auf Dauer einen deutschsprachigen Imam bekommen“, sagt Agdan. Deutsche Predigten seien wichtig, weil immer mehr türkisch-stämmige junge Leute die Sprache ihrer Eltern nicht verstehen.
Gemeinde hat 111 Mitglieder
Genau solche jungen Leute möchte Agdan für ihre zurzeit 111 Mitglieder zählende Gemeinde gewinnen. Immerhin leben rund 200 türkisch-stämmige Familien in der Stadt. „Ich versuche den jungen Leuten klar zu machen, dass sie bei uns nicht fünfmal am Tag beten müssen sondern auch einfach nur Spaß mit anderen haben können.“