Kreative Kirchengemeinde Warder feiert ersten Drive-in-Gottesdienst

Ein Kleinlaster dient Pastor Karl-Heinz Rahn als Kanzel am Sonntag in Warder. Die Planen auf einer Seite der Ladefläche ist hochgerollt, ein Podest kirchlich geschmückt – passend für den ersten Drive-In-Gottesdienst. Erster Präsenzgottesdienst seit November: Eine Lautsprecheranlage ist aufgebaut und schon kurz nach 10.30 Uhr stehen die ersten Autos in der vordersten Reihe. Seit Totensonntag hatte es keinen Präsenzgottesdienst mehr in der Kirchengemeinde gegeben. In der ersten Reihe in ihren Autos sitzen unter anderem Aenne Höppner und Ina Hauschildt aus Krems II. Sie haben die sonntäglichen Gottesdienste vermisst, genau wie Manfred und Inge Blunck im Nachbarwagen. "Wir hören Pastor Rahn gerne zu", sagen sie. Das letzte Mal seien sie zu Erntedank im Oktober live dabei gewesen. Damals wurde draußen gefeiert. Zwar dürfen Kirchen auch innen Gottesdienste feiern unter Abstands- und Hygieneregeln, "aber es wurde empfohlen, andere Möglichkeiten zu nutzen", erklärt Pastor Rahn die Entscheidung der Kirchengemeinde Warder gegen Präsenzgottesdienste in der Kirche. Predigten auf YouTube: Über die Wintermonate wurden daher Predigten auf dem Videoportal YouTube angeboten, berichtet Kirchengemeinderatsvoritzender Jörg Buthmann. "Das haben wir uns auch angeschaut", sagt Manfred Blunck. Das Format erreichte aber nicht jeden. "Ich habe keinen Computer", sagt etwa Ulla Saggau. Umso schöner sei es, nun wieder vor Ort dabei sein zu können. Fast jeden Sonntag besuche sie den Gottesdienst – die nun auch wieder regelmäßig draußen stattfinden sollen in Warder. Drive-In-Gottesdienst als Familienausflug: Für Pierre und Annika Schwerdtfeger aus Weede war die besondere Form des Gottesdienstes ein Grund nach Warder zu fahren – mit den drei Kindern Larissa (4), Louisia (6) und Lucia (8) auf der Rückbank. "Und wegel Kuddel", betont Pierre Schwerdtfeger. "Kuddel" ist der Spitznahme von Pastor Karl-Heinz Rahn. Schwerdtfeger kennt den Pastor seit seiner Konfirmationszeit. Von Rahn wurden er und seine Frau getraut – in der Kirche Warder. "Am 13. März 2013." In Warder ist Rahn noch Vertretungspastor nach dem Weggang von Pastor Roland Scheel im vergangenen Jahr. Demnächst soll eine neue Gemeindepastorin eingeführt werden. Lesen Sie auch: So werden Konfirmation und Kommunion gefeiert Im Publikum sitzt auch Konfirmand Lars-Ole mit seinen Eltern. Viele Möglichkeiten hatte der 14-Jährige in den zurückliegenden Monaten nicht, seiner Pflicht nachzukommen, Gottesdienste zu besuchen. Einen Drive-In-Gottesdienst – das erleben wohl auch nicht viele Konfirmanden. "Das machen die schon wirklich gut hier", lobt seine Mutter die Bemühungen der Gemeinde. Tote werden gewürdigt: Auch Silke und Günter Röthig aus Garbek sind eigentlich keine regelmäßigen Kirchgänger. Ihr Cabrio ist an diesem sonnigen Tag das perfekte Drive-In-Fahrzeug. Der Anlass des Besuches ist jedoch ein kürzlicher Trauerfall, erzählen sie. Den Präsenzgottesdienst nutzt Pastor Rahn – erstmals seit Monaten – auch die Toten "vor Gott zu erwähnen". Aber auch eine Trauung gibt es zu verkünden. Zudem wird der Gottesdienst genutzt, auch den von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ausgerufenen Gedenktag für die Verstorbenen der Corona-Pandemie zu würdigen. Mehr Besucher als zu gewöhnlichen Gottesdiensten: Der Gottesdienst auf dem Parkplatz vor der Kita und in Sichtweite zur Kirche schafft Interesse. An einem gewöhnlichen Gottesdienst sitzen 20 bis 25 Menschen in der Kirche, sagt Küster Hajo Haaks. Am Sonntag sind es mehr – schon allein in den 19 Fahrzeugen. Lesen Sie auch: Kirchen fordern - erlaubt das Singen wieder Bis zu 41 Autos hätten gepasst, die Freiwillige Feuerwehr aus Krems II kümmert sich darum, dass nicht kreuz und quer geparkt wird. Aber auch einige Radfahrer halten an und hören im Hintergrund zu. Eine Familie aus dem Ortsteil ist zu Fuß gekommen und steht am Rand in der ersten Reihe. Die Resonanz freut die Organisatoren. Auto-Gottesdienst erlaubt Musik und Gesang: Das Format Auto-Gottesdienst erlaube einige Freiheiten. Die Zuhörer brauchen im Wagen keine Masken zu tragen, sagt Rahn. Und es gibt Musik. Kirchenmusikerin Annette Havemann spielt Posaune, die Tochter singt, dazu spielen zwei weitere Blasmusiker. Im Auto wird mitgesungen. Es ist ein Format, das als Einzelveranstaltung wohl auch ohne Pandemie funktionieren könnte.