Girth, Hanslik und die zweite Chance

Der Kader schrumpft schleppend. Aber er schrumpft. Philipp Sander? Verliehen nach Verl. Tobias Fleckstein? Vertragsauflösung, Wechsel nach Duisburg. Allmählich nähert sich die Personalstärke beim Fußball-Zweitligisten Holstein Kiel dem an, was sich Sportdirektor Uwe Stöver und Trainer Ole Werner vorstellen. Sie aber sind immer noch da. Oder vielmehr: wieder da. Daniel Hanslik und Benjamin Girth. Das Offensiv-Duo greift im Trainingslager in Wageningen nach der zweiten Chance. „Es macht Spaß“, sagt Girth nach den ersten Tagen in den Niederlanden an der Seite der neuen, alten Kollegen. „Es war nicht so schwer, wieder reinzufinden.“ Girth, 28, war ganze eineinhalb Jahre weg. Im Januar 2019 war es, als man für ihn an der Förde keine Perspektive mehr sah, den ein halbes Jahr zuvor aus Meppen gekommenen Vollblutstürmer nach Osnabrück in die Dritte Liga verlieh. Girth stieg sofort auf mit dem VfL, erzielte in der Rückrunde neun Tore. Und dann? Wieder außen vor. Lesen Sie auch: Heimrechttausch - Holstein Kiel hat ein Heimspiel im DFB-Pokal „Ich hatte einen guten Start in Osnabrück. Nach dem Aufstieg war es aber so, dass der Trainer in der neuen Liga erst einmal auf andere Dinge Wert gelegt hat“, sagt er. „Da ist es legitim, dass der Trainer auf andere Spielertypen auf dem Platz zurückgreift.“ Tief stehen, kontern – das ist nicht sein Spiel. Aber eben eines, das beim VfL bald Früchte trug. Girth steckte nicht auf, kam gut aus der Winterpause, war wieder gefragt. Zwei Tore, zwei Vorlagen. Dann kam Corona. Ein Bruch. „Danach wurden gewisse Dinge wieder verändert“, sagt er. Girth spielte nur noch 70 Minuten. Dann war Schluss in Osnabrück. „Es war lehrreich, die Situation zu erleben und sie auch so anzunehmen“, sagt er. Und betont ohne Groll: „Ich blicke insgesamt positiv zurück.“ Und nun? Blickt er nach vorn. Auch, weil er nicht perspektivlos ist. Girth ist ein Strafraumstürmer – und damit ein anderer Typ als etwa Janni Serra oder Lion Lauberbach. „Wir haben unterschiedliche Qualitäten in unserem Spiel, das weiß man“, sagt er. „Es gibt aber sicherlich Spielphasen, in denen das, was ich verkörpere, gefragt sein kann. Vom Trainer kam auch das Signal, dass er vorne verschiedene Spielertypen haben möchte, die er flexibel einsetzen kann.“ Hanslik, der "Förde-Phonzie"? Flexibilität ist im Moment auch das Zauberwort für Daniel Hanslik. Der 23-Jährige ist nach einer erfolgreichen halbjährigen Leihe zu Hansa Rostock wieder da – und plötzlich zum Linksverteidiger mutiert. Im Hauptberuf Mittel- und Außenstürmer, hat ihn Werner in allen drei Testspielen je eine Halbzeit hinten links gebracht. „Im Gespräch mit dem Trainer wurde mir vermittelt, dass mir das grundsätzlich zugetraut wird“, sagt er. „Natürlich ist es eine Umstellung vom offensiven Spieler zum linken Verteidiger. Ich nehme das aber an.“ Mit Johannes van den Bergh steht aktuell nur ein gelernter Linksverteidiger im Aufgebot. Zur Not muss man halt einen Stürmer umschulen. Ein bisschen wie bei den Bayern und Alphonso Davies. Wird Hanslik der „Förde-Phonzie“? Er ist jedenfalls offen für alles, hochmotiviert für Versuch Nummer zwei bei der KSV. „Wir haben vor der Saison einige Gespräche geführt und besprochen, dass es hier für mich wieder bei null losgeht“, sagt er. „Chancen gibt es immer – man muss sie halt nur nutzen.“ Lesen Sie auch: Der ungewöhnliche Weg des Marco Komenda Das gilt für sie beide, Daniel Hanslik und Benjamin Girth. Sie haben jetzt, in diesen niederländischen Tagen, die Möglichkeit, sich aufzudrängen. Bis zum Transferschluss Anfang Oktober ist alles möglich. Aber sie sehen sich bei den Störchen. „Mein Ziel ist es, das, was ich in meinem ersten halben Jahr angedeutet habe, endlich durchzudrücken, endlich Fuß zu fassen“, sagt Girth. Auch Hanslik hat Pläne: „Für mich heißt es, so viele Einsatzzeiten wie möglich zu sammeln, am liebsten natürlich noch mit Toren und Assists zum Erfolg der Mannschaft beizutragen.“ Als Linksverteidiger könnte das mit den Toren schwieriger werden. Aber für die ist ja dann Girth da. Ein Szenario, gegen das sie sicher nichts einzuwenden hätten. Mehr zu Holstein Kiel lesen Sie hier.

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