Hilke Reese aus Itzstedt bietet ihre Handarbeiten am Straßenrand an

"Was soll ich sonst machen, wenn mein Mann zur Jagd ist?", fragt Hilke Reese - und die Antwort folgt zügig. Sie greift zur Wolle und filzt, strickt, malt oder bastelt. Das Kreative liegt der heute 71-Jährigen im Blut. "Irgendwie schon immer" musste sie zum Handarbeitszeug greifen und aus einfachen Materialien Schönes herstellen. In ihrer Lehre zur Gärtnerin konnte die Itzstedterin ihre Kreativität ausleben. "Ich habe bei meiner Arbeit viele Kränze gebunden. Das hat mir viel Spaß gemacht", erzählt die Seniorin. Auch zu Möbel Kraft in Bad Segeberg führte sie ihr Arbeitsleben - natürlich in die Deko-Abteilung, wie sie erzählt. In Norwegen eine spezielle Filzart kennengelernt: Als ihr Mann Peter Reese in Rente ging und er sich mehr und mehr der Jagd widmete, kam Hilke Reese richtig in Gang mit den Handarbeiten. Auch die Enkelkinder hätten sie immer aufgefordert, mit ihnen zu basteln. Vor elf Jahren absolvierte Hilke Reese einen Filz-Kursus und entdeckte ihre Leidenschaft dafür. So richtig Feuer hatte sie dann in einem Norwegen-Urlaub gefangen, wo sie die Kunst des Trockenfilzens für sich entdeckte. Benutzt wird für das norwegische Filzen eine spezielle Nadel, die Widerhaken hat. Man nimmt sich etwas Filzwolle und piekst dauernd mit der Nadel hinein. Durch die Haken an der Nadel verfilzt die Wolle, und mit etwas Können entstehen bei Hilke Reese Tiere wie Hund, Fuchs, Wildschwein und Pferd, aber auch Trolle, Nissen und Gnome, die in Skandinavien beliebt sind. Gut achtgeben muss Hilke Reese, dass sie sich nicht mit der Nadel sticht, "da muss man eben aufpassen". Sie habe auch Stickereien gemacht, aber da müsse man sich viel mehr konzentrieren und könne nebenbei schwieriger beispielsweise fernsehen. Lesen Sie auch: Lauter kleine Mini-Shettys in Struvenhütten Vor allem Tiere der heimischen Natur haben es Hilke Reese, deren ganze Familie sehr naturverbunden ist, angetan. Die Itzstedterin nimmt auch Auftragsarbeiten an, so konnte schon der eine oder andere Hund sein Ebenbild in Taschengröße und Filz finden. Ehemann Peter baute Holzhaus statt neuem Hochsitz: Im vergangenen Jahr, als langsam klar gewesen sei, dass es in 2020 wohl keine Kunsthandwerkermärkte geben werde, kam Hilke Reese auf die Idee mit dem Bullerbü-Haus. Sie stellte sich eine kleine Bude aus Holz vor, die direkt am Gartenzaun aufgestellt werden sollte, sodass dort kontaktlos Interessierte die Handarbeiten sehen und kaufen könnten. Gesagt, getan. "Das ist eine blöde Idee", sei der erste Kommentar ihres Mannes gewesen. Aber Hilke Reese blieb dabei. Ein schwedenrotes Häuschen sollte her. "Das habe ich auf dem Darß in Mecklenburg mal gesehen", erzählt die kreative Frau. Anstelle eines neuen Hochsitzes baute Ehemann Peter seiner Frau dann doch das Wunschhaus. Es hat eine Seitentür, in die Hilke Reese gerade einmal reinpasst, um die Regale aufzufüllen und die Vertrauenskasse zu leeren, und ein großes Fenster zur Straße und zum Gehweg hin. Jeden Morgen öffnet Hilke Reese dieses Fenster, abends wird es wieder geschlossen. In der Zwischenzeit kommen viele Fußgänger vorbei, werfen einen Blick ins Bullerbü-Haus und greifen zu den putzigen Filztieren oder den gestrickten Socken. In eine Vertrauenskasse werfen sie die paar Euro, die die Dinge kosten. "Ich möchte nur das Geld fürs Material raus haben", betont Hilke Reese. Große Freude über glückliche Kinder: Nach einer anfänglichen Skepsis, wie ihr Angebot wohl angenommen wird, hat sich eine Erfolgsstory entwickelt. "Es läuft super", sagt Hilke Reese und freut sich. Vor allem viele Kinder schauen inzwischen vorbei und gucken, welche neuen Tiere denn im Haus sitzen und auf neue Besitzer warten. "Das ist das Schönste, wenn Kinder sich freuen", meint die Seniorin. Auch Ehemann Peter ist mittlerweile "im Geschäft": Er hatte Nistkästen beigesteuert, die reißend weggingen. Dennoch wollen beide sich nicht unter Druck setzen, "es soll weiter Spaß bringen". Lesen Sie auch: Diese Corona-Regeln gelten ab 19. April im Kreis Segeberg Obwohl Hilke Reese die Kunsthandwerkermärkte fehlen, sieht sie auch Positives. Auf einem Markt müsse man Tisch und alles andere mitbringen und den ganzen Tag nebenbei sitzen. Das sei mit dem Bullerbü-Haus einfacher.