Das Team des Jahres kommt nach Kiel

Das konnte er so nicht stehen lassen. „Die Kommentare von ,Tusche’ haben mich schon sehr überrascht“, sagte Sebastian Schindzielorz, Geschäftsführer Sport des VfL Bochum, am Mittwoch auf der Pressekonferenz vorm Auswärtsspiel bei Holstein Kiel (Fr., 18.30 Uhr, im KN-Liveticker ). Was ihm so gegen den Strich ging: die am Montagabend im Rahmen der TV-Übertragung aufgestellte Behauptung von Torsten Mattuschka, Ex-Profi und mittlerweile Zweitliga-Experte bei Sky, Schindzielorz solle „nicht der größte Fan von Thomas Reis sein“, eine Vertragsverlängerung mit dem Trainer über 2021 hinaus sei deshalb noch nicht zustande gekommen. Schindzielorz empfahl Mattuschka bissig, er solle „seine Quellen überprüfen“. Lesen Sie auch: Holstein mit mehr Abwehr-Alternativen gegen Bochum Dass war es dann aber auch an Misstönen. In Bochum erklingen die Harmonien. Das ist, zuvorderst, ein Verdienst der Mannschaft. Und eines von Reis, seit September 2019 Trainer bei den ehemals „Unabsteigbaren“, der den VfL mit dem 5:0 am Montag gegen die bemitleidenswert unterlegene Fortuna aus Düsseldorf auf Platz zwei geführt hat. Neun Spiele, fünf Siege, 17 Punkte, dazu am achten Spieltag erster Bezwinger des HSV in dieser Saison (3:1) – Bochum ist neben der SpVgg Greuther Fürth das Team der Stunde in der Zweiten Fußball-Bundesliga. Und noch mehr sind sie so etwas wie das Team des Jahres. Seit dem Corona-Restart im Mai hat der Revierklub aus 18 Spielen 35 Punkte geholt und damit mehr als jeder andere Zweitligist. Zahlen eines Aufsteigers. Mit der Spielweise eines Aufsteigers. „Im Moment sind wir in einer sehr guten Verfassung“, sagt Reis, einst fast als Nachfolger von Tim Walter in Kiel gelandet, über seine Truppe, die verstanden hat, wie er spielen lassen will: druckvoll, temporeich, aus einer guten Positionsspiel-Struktur heraus Überfälle vorbereitend. Heavy-Metal-Fußball? Bochum spielt Grönemeyer-Fußball: Jürgen Klopp hat so etwas mal „Heavy-Metal-Fußball“ genannt. In Bochum würde man wohl eher von Grönemeyer-Fußball sprechen. „Du machst mit ’nem Doppelpass jeden Gegner nass“, fabuliert der große Herbert seit Jahrzehnten in seiner nach der Stadt benannten Klubhymne. Musste man in der Vergangenheit bei dieser Passage schmunzeln, weil die Mannschaft regelmäßig den Gegenbeweis antrat, macht die Truppe nun genau das: fußballerisch glänzen. Wo führt das hin? „Irgendwann kann man Ziele genauer definieren“, sagt Reis, „aber aktuell schauen wir von Spiel zu Spiel.“ Also: alle Augen auf Kiel. Gegen Holstein sei es „nicht ganz einfach“, sagt Reis. „Sie sind ähnlich spielstark wie Fürth, wenn auch aus einer anderen Grundordnung heraus.“ Das KSV-Herzstück? „Das zentrale Mittelfeld mit Meffert, Mühling und Lee“, sagt der VfL-Coach. „Sie versuchen immer wieder, die Stürmer einzusetzen, gehen im Aufbau auch Risiken ein – so wie wir.“ "Ole hat einen der besten Kader der Liga zusammengestellt": Da spricht Anerkennung aus ihm heraus. Aber auch das Wissen darum, was seine Mannschaft kann, welche individuellen Patronen er hat, um den Gegner zu erlegen. Robert Zulj, Danny Blum, Simon Zoller (zusammen 18 Scorerpunkte) – Namen, die in dieser Liga Schrecken verbreiten. Ähnlich wie Holsteins Personal. „Ole“, so Reis über seinen Kieler Amtskollegen Werner, „hat einen Kader zusammengestellt, der einer der besten in der Liga ist. Man sieht, dass die Mannschaft Spaß daran hat, Fußball zu spielen.“ Aber das hat seine bekanntlich auch. Für den Zuschauer kann das am Freitag nur von Vorteil sein. Der Zweite beim Vierten. Ein echtes Spitzenspiel. Eines, das nach Aufstieg riecht. Im Moment vor allem für die Gäste aus Bochum. „Ich versuche, meine Mannschaft zu bremsen“, sagt Reis. „Die Leute dürfen aber gerne träumen.“

VfL Bochum auf Aufstiegskurs - Holstein Kiel empfängt das Team des Jahres