Seltener Fund: Vier Zeitkapseln aus Bad Bramstedter Kirchturm geöffnet.

Wenn alte Gemäuer saniert werden, kann es durchaus spannende Entdeckungen geben. So auch in der Maria-Magdalenen-Kirche, deren Kirchturm gerade eine neue Schiefereindeckung erhält. Bei dieser Gelegenheit wurde auch die sogenannte Turmzier inspiziert. Diese besteht aus einem Hahn und einer Kugel, die einen „Zeitapfel“ darstellt. Durch das Gerüst war es möglich, beides aus der Nähe zu betrachten. Zuletzt geschah dies im Jahr 1990, allerdings musste man sich damals auf das Urteil eines Kletterer verlassen, berichtet Stefan Dörksen, Vorsitzender des Bauausschusses im Kirchengemeinderat. Während der Hahn sich in einem ordentlichen Zustand befindet, wurden bei der Kugel einige Schäden und Mängel aus früheren Reparaturen entdeckt. Sie muss grundsaniert werden. Beide Figuren haben außerdem ihren Blattgold-Belag verloren. Hahn und Kugel in Bad Bramstedt haben ihr Blattgold verloren: Die Turmzier wurde also am Freitag vom Turm geholt, inklusive der 150 Kilogramm schweren Stahlstange, an der sie angebracht waren. Kein leichtes Unterfangen: „Eigentlich hätten wir dafür einen Kran gebraucht“, so Dörksen. Doch das Entfernen der Turmzier aus über 40 Metern Höhe gelang auch ohne. Der direkte Blick auf Hahn und Kugel ist allein schon spannend genug. Doch beim Blick in die Kugel entdeckten die Arbeiter der Firma Eisenzeit-Schmiede vier identische Kupfer-Zeitkapseln. Die Gelegenheit beim Schopfe gepackt, hat Schmied Peter Eingrüber die Kapseln am Freitag geöffnet – und zum Vorschein kamen einige interessante Zeitzeugnisse, die nun wahrscheinlich im Kirchenarchiv landen, damit ihr Zerfall in den Kupferrohren nicht noch weiter fortschreitet. Die jüngste Kapsel war 1990 gefüllt worden. Eine eingerollte Ausgabe der „Bramstedter Nachrichten“, heute Teil der Segeberger Zeitung, vom 4. Dezember 1990 kam zum Vorschein, außerdem ein Umschlag mit 13 Fotos von der Kirche, ein Bericht über die damaligen Sanierungsarbeiten und einer über die Kirchengemeinde. „Da waren die Kirchenbänke noch dunkel und es lag ein Teppich aus“, staunt Dörksen beim Blick auf die Fotos. Die heutigen hellen Kirchenbänke hätten damals fast für Kirchenaustritte gesorgt, erinnert er sich. 14 dänische Münzen und ein Ballen alter Urkunden: Die anderen drei Kapseln sind älteren Ursprungs: eine wurde 1952 gefüllt, eine 1967. In beiden steckten ebenfalls Ausgaben der „Bramstedter Nachrichten“, Fotos und Berichte über die Sanierungsarbeiten sowie die Gemeinde. Die vierte Kapsel allerdings enthielt einen echten Schatz. Sie wurde zwar auch 1952 vom damaligen Pastor Carl-Heinrich Pfeiffer gepackt, enthielt aber den Inhalt einer alten Kassette aus dem Jahr 1859, die damals in der Kugel gefunden worden war. Pastor Pfeiffer schrieb zu dem Fund einige Zeilen: Die alte Kassette enthielt unter anderem dänische Münzen aus den Jahren zwischen 1771 und 1857. Es sind Silber-, Bronze- und Kupfermünzen. Jede einzelne der 14 Münzen listete der Pastor auf und beschrieb sie in seinem Briefanhang. Außerdem berichtete er, dass sich „in der verschlossenen aber schadhaften Kassette“ eine Rolle „verwitterter Urkunden“ befand. Diese Rolle sei vom Fotografen Hans Hoffmann aus Bad Bramstedt „nach einem besonderen Verfahren getrocknet“ worden, blieb aber „ein unleserlicher Ballen Papier“. Beim jetzigen Enthüllen der Zeitkapsel war dieser Ballen Papier leider schon mehr als nur verwittert: Zum Vorschein kam nur noch ein dunkelgrauer Klumpen, der bei jeder Berührung zerbröselte. „Das passiert, wenn die Kapseln nicht luftdicht verschlossen werden“, erklärte Peter Eingrüber. Der Inhalt der vier Kapseln soll nun wahrscheinlich im Archiv aufbewahrt werden. Ähnlich wie der damalige Pastor Pfeiffer will die Kirche einen Bericht über die Inhalte verfassen und diese mit in eine neue Zeitkapsel stecken. Diese wird nach der Sanierung wieder in die Kugel gelegt und auf den Kirchturm gebracht. Die Überarbeitung der gesamten Turmzier stellt eine erhebliche Erweiterung der ursprünglich geplanten Sanierungsarbeiten dar und wird rund 9000 Euro kosten. Dafür sucht die Kirche noch großzügige Spender.