Querdenker-Grabgesteck vor dem Bad Bramstedter Rathaus: Der Politik reicht es

Zweimal schon gab es, wie auch in anderen Orten im Kreis Segeberg, in Bad Bramstedt die sogenannten Montagsspaziergänge der Querdenkerszene. Auch wenn sie friedlich und ohne Zwischenfälle verliefen, nehmen die vier in der Stadtverordnetenversammlung vertretenen Parteien und Bürgermeisterin Verena Jeske dies zum Anlass für einen gemeinsamen Appell: „Impfen und Boostern ist Bürgerpflicht!“, lautet die Überschrift. Verärgert reagiert die Politik auf ein Grabgesteck und Grabkerzen vor dem Rathaus. Die Querdenker haben auch in Bad Bramstedt ihre Anhänger. Eine Telegram-Gruppe mit dem Namen „Bad Bramstedt – Selbstbestimmt leben“ hat zurzeit 200 Mitglieder. Die organisieren sich in dem Chatroom zu den sogenannten Montagsspaziergängen, eine Protestform, mit der die Beschränkungen des Versammlungsrechts umgangen werden. Wer spazieren geht, braucht beispielsweise keine Maske zu tragen, zumindest nicht auf Straßen in Bad Bramstedt, denn hier gibt es keine Maskenpflicht. Beim ersten Mal waren nach Polizeiangaben 150 Protestierer dabei, beim zweiten Mal nur noch 75. Auf Telegram ist von bis zu 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Rede. Polizei beobachtet die Szene: Zwischenfälle gab es nicht. Polizeisprecher Lars Brockmann sagt: „Wir beobachten die Spaziergänge, haben aber keinen Grund einzugreifen.“ Die Bad Bramstedter Politik reagiert dennoch scharf: „Politik und Verwaltung stellen sich klar gegen Verschwörungstheoretiker und falsche Heilsbringer und sprechen sich klar für das Impfen und Boostern aus.“ Die Initiative zu dem Appell hatte Gilbert Sieckmann-Joucken ergriffen, Fraktionssprecher Grünen in der Stadtverordnetenversammlung. „Es ist leider zu beobachten, dass sich die Szene immer weiter radikalisiert, da müssen wir gegensteuern“, sagt der Stadtverordnete. An der Formulierung des Schreibens waren dann auch Vertreter der anderen Parteien beteiligt. Diese schildern die Szene in gendergerechter Sprache als eine „merkwürdige Allianz aus ideologischen Impfgegner*innen, Verschwörungstheoretiker*innen, Esoteriker*innen und rechten Trittbrettfahrer*innen“. Sie handeln „nach einhelliger Meinung der Kommunalpolitik im höchsten Maße verantwortungs- und rücksichtslos.“ Lesen Sie auch „Querdenker“ im Visier: Politik im Norden ruft nach Verfassungsschutz Weiter heißt es in dem Appell: „Wer bewusst ohne Schutzmaske demonstriert, Corona leugnet und wirren Verschwörungstheorien folgt, von Polizeistaat und Diktatur schwurbelt, gefährdet seine Mitmenschen und unseren Rechtsstaat.“ Für Aufsehen unter den Ratshausmitarbeiterinnen und -mitarbeitern sorgte am Dienstagmorgen dieser Woche ein Grabgesteck vor dem Eingang des Verwaltungsbaus, vor dem benachbarten Testzentrum brannten zwei Grabkerzen, offenbar Hinterlassenschaften des „Montagsspaziergangs“. „Das geht gar nicht“, findet Bürgermeisterin Verena Jeske, die ebenfalls hinter dem Appell steht. So etwas sei geschmacklos und inakzeptabel. Mitarbeiter hätten bestürzt reagiert und es als Einschüchterungsversuch gewertet.