Nachspielzeit zum Pokalsieg gegen den FC Bayern: Für die Geschichtsbücher

Irre. Mit einer fantastischen Leistung hat Holstein Kiel die Sensation geschafft - und den Rekordmeister, Rekordpokalsieger, Triple-Gewinner und Champions-League-Sieger FC Bayern München aus dem Pokal gekegelt. Vor der Partie hatten einige Beobachter gemunkelt, dieser FC Bayern sei verwundbar. Die Störche bestätigten das, stießen im Kieler Schneegestöber eiskalt zu und kämpften sich nach zweimaligem Rückstand ins Elfmeterschießen. Dort bewahrte Holstein die Nerven. Und dass es Rückkehrer Fin Bartels war, der nach seinem Treffer zum 1:1 auch den entscheidenden Elfmeter zum Achtelfinale verwandelte, rundete die ganze Geschichte ab. Ein Abend, den die ganze Stadt lange nicht vergessen wird: Welche Bedeutung dieser Triumph hat, war schon direkt nach Abpfiff zu spüren - und vor allem zu hören. Postwendend bildete sich vor dem Stadion ein Autokorso. Wobei: Autokorso ist eigentlich noch eine Untertreibung. Es war eine einzige Blechlawine, die sich hupend ihren Weg durch den Schnee über den Kieler Westring bahnte. Wohl sämtliche Handys in der Landeshauptstadt und Umgebung dürften lange Zeit nicht stillgestanden sein. Ausgelassene Freude im an diesem späten Abend im wahrsten Wortsinn unterkühlten Norden - das schafft nur der Fußball. Und solch eine Vorstellung der KSV Holstein. Lesen Sie auch: Autokorso, Hupkonzert, Raketen: So feierten die Kieler Fans den Sieg Netz macht sich über Müller-Interview in Kiel lustig "Wir sind sprachlos": Stimmen zum Pokalsieg Kiel in Noten: Gelios der Elferkiller Pokalsensation: Holstein Kiel schießt FC Bayern aus dem Pokal Drohnenshow und Bayern-Euphorie: So ist die Stimmung vor dem Holstein-Stadion Holstein Kiel gegen Bayern München: Alles Wichtige zum Spieltag #KSVFCB: Fan-Auflauf an Flughafen und Teamhotel Von vorne bis hinten und wieder zurück präsentierten sich die Störche gegen das Überteam und Starensemble aus dem Süden gewillt, die Chance am Schopf zu packen. Torhüter Ioannis Gelios bestätigte seine starke Form, ließ bei den vielen Münchner Flanken nichts anbrennen, parierte mehrmals stark. Die Verteidigung mit Stefan Thesker und Hauke Wahl agierte abgeklärt und konsequent, als sei es ihr täglich Brot, Angriffe von Leroy Sané, Serge Gnabry, Thomas Müller und Robert Lewandowski abzuwehren. Die Außenverteidiger Jannik Dehm und Johannes van den Bergh ließen sich auch von der Schnelligkeit eines Alphonso Davies oder dribbelstarken Vorträgen von Jamal Musiala nicht aus der Ruhe bringen. Sechser Jonas Meffert machte ein bärenstarkes Spiel als Schnittstelle und Fugenkleister zwischen Kieler Abwehr und Angriff. Noch mehr Rückenwind für eine ohnehin starke Saison? Und nach vorn ging über die stabilen Alexander Mühling und Finn Porath in den entscheidenden Szenen die Post ab: Das kongeniale Duo aus Jae-Sung Lee und Fin Bartels wirbelte in Koproduktion mit Joshua Mees und später Fabian Reese, erspielte sich auch über die Joker Ahmet Arslan, Janni Serra und Niklas Hauptmann Räume. Apropos Joker: Dass die Breite im Kieler Kader stimmt, zeigte sich im Saisonverlauf bereits. Aber dass auch ein erzwungener Wechsel wie der vom verletzten Thesker auf Marco Komenda keinerlei Auswirkungen auf Stabilität und Qualität hat - bemerkenswert. Das Feiern haben sich die Störche - und auch ihre Anhänger - redlich verdient. Eine Mannschaft, die auch nach zweimaligem Rückstand nicht aufgibt, Nackenschläge wie das Abseitstor zum 0:1 und die kalte Dusche per direktem Freistoß zum 1:2 wegsteckt, die Weltklasse-Fußballern die Stirn bietet, an sich glaubt, vom Punkt die Nerven behält und die Bayern besiegt, kann auch im weiteren Verlauf für Furore sorgen. Nicht ausgeschlossen, dass der Pokaltriumph auch für die Liga noch mehr Rückenwind gibt und den ohnehin hoch fliegenden Störchen weitere Flügel wachsen lässt.