Bogenschütze Florian Unruh aus Fockbek über seinen Olympia-Traum

Treffsicher wie er ist kaum ein anderer. Der Fockbeker Florian Unruh (vormals Kahllund) gehört zu den besten Recurve-Bogenschützen der Welt. Es gab für den 27-Jährigen in diesem Jahr nicht viele Möglichkeiten, das unter Beweis zu stellen: keine deutsche Meisterschaft, keine internationalen Veranstaltungen und natürlich auch keine Olympischen Spiele. Doch wenn Unruh antreten durfte, lieferte er ab. Florian Unruh stellte neuen Weltrekord auf: Wie im August beim erstmals ausgetragenen Deutschland Cup Bogensport, den er gewann. Oder bei der Kadersichtung des Deutschen Schützenbundes im September. Mit 1358 erzielten Ringen in der doppelten 70-Meter-Runde stellte Unruh einen neuen Weltrekord auf. Corona hat für den Ausfall beinahe sämtlicher Wettbewerbe gesorgt, trainieren konnte der Sportsoldat jedoch weitgehend ohne Einschränkungen. „Wir Behördensportler haben im Frühjahr bereits nach einem Tag Ausnahmegenehmigungen bekommen. Beim Bogenschießen können wir leicht die Abstände einhalten“, sagt Unruh. Geregeltes Training war auch nach der Verschärfung der Corona-Regeln Anfang November weiter möglich. Der Teil-Lockdown ließ jedoch den geplanten Bundesliga-Auftakt platzen. Die Rückkehr in den Wettkampfmodus blieb aus. Weniger Wettkämpfe, weniger Druck in diesem Jahr: Die Zeit ohne Wettkämpfe nutzte Unruh, um neue Trainingsmethoden zu testen. „Weil auch die Ranglistenturniere für die Nationalmannschaft abgesagt wurden, fiel von Verbandsseite etwas Druck weg. Ich konnte andere Schießtechniken ausprobieren“, berichtet er. „Ich habe das Beste draus gemacht. Man muss sich immer wieder vergewissern, dass man diese Erfahrungen in der Zukunft noch gebrauchen kann.“ Mindestens 35 Stunden in der Woche trainiert der Europameister von 2014. Während der Vorbereitung auf Turniere kann das Pensum auf 50 bis 55 Stunden hochgehen. „Als Sportsoldat ist das Bogenschießen im Prinzip mein normaler Job.“ Bogenschießen: in Südkorea Nationalsport: Dass Unruh sich voll und ganz auf das Bogenschießen konzentrieren kann, ist unerlässlich, will er mit der Weltspitze mithalten. In Deutschland eine Randsportart, wird der Bogensport in vielen asiatischen Ländern wie China oder Taiwan stark gefördert. In Südkorea ist er Nationalsport. „Jeder Schüler hat dort einmal einen Bogen in der Hand und beginnt früh mit sehr koordiniertem Training. Wenn man so eine Masse an jungen Sportlern hat, findet man auch außergewöhnliche Talente“, berichtet Unruh. „Ich habe mir das meiste selbst beigebracht, bin von Trainer zu Trainer gelaufen und habe mir erfragt, was ich brauche, bis ich Teil der Nationalmannschaft wurde.“ Und später dreifacher deutscher Meister. Steckbrief: Florian Unruh: Geburtstag: 7. Juni 1993 Geburtsort: Rendsburg Vereine: Sportschützenclub Fockbek / SV Dauelsen Erfolge: Gold beim Weltcup in Antalya 2014, Gold bei der EM 2014 und Silber im Mixed-Team bei der WM 2017. Sonstiges: Florian Unruh (geborener Kahllund) lebt und trainiert zusammen mit seiner Ehefrau Lisa Unruh in Berlin. Die beiden Weltklasse-Bogenschützen haben im September 2020 in Fockbek geheiratet. Er ist Sportsoldat bei der Bundeswehr und eingeschriebener Informatikstudent an der Universität Kiel. Lisa Unruh gewann 2016 in Rio Silber: Für eine Olympia-Teilnahme hat es für den Fockbeker noch nicht gereicht. Das hat ihm seine Frau Lisa Unruh voraus. 2016 holte die Recurve-Schützin in Rio de Janeiro Silber. Es war die erste Einzelmedaille für eine deutsche Athletin in dieser Disziplin. Lisa und Florian Unruh sind das Traum-Duo im deutschen Bogensport. Im September heiratete das Paar, das zusammen in Berlin lebt und trainiert, in Florian Unruhs Heimatort Fockbek. Eigentlich war die Hochzeit erst im nächsten Jahr geplant, wurde aber vorgezogen, weil sich so ein Fest in einem Olympia-Jahr schlecht planen lässt. Olympia-Traum platzte 2016 in der internen Qualifikation: Ohnehin ist der Terminkalender der beiden voll. „Nach dem ursprünglichen Plan hätten wir in diesem Jahr allein wegen Training und Wettkämpfen etwa 150 Tage nicht zu Hause verbracht.“ Offenbar nötige Opfer für den Olympia-Traum. 2016 hatte Unruh zwar den Quotenplatz für Rio geholt, war dann aber in der internen Qualifikation gescheitert. Mit einer Quali für Tokio 2020 sah es gut aus, dann kam Corona. Ob es im kommenden Jahr ein Happy End gibt? Vielleicht sogar mit zwei Unruh-Medaillen? „Es wäre super, wenn wir zusammen hinfahren können und eine gute Leistung abliefern. Wenn dann Medaillen dabei herausspringen, wäre das ein absoluter Bonus“, sagt er. Gibt es ein Olympia-Happy-End? Doch schon die Qualifikationswettkämpfe im Bogenschießen dürften kompliziert werden: Die meisten Quotenplätze wurden im Vorjahr bei der Weltmeisterschaft vergeben – dort holten nur die Damen des Deutschen Schützenbundes (DSB) einen Mannschaftsplatz. Die restlichen Plätze werden beim Weltcup verteilt, der im Frühjahr stattfinden könnte. Vor Rio 2016 gab es allein 230 Starter in der Herrenklasse. „Die müssen zur selben Zeit auf dem gleichen Platz schießen. Ob das mit den Corona-Regeln vereinbar ist?“, äußert Unruh Bedenken. „Das Training geht Richtung Olympia und dann schauen wir, ob es klappt oder nicht. Das ist für den Kopf wohl die beste Herangehensweise.“