Holsteins gute Vorsätze nach dem Kater

Der Jahresbeginn ist die Zeit der guten Vorsätze. Das ist beim Fußball-Zweitligisten Holstein Kiel nicht anders als beim Normalbürger. „Mund abputzen, daraus lernen, an unseren Themen arbeiten, sich weiterentwickeln und es beim nächsten Mal besser machen“, zählte Trainer Ole Werner am Sonntag die Vorsätze der Störche auf. Notwendige Selbstoptimierung, sorgte das 1:2 gegen den VfL Osnabrück doch erst einmal für einen heftigen Kater so kurz nach dem Auftakt ins Jahr 2021. So mancher greift nach derlei Erlebtem zum Konterbier. Den Störchen dürfte sich nach der ersten Niederlage nach drei Remis und fünf Siegen in Folge bei dem Gedanken wohl eher der Magen umdrehen. Vor allem wegen des vorderen Wortbestandteils: Konter. Zwei davon führten gegen den VfL Osnabrück zu Gegentoren. 27. Minute, 0:1. 42. Minute, 0:2. Eine an diesem Tag unauflösliche Hypothek. „Wir haben in der ersten Hälfte gerade im Stellungs- und Positionsspiel zu viele Fehler gemacht, dem Gegner im Umschaltspiel zu viele Räume gelassen und nicht aggressiv genug nachgesetzt“, sagte Sportdirektor Uwe Stöver mit analytischer Treffsicherheit, die der Kieler Elf vorne fehlte, während sie im Spiel gegen den Ball nachlässig wie selten war. Lesen Sie auch den Nachspielzeit-Kommentar: Ein kleiner Schuss vor den Bug Beim 0:1 hatte Holstein nach Ballverlust von Alexander Mühling keinen Zugriff für ein wirkungsvolles Gegenpressing, war dann beim Rückzug eigentlich sowohl in Ballnähe als auch in der hintersten Kette in Überzahl, ermöglichte es den Niedersachsen aber durch eine schlechte Staffelung, sich über zwei Stationen vors Tor zu spielen. Flanke Christian Santos, Brustablage Sebastian Kerk gegen die Verschieberichtung, Niklas Schmidt mit freier Schussbahn – Tor. Vorm 0:2 klaffte ein riesiges Loch in der Mitte, wieder passte in der Konterabsicherung nicht viel zusammen. Etienne Amenyido konnte nach Zuspiel ins Zentrum frei in die Tiefe starten. Thesker musste herausrücken, griff zum Foul. Freistoß Kerk aus 30 Metern in den rechten Winkel – ein Kunstwerk. Tore, für die zuletzt eigentlich eher Holstein Kiel zuständig war. Ähnlich sensationell hatte Jannik Dehm gegen den SV Sandhausen (2:0) kurz vor Weihnachten per Freistoß getroffen. Diesmal aber war alles irgendwie anders. Hinten anfällig, vorne erst zahn-, dann einfallslos. Allzu oft probierte es die KSV gegen den kompakten VfL-Block über Flanken von der Grundlinie oder aus dem Halbfeld. 33 waren es nach 90 Minuten, die meisten davon verpufften. Osnabrück griff aus dem Spiel heraus im Übrigen zu keiner einzigen Flanke. Trotzdem gab es Chancen. Eigentlich auch genügend, um zumindest einen Punkt im Holstein-Stadion zu behalten. Spätestens nach der Umstellung auf ein System mit zweitem Stoßstürmer neben Janni Serra – Benjamin Girth kam rein für Mühling – hatte die KSV den Fuß in der Tür. „Die Idee war, den Strafraum besser zu besetzen, noch einen Abnehmer mehr zu haben“, sagte Werner zur Hereinnahme von Girth in der 64. Minute. „Er hat frischen Wind und Belebung im Zentrum reingebracht.“ Kein Rückschlag, der Holstein aus der Bahn werfen sollte: Dass dieser Wind, der sich in der Schlussphase zum Orkan auswuchs, die Gäste nicht davonfegte, lag an kleineren, aber in ihrer Wirkung eben entscheidenden Ungenauigkeiten. Und an einem exzellent aufgelegten VfL-Schlussmann Philipp Kühn, der einige Male stark hielt. Erst in der zweiten Minute der Nachspielzeit klingelte es bei Ahmet Arslans Premierentor für die Störche. „Der Anschlusstreffer kam leider zu spät“, sagte Werner. Ein Rückschlag. Aber keiner, der Holstein Kiel nun aus der Bahn werfen sollte. Dass die Mannschaft seriös verteidigen, Situationen wie die vor den Gegentreffern aus einer guten Gegenpressing-Struktur heraus unschädlich machen kann, hat sie in dieser bisher so erfolgreichen Saison oft genug gezeigt. Ebenso, dass sie in der Offensive präziser spielen und die Ruhe bewahren kann, variable Lösungen an der Hand hat. Die überzeugende Klaviatur eines Tabellenzweiten, der weiterhin dick im Geschäft ist. Jetzt kommt es auf Ole Werners gute Vorsätze an. Mund abputzen, daraus lernen, es schon am Sonnabend ab 13 Uhr beim Krisenklub FC St. Pauli (elf Spiele am Stück ohne Sieg) besser machen. Genauer werden, gut absichern. „Denn diese Punkte“, prophezeite Werner, „werden mit relativ großer Wahrscheinlichkeit auch am Millerntor auf uns zukommen.“

1:2 gegen Osnabrück - Holstein Kiels gute Vorsätze nach dem VfL-Kater