Traumtor zum 1:0: Fin Bartels und die KSV Holstein in voller Blüte

„Hast du das Tor gesehen?“, „Was für ein Ding!“, „Das musst du dir reinziehen!“ – so oder so ähnlich lauteten zahllose Nachrichten, die auf den Smartphones von Fußball-Fans in Kiel und weit darüber hinaus am Mittwochabend und am Donnerstag aufploppten. Das Traumtor des 33-jährigen Routiniers Fin Bartels machte schnell die Runde in den Messenger-Diensten und Sozialen Netzwerken. „Wäre das einer für Werder?“, fragte das Fußball-Magazin „Fums“ bei Twitter provokant in Richtung Bremen, wo Bartels im Sommer keinen neuen Vertrag erhalten hatte und daraufhin an die Förde zurückgekehrt war. Und ergänzte: „Ok, wir haben die Hütte gerade ein zweites Mal gesehen: WÄRE DAS EINER FÜR REAL MADRID?!“ Gebürtiger Kieler auf gebürtigen Kieler - Traumtor zum 1:0: Die Reaktionen bei Mitspielern, Trainern und Co. auf der Bank schwankten zwischen Unglauben, Staunen, purer Freude und Glück. Solche Tore sehen auch gestandene Zweitliga-Profis nicht alle Tage. „Die Szene steht für sich“, sagte Chefcoach Ole Werner, der am Spieltag sogar noch um einen Einsatz von Bartels hatte bangen müssen, da diesen leichte Rückenschmerzen plagten. „Ich glaube, ohne Rückenschmerzen – und das hat er mir auch gesagt – setzt er den das nächste Mal auch noch ein bisschen genauer“, scherzte Werner in der Pressekonferenz über den Treffer mit echtem Seltenheitswert nicht nur in der Art und Weise, sondern auch in der Tatsache, dass ein gebürtiger Kieler (Fabian Reese) einem gebürtigen Kieler (Bartels) im Störchetrikot einen Pflichtspieltreffer auflegt. Das gab es in den vergangenen Jahrzehnten nur 2010 zu Regionalligazeiten, als Yannik Jakubowski gegen Hertha BSC II einen Treffer von Kevin Schulz vorbereitete. Auch Bartels hatte nach Spielende den Schalk im Nacken, rief den Journalisten auf der Tribüne ein verschmitztes „War aus Versehen!“ zu und grinste im Interview bei Pay-TV-Sender Sky über beide Ohren, nachdem er von Experte Torsten Mattuschka angesichts der Beweglichkeit in hohem Fußballalter als „kleine Honigblume“ betitelt worden war. „Danke, ,Tusche’, so hat mich noch keiner genannt, ich nehme das mal als Kompliment“, sagte Bartels lachend und begründete den Geniestreich auch im allgemeinen Höhenflug. „Wir haben einen Lauf, dann geht so ein Ding halt auch mal rein. Wenn es anders läuft, hau ich den übers Dach und mach mir noch den Rücken kaputt. Aber gerade läuft’s.“ Umstellung auf falsche Neun bringt Schwung: Es war Bartels’ 61. Tor in 325 Bundesliga- und Zweitligaspielen. Ob es das schönste war, vermochte er nicht zu sagen. „Das war schon ein schönes Tor. Mit Sicherheit eines der schönsten“, meinte der 33-Jährige. Eines der wertvollsten war es mit Sicherheit. Es veredelte eine „sehr reife Leistung“ (Kapitän Hauke Wahl) gegen zweikampfstarke, tiefstehende und kompakte Nürnberger, die den Kielern bis zur Umstellung auf die „falsche Neun“ das Leben schwer gemacht hatten. „Wir sind für unsere Beharrlichkeit und Geduld belohnt worden, weil wir bei unseren Vorgaben geblieben sind: das Tempo hochzuhalten, die Bälle vorne in die Spitze zu bringen, das Zentrum zu besetzen und nie die Absicherung zu vernachlässigen“, resümierte Ole Werner. Sind es die Mittel eines echten Aufstiegskandidaten? Mit 25 Punkten und vier Zählern Vorsprung vor dem Tabellen-Dritten Fürth ist bereits vor dem Auswärtsspiel in Sandhausen (Sonntag, 13.30 Uhr) klar, dass Holstein auf einem direkten Aufstiegsplatz Weihnachten feiern wird. „Wir bleiben auf dem Boden, bleiben hungrig und wollen in Sandhausen nachlegen“, sagte Hauke Wahl, Chef der mit elf Gegentreffern besten Defensive der Liga. Dass Holstein von Sieg zu Sieg eilt, gegen Nürnberg den vierten in Folge einfuhr und nun seit sieben Spielen ungeschlagen ist, sei „ein Verdienst der ganzen Truppe“, sagte Bartels und ergänzte ganz im Zeichen des Kieler Realismus: „Es wird nicht immer so weitergehen, aber wir werden weiter daran arbeiten.“ Lesen Sie auch: Kieler Höhenflug in ungeahnte Sphären Und doch wird der leise Traum von der Bundesliga mit jedem weiteren Erfolg ein klein wenig plastischer, könnte bei anhaltendem Höhenflug gar zu einem Ziel werden. „Träumen darf man ja immer, und von solchen Dingen träumt man natürlich“, sagte Bartels. „Aber erst einmal ist harte Arbeit angesagt. Jetzt geht es nach Sandhausen, und danach schauen wir, ob der Traum wieder ein kleines Stück mehr zur Realität geworden ist.“ Gelingt Bartels nach der Rückkehr nach Kiel eine Rückkehr in die Bundesliga? „Ich habe zwei Jahre unterschrieben. Die sind auf jeden Fall noch im Tank. Wo dann – das sehen wir.“ DFL setzt Spieltage 16 bis 18 zeitgenau an: Die Deutsche Fußball Liga (DFL) hat die Spieltage 16 bis 18 zeitgenau angesetzt. Holstein Kiel empfängt am Sonntag, 17. Januar 2021 um 13.30 Uhr den Karlsruher SC, das Auswärtsspiel bei Darmstadt 98 wird am Sonntag, 24. Januar 2021, um 13.30 Uhr angepfiffen. Am Mittwoch, 27. Januar, tritt die KSV um 20.30 Uhr zum ersten Rückrundenspieltag beim SC Paderborn an.