Holstein Kiel will ihn halten: Jae-Sung Lee äußerst sich über Wechsel-Gerüchte

Wer schreibt denn heute noch Tagebuch? Jae-Sung Lee zum Beispiel. Und das in aller Öffentlichkeit. Seine Einträge auf dem südkoreanischen Internetportal „Daum“ sind – je nach Qualität des Übersetzungs-Tools – meist nett zu lesen. Lee lässt tief blicken, privat wie beruflich. Ende Dezember hat er dann aber sehr tief blicken lassen: Seine Zukunft, diesen Schluss legten die Ausführungen nahe, liege wohl nicht bei Fußball-Zweitligist Holstein Kiel. Schluss, aus, Ende der Erfolgsstory mit Auslaufen des Vertrags im Sommer. Aber ist das wirklich so? „Ich habe mitbekommen, dass über meinen Wechsel gesprochen wird“, sagt Lee im Gespräch mit KN-online über die Aufregung, die nach den ersten Medienberichten über seine selbstverfassten Zukunftsgedanken („Ich bin neugierig, wohin die Reise gehen wird“) vom Zaun brach. Jae-Sung Lee: „Man weiß nie, was morgen passiert“: Ist es also vorbei zwischen der KSV und dem 28 Jahre alten Offensivkünstler? Nicht unbedingt. „Man weiß nie, was morgen passiert“, sagt Lee. „Daher konzentriere ich mich auf heute und gebe jeden Tag mein Bestes.“ Man weiß also nie, was morgen passiert. Eine Worthülse vom vielleicht besten, aufregendsten Spieler der Zweiten Liga, der ganz sicher seinen Markt hat? Nicht, wenn man auf sein bisheriges Engagement bei Holstein Kiel blickt. Jae-Sung Lee kam im Sommer 2018 völlig überraschend vom südkoreanischen Klub Jeonbuk Hyundai Motors an die Kieler Förde – als mehrfacher Meister, Gewinner der asiatischen Champions League und Teilnehmer der gerade zu Ende gegangenen Weltmeisterschaft in Russland. In der Heimat ein Star. Und plötzlich im – damals noch – Fußball-Entwicklungsland Schleswig-Holstein. Die dritte Saison bei Holstein Kiel: Daran hätte Jae-Sung Lee zu Beginn nicht geglaubt: Vertrag bis 2021. Aber jedem war eigentlich klar: Der ist bald wieder weg. Auch Lee ging davon aus, wie er nun verrät. „Ich hätte ehrlicherweise nicht gedacht, dass ich bis zum Vertragsende bei der KSV bleibe“, sagt er. Aber er blieb. Bis heute. „Es macht mich jetzt sehr glücklich, dass ich in der dritten Saison mit viel Freude bei Holstein Fußball spielen kann“, sagt Lee, „und wir dazu auch noch recht erfolgreich sind.“ Sehen Sie auch: Folge 14 des Video-Talks: Erst Schwarzbrot, dann Sahnehäubchen Dieser Erfolg ist es, der am Ende vielleicht dafür sorgen könnte, dass im Sommer nicht zwingend Schluss sein muss. Bei einem Aufstieg könnten sich die Dinge zugunsten der KSV drehen. Bei der hat man die Hoffnung ohnehin nicht aufgegeben, den Schlüsselspieler zu halten. Man befinde sich mit Lee, aber auch mit Stürmer Janni Serra, wie Sportdirektor Uwe Stöver betont, „schon seit langer Zeit“ in Gesprächen. „Das ist ja auch kein Geheimnis“, so Stöver. „Da werden wir beharrlich dranbleiben, um hier etwas zu erwirken, das über den 30. Juni 2021 hinausgeht. Wir werden nicht lockerlassen.“ HSV, Werder und Hoffenheim waren im Sommer in der Verlosung: Die Verantwortlichen wissen um Lees sportlichen Wert, gewichteten diesen im vergangenen Sommer höher als den finanziellen Gewinn, den ein Verkauf in die Kassen hätte spülen können. Der Hamburger SV hatte Lee im Visier, nach Informationen von KN-online sollen auch Werder Bremen und 1899 Hoffenheim die Fühler ausgestreckt haben. Stöver sagte aber allen Interessenten ab. Magie statt Millionen. Lesen Sie auch: Neuzugang Mikkel Kirkeskov - "Holstein Kiel will vorankommen - ich auch" Und Jae-Sung Lee selbst? Der stellte sich nicht quer. Sondern in den Dienst der Mannschaft. „Ich hätte im Sommer die Möglichkeit gehabt, zu wechseln“, sagt er. „Aber ich wollte meinem Verein, der mir geholfen hat, in Europa Fußball zu spielen, und seinen sportlichen Ambitionen nicht im Wege stehen.“ Ihm sei es wichtig, „einen schönen und harmonischen Abschied“ zu haben – „wann auch immer der kommen mag“. Da ist sie wieder, die Hintertür. Jae-Sung Lee spielt im Moment völlig entfesselt: Für Holstein Kiel spricht, dass Jae-Sung Lee mittlerweile auch neben dem Platz so richtig angekommen ist. „Das erste Jahr war alles sehr neu und schwer für mich“, sagt er, „aber jetzt fühle ich mich sehr wohl hier. Kiel ist wie meine zweite Heimat.“ Für den feinfühligen Profi dürfte ein Wechsel auch mit einem erneuten Anpassungsprozess verbunden sein, der wiederum auf dem Feld lähmen könnte. In Kiel spielt Jae-Sung Lee hingegen im Moment völlig entfesselt, schwerelos wie nie. Auf der Acht, auf dem linken Flügel, als falsche Neun – wo Lee ist, ist Klasse. Dass er mit Fin Bartels in dieser Saison einen kongenialen Partner an der Seite hat, macht die Sache noch besser. Das Duo glänzt, legte sich etwa beim 3:2 in Regensburg sämtliche Tore gegenseitig auf. „Generell passt es einfach zwischen uns“, sagt Lee. Um ganz bescheiden nachzuschieben: „Ich denke, unser gutes Zusammenspiel kommt daher, dass wir uns beide auf das Team und unsere Aufgaben auf dem Platz konzentrieren. Auf dem Spielfeld ist für mich unser Team das wichtigste, und nicht meine eigene Leistung.“ Holstein Kiel gegen FC Bayern: Jae-Sung Lee freut sich auf Thomas Müller: Mit dieser Haltung geht er es an. In jedem Spiel. Ob nun am Sonnabend beim FC St. Pauli – oder am kommenden Mittwoch im DFB-Pokal gegen den großen FC Bayern. Auf welchen Gegenspieler er sich am meisten freut? „Thomas Müller“, sagt Lee, an den der Münchner nach dem deutschen WM-Aus 2018 (0:2 gegen Südkorea) nicht die besten Erinnerungen haben dürfte. „Sein Spiel beeindruckt mich sehr. Er gibt immer sein Bestes.“ Tut Jae-Sung Lee auch. Vielleicht, ganz vielleicht, auch über den Sommer hinaus im KSV-Trikot.